7 Jahre

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„Das geht so nicht mehr weiter, John. Merkst du das denn nicht?" sagte Dalia in einer ruhigen Stimmlage.
„Merkst DU das denn nicht mehr? Du hast ständig etwas an mir auszusetzen. Alles was ich für dich mache scheint dir wohl nicht zu reichen! Du hast dir so hohe Standards gesetzt, ich frage mich wer das alles erfüllen soll!" Er betonte alle Endungen klar und deutlich. Das machte er immer wenn er wütend war.
Sie wusste nicht ob sie lachen oder weinen sollte. Sie wiederholte Johns Satz immer und immer wieder. Hohe Standards? Zählte Zuverlässigkeit mittlerweile zu „hohen Standards"? Bin ich wirklich zu streng mit ihm? Ist das wirklich zu viel verlangt sich zu melden, falls es später wird?

Da waren sie wieder. Ihre Selbstzweifel. Sie drehte sämtliche Sätze die ausgesprochen wurden, 1000 mal im Kopf um. Sie hinterfragte sich nach der Schuld. War es ihre Schuld das sie wieder stritten? Ist sie zu weit gegangen? Sorgte man sich heutzutage nicht mehr um den Partner?
Sie fühlte sich total missverstanden. John machte sie für den Streit verantwortlich, ohne den Versuch gestartet zu haben, sich in Dalia hineinzuversetzen und ihre Sicht der Dinge zu sehen. Er akzeptierte es nicht, das sie nicht seiner Meinung war.

Dalia konnte nicht mehr. Sie wusste das diese Beziehung, diese Ehe, nur noch an seidenen Fäden hing und sie immer und immer wieder über strapaziert wurden. Es war nur noch eine Frage der Zeit bis es auseinanderbrach.
Dalia war so in Gedanken vertieft, das sie nicht bemerkte das John mit ihr sprach. Nur ein lautes Geräusch, das durch eine große Handfläche auf den Tisch klatschend, entstand, riss sie aus ihren Gedanken. „Hörst du mir überhaupt zu?" schrie John sie mit weit aufgerissenen Augen an. „Ich versuche unsere Ehe zu retten und du verfällst in deinen lächerlichen Tagträumereien!"

Dalia musste, auch wenn sie es nicht wollte, über Johns Satz schmunzeln. „ER versucht die Ehe zu retten", das sie nicht lache. Noch mehr trafen sie aber die Wörter „lächerliche Tagträumereien". John machte sich nie etwas aus Dalias Träume und Wünsche. Ihr größter Traum war es nach New York auszuwandern und ein neues Leben anzufangen. Sie wollte das mit John, doch er belächelte sie immer nur, machte ihr deutlich das er das ganz sicher nicht möchte und antwortete mit Sätzen wie: „mach dich doch nicht lächerlich, das schaffen wir niemals!" oder „wir sind nicht für so etwas gemacht und du erst recht nicht, du magst doch gar kein Stadtleben!"

Er zweifelte an ihr. Als ob es nicht schon ausreichte das sie an sich selbst zweifelte.
Trotz all dem, wollte sie unbedingt auswandern. Aber allein der Gedanke wieder komplett von 0 anzufangen, lies es ihr kalt den Rücken runter laufen. Sie hatte Angst.
Aber war es nicht auch ein Stück Normalität? Angst vor Neuem zu haben, sich dem aber trotzdem zu stellen? Macht das nicht Erfahrungen aus? Das Gefühl von Angst aber völligen Wahnsinn reizte sie. Sie wusste, tief in ihrem Herzen, eines Tages, würde ihr Traum in Erfüllung gehen, ob mit oder ohne John.
Nichts desto trotz hatte John recht. Ich hatte nicht zugehört, was nicht gerade respektvoll war. „Tut mir leid, was hattest du gesagt?" fragte Dalia beschämt nach.
„Immer wieder das gleiche mit dir, sobald es ernst wird, verabschiedest du dich in deine Träumereien und bist nicht in der Lage dich dem zu stellen!" Warf John ihr vor.

„Ich bin nicht in der Lage mich dem zu stellen? Ist das dein Ernst? Du bist doch der jenige der bei Konflikten reagiert als wäre er 12 Jahre alt!" Dalias Gefühl von Unverständnis kam in ihr auf. Sie spürte wie ihre Wangen heiß wurden und ihre Atmung an Frequenz zunahm. Ihre Handinnenflächen begannen feucht zu werden. Sie hasste ihre Körperreaktionen wenn sie wütend wurde.
„Du bist total unreif, weist du das? Jetzt versuchst du wieder auf mich zu lenken. So ein Kindergarten." ächzte John.

Diese Diskussion fühlte sich für Dalia nach einer halben Ewigkeit an. Dabei war erst eine Stunde vergangen. Sie wusste, es würde nie ein Ende nehmen, wenn nicht einer von ihnen nachgeben würde. Aber sie hatte es satt. Sie hatte sein toxisches Verhalten satt. Diese Beziehung war einfach nur noch ungesund, für beide von ihnen. Sie verstand nicht wie sie es nur so weit kommen lassen konnten, sie liebten sich doch?
Stimmte das? Liebte er sie noch? Das Gefühl von tiefer und bedingungsloser Liebe hatte sie schon sehr lange nicht mehr gespürt. Und wieder überkam sie das Gefühl von tiefer Traurigkeit und Leere. Dalia brannte diese Frage auf der Zunge. Sie musste ihn einfach fragen: „liebst du mich überhaupt noch?"
Verdutzt schaute er sie an, zog eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme vor der Brust: „ist das dein Ernst das du mich das fragst? Bist du auf den Kopf gefallen?"

Compass ; (Sebastian Stan FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt