Kapitel 8

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1. September 2020
8 Monate bis zur Gegenwart

Totmüde betrat ich am folgenden Montag die Empfangshalle der Kanzlei. Ich hatte diese Nacht so schlecht geschlafen, wie schon lange nicht mehr, denn das schlechte Gewissen plagte mich, obwohl zwischen Philipp und mir rein gar nichts passiert war.

Der Gedanke, dass Viktoria jedoch Markus eine ganz andere Story auftischen würde, hatte mich nicht zur Ruhe kommen lassen.

Kurz begrüßte ich Olivia, welche mir lächelnd zurück winkte, bevor ich mit dem Aufzug in das Obergeschoss fuhr. Kaum hatte ich meine Abteilung betreten, wäre ich am liebsten gleich wieder rückwärts zur Tür hinaus.

"Guten Morgen, Elena."

Viktoria lehnte gegen meinen Schreibtisch und sah mir mit einem undefinierbaren Blick ins Gesicht.

"Morgen?"

Innerlich verfluchte ich den leicht ängstlichen Unterton in meiner Stimme, doch ich konnte nichts dagegen tun.

Einen Moment glitten meine Augen zu dem freien Schreibtisch, welcher auf der rechten Seite des Büros stand. Mila war weit und breit nirgends zu sehen.

"Ich würde mich gerne mal mir dir unter vier Augen unterhalten, wenn du das einrichten kannst.", meinte Viktoria und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Als Antwort bekam ich nur ein Nicken zustande.

"Ich weiß, dass du mich nicht ausstehen kannst.", redete die Dunkelhaarige weiter, was mich verwundert eine Augenbraue hochziehen ließ. Viktoria kam ein paar Schritte auf mich zu. Ihr Blick veränderte sich plötzlich von monoton zu leicht wütend und sie tippte mit ihrem Zeigefinger gegen meinen Brustkorb. "Aber egal was für ein Spiel du hier gerade spielst: Weder Markus noch mein Bruder haben so eine Scheiße verdient.", zischte sie schließlich.

"Was für ein Spiel denn bitte?", giftete ich ebenso zurück und schob Viktoria an ihren Schultern von mir weg, um klar denken zu können. Markus' Exfreundin lachte einmal gehässig auf.

"Ach komm, mach jetzt bloß nicht einen auf unschuldig. Bist du eifersüchtig, dass ich Markus vor dir hatte und mich nach wie vor gut mit ihm verstehe? Schreib dir das hinter die Ohren, Elena. Das wird immer so bleiben, weil wir verdammt viel zusammen durchgestanden haben! Und wenn du denkst, dass du meinen Bruder dazu benutzen kannst, mir und Markus weh zu tun, hast du dich gewaltig geschnitten! Werd endlich erwachsen, Elena!"

Meine Wangen glühten regelrecht.

"Was ist denn hier los?"

Mein Herz pochte gefühlt in meinem Hals, als ich mich langsam umdrehte und Herr van Theumer Senior fragend im Türrahmen des Büros stand. Er schaute abwechselnd zwischen Viktoria und mir hin und her, bevor er seine Arme kreuzte und uns abwartend anstarrte. Zitternd strich ich mir über mein Gesicht.

Gott verdammter Mist.

"...Frau Striegel, bitte kümmern Sie sich um die Unterlagen in Ihrem Fach. Mein Sohn kommt morgen zurück ins Büro und ich möchte, dass bis dahin alles erledigt ist."

Viktoria nickte einmal auf Franks professionell verpackte Aussage und drückte sich dann zügig an dem Älteren vorbei. Herr van Theumer sagte eine Weile nichts mehr. Er sah mich lediglich ausdruckslos an und ich kaute nervös auf der Innenseite meiner Wange rum. Markus' Vater nickte schließlich in Richtung Flur und ich verstand sofort, als er sich umdrehte und ich ihm schnellen Schrittes in sein Büro folgte.

Nachdem wir beide uns an seinem großzügigen Schreibtisch gegenüber saßen und ich unbeholfen mit meinen Fingern spielte, war es wieder Herr van Theumer, der die Stille beendete.

Ich verlieb/r mich nie wieder...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt