Kapitel 6

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29. August 2020
9 Monate bis zur Gegenwart

Irgendwie hatte ich den Freitag in der Kanzlei auch ohne Markus überstanden. Milas Gezicke sowie Herr van Theumers unterirdische Laune prallten regelrecht nur so an mir ab und ich hatte mich gefühlt noch nie so sehr auf das Wochenende gefreut, wie in dieser einen Woche. Und insgeheim spielte ich langsam aber sicher immer öfter ungewollt mit dem Gedanken, ob die Stelle in der Kanzlei überhaupt noch das Richtige für mich war.

Der Samstag war wettertechnisch gesehen allerdings für die Tonne. Obwohl es ziemlich warm war, regnete es in Strömen. Drei Mal dürft ihr raten, wer so klug war und vor dem Unwetter zu Fuß zum Supermarkt marschiert ist, um einkaufen zu gehen.

Ich sollte langsam wirklich anfangen, den Wetterbericht zu lesen.

Genervt stand ich also unter dem Vordach des Ladens. Die zwei prallgefüllten Tüten hatte ich vor meinen Füßen abgestellt und mein Rücken lehnte gegen die leicht verschmutzte Hauswand.

Kurz spielte ich mit dem Gedanken einfach Edgar anzurufen, jedoch fiel mir ein, dass dieser ebenfalls unterwegs war und Herrn van Theumer Senior von Grünwald nach Denning kutschieren musste. Anna und Thomas hatten sich ins Kino verpisst und Markus... war nun mal nicht hier.

Seufzend verschränkte ich meine Arme vor meiner Brust und starrte auf den nassen Parkplatzasphalt. Die Regentropfen spritzten im Sekundentakt auf den Boden und ich beobachtete das Spektakel eine Weile.

"Brauchst du eine Mitfahrgelegenheit?"

Überrascht drehte ich meinen Kopf nach links. Ein dunkelhaariger, junger Mann stand vor mir und lächelte mich eindringlich an.

Aus irgendeinem Grund kam er mir ziemlich bekannt vor.

"Kennen wir uns?", fragte ich skeptisch und der Kerl lachte leise. Seine blauen Augen blitzten mir amüsiert entgegen. "Nicht direkt. Aber ich kann mich an dich erinnern.", meinte er dann und lächelte schief. "Mein Kumpel und ich haben dir und deinen Freunden den Ball vor die Nase gepfeffert. Unabsichtlich, versteht sich."

Grinsend sah er mich und bei mir klickte es.

"Ach ja. Patrick, oder?"

Der Typ rümpfte seine Nase und fuhr sich einmal durch seine Haare. "Philipp. Aber du warst nah dran.", korrigierte er mich zwinkernd. Meine Wangen färbten sich daraufhin leicht rot und ich wandte peinlich berührt meinen Blick ab.

Philipp kam ein wenig näher zu mir unter das Vordach und schob seine Hände in seine Jackentaschen. "Verrätst du mir auch deinen Namen?", fragte er und legte seinen Kopf leicht schief, was viel niedlicher aussah, als es womöglich sollte.

'Stopp!', mahnte ich mich gedanklich selbst.

"Elena."

Der rechte Mundwinkel des Braunhaarigen zuckte leicht nach oben. "Wie passend. Steht dir." Verwirrt sah ich ihn an. "Bedeutet der Name Elena nicht sowas wie 'die Strahlende' oder 'die Schöne'?"

"Sag mal, flirtest du gerade mit mir?", stellte ich meine Gegenfrage, konnte mir allerdings das Schmunzeln nicht verkneifen.

Philipp zuckte mit seinen Schultern und sah sich gespielt übertrieben um. "Ich sehe hier ehrlich gesagt niemanden, der mich davon abhält.", grinste er dann und griff ohne eine Antwort abzuwarten nach den beiden Tüten vor mir. "Also Elena, wo musst du hin?"

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"Ich hasse dieses Lied.", beschwerte ich mich, als ich auf dem Beifahrersitz in Philipps Wagen saß und 'Rather Be' von Clean Bandit aus den Boxen des Radios ertönte.

Ich verlieb/r mich nie wieder...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt