Kapitel 14

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18. Dezember 2020
5 Monate bis zur Gegenwart

Zwei Monate war der Abend im Einser nun her. Die Temperaturen sanken in dieser Zeit genau so drastisch, wie meine Lust an alles und jedem.

Nachdem Markus wutentbrannt den Club verlassen hatte und Thomas mich mit seinen Blicken beinahe umgebracht hätte, bevor er seinem besten Freund hinterhergelaufen war, bin ich einmal komplett zusammengebrochen. Aber nicht ohne Philipp noch eine derart saftige Ohrfeige verpasst zu haben, damit er sich sein Leben lang an mich erinnern würde.

Anna hatte die ganze Situation nur mit großen Augen beobachtet, bis sie mich schließlich von Philipp weggezogen und in ihre Arme geschlossen hatte. Der Abend war demnach im Eimer gewesen.

Was seitdem passiert war? Zu viel. Und doch gar nichts.

Ich hatte wohl oder übel meine neue Stelle in der Personalabteilung im Hotel Stübe angetreten und schuftete seither wie blöd. Nicht, weil so viel Arbeit an mir hängen blieb, sondern viel eher aus dem Grund, dass ich nichts anderes mehr zu tun hatte. Von der Gruppe hatte ich mich größtenteils abgeschottet. Auch, weil ich Thomas mied und somit verhindern wollte, dass er mir ein noch schlechteres Gewissen einredete, als ich ohnehin schon hatte. Die einzigen Personen, die ich noch hatte, waren Anna, Lina und Maxi. Vielleicht noch Leo, wenn ich mich zwischenzeitlich tatsächlich mal wieder ins Einser traute, um für einen Abend abschalten zu können.

Maxis Bude hatte ich nach wie vor noch nicht verlassen. Der Dunkelhaarige ließ mich allerdings auch nicht gehen. Mein Gefühl sagte mir, dass er Angst hatte, dass ich alleine nicht zurechtkommen würde. So falsch lag er damit gar nicht.

Markus hatte ich in den ganzen letzten zwei Monaten fast nie gesehen. Wie auch. Anna hielt mich über den Blonden stetig auf dem Laufenden. Nicht, dass sie von sich aus etwas erzählen würde, nein. Nur, wenn ich nachfragte. Und das passierte eigentlich ständig.

Markus hatte seine Prüfungen mit Bravur bestanden. Dies hatte ich auch in der Zeitung und im Internet auf einem seiner Social-Media-Accounts gelesen. Der letzte Post, den das Instagram-Profil des Blonden zierte, zeigte ihn breit grinsend mit seiner bestandenen Masterarbeit. Einen Moment hatte ich tatsächlich überlegt, ob ich Markus gratulieren sollte, entschied mich dann jedoch dagegen. Wahrscheinlich hätte er mir nicht einmal geantwortet.

Von Annas Erzählungen her hörte es sich so an, als ob der Blonde die letzten Wochen vor der großen Kanzleiübernahme noch in vollen Zügen genoss. Er war beispielsweise mit Thomas, Deniz und Linus auf Bali gewesen. Tom und er hatten sein Schlafzimmer neu gestrichen. Es gab eine Gartenparty bei den Theumers Zuhause. Markus und Linus trafen sich häufiger nach der Arbeit auf dem Tennisplatz. Und vor allem war der Blonde viel mit der Kanzlei in Amsterdam beschäftigt. Laut Anna flog er mindestens einmal im Monat eine ganze Woche in die Niederlande, um bei den Visser-Brüdern nach dem Rechten zu sehen.

Viktoria hatte anscheinend die Stelle als seine Sekretärin in München übernommen, was mir wieder ein mulmiges Gefühl in der Magengegend bereitet hatte. Jedoch konnte ich an der ganzen Sache sowieso nichts ändern.

Der 18. Dezember war wettertechnisch gesehen eine absolute Katastrophe. Das einzig Positive: es war ein Freitag.

Nachmittags wollten Anna und ich noch die letzten Weihnachtsgeschenke besorgen, um dem größten Rummel noch zumindest halbwegs zu entkommen. Gerade war es 14 Uhr und ich saß gelangweilt in meinem Büro, während ich durch meine Instagram-Startseite scrollte, bis ich an einem neuen Bild des ‚Theumer & Sohn‘-Accounts hängenblieb, welches vor einer guten Viertelstunde gepostet wurde.

‚Keine Worte. Nur Glühwein. Wir wünschen allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
F. v. Theumer & M. v. Theumer
samt Belegschaft.

Ich verlieb/r mich nie wieder...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt