SEVEN: Ausbruch

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Clark's P.o.V

»Wie geht es Ihnen heute?«

Innerlich hätte ich bei ihrer Frage aufgelacht. Sie konnte es einfach nicht lassen, mir immer wieder dieselbe Frage zu stellen. Wie es mir geht, ob ich noch existiere, oder nicht schon längst hin vegetierte.

Wie immer hatte Frau Doktor ihr Notizbuch parat, um alles rein zu kritzeln, was ihr wohl bei der Sitzung in den Sinn kam. Wahrscheinlich, um wieder meine Midlife-Crisis zu dokumentieren, wie ich, Clark Larson, weiterhin in den Abgrund stürzte. Anders konnte ich es mir einfach nicht erklären.

Und doch saß ich wieder hier, in diesem Farbalptraum, um erneut an Sitzungen teilnehmen zu müssen, die aus meiner Sicht nichts als Zeitverschwendung waren. Frau Doktor und ich werden niemals auf Augenhöhe sein, so vieles stand fest.

Ich musste nicht von jedem Menschen gemocht und geliebt werden, das war mir recht früh bewusst gemacht. Trotzdem musste ich auch keinem Therapeuten meine ganzen Geheimnisse und Lebenserfahrungen anvertrauen. Da konnte ein Richter, wie Abanathy so viel Druck ausüben, wie es ihm erübrigte. Nie und nimmer würde ich kleinbeigeben.

So kam es, dass mein müder Blick wieder an meiner Armbanduhr hängenblieb, die mich immer so kurz davor brachte, sie am liebsten vom Handgelenk abzureißen.

Wer hätte jemals gedacht, dass ich an einem Punkt angelangt war, alles hinwerfen zu wollen?

Als ich der guten Frau Doktor immer noch keine Antwort lieferte, schnappte sie sich ihren Puschelkugelschreiber und begann die nächsten Worte zu notieren. Oder ich zitierte, alles aufzuschreiben, was ihr wohl missfiel.

Dennoch blieben meine Lippen weiterhin versiegelt.

Enttäuscht ließ sie die Mundwinkel nach unten gleiten, als sie merkte, dass sie gegen meine hohen Mauern abprallte.

»Mr. Larson... Wir sitzen hier seit Minuten zusammen und Sie wollen mir keine Antwort liefern. Ich weiß wirklich nicht, was ich noch tun kann, um Sie davon zu überzeugen, mit mir zusammenzuarbeiten.«

Indem Sie einfach die Schnauze halten, dachte ich mir im inneren und schluckte den Ärger hinunter. Verflucht was sollte ich tun, außer mein Leben und jetziges Schicksal dafür zu verfluchen, in dieser Hölle gelandet zu sein?

Mir blieb nichts anderes übrig, als weiterhin Trübsal zu blasen. Auch wenn meine Uhr bereits tickte, und alle nur darauf warteten, mich einbuchten zu können. Damals hätte ich Angst vor den Konsequenzen gehabt, aber gerade? Gerade wurde mir alles scheißegal. Mir war es gleich, ob ich im Knast verrotten würde. Denn insgeheim war ich bereits in einem Knast gelandet. Natürlich hatte ich ein ausgesprochen gutes Zimmer für meinen Aufenthalt, aber trotzdem bin ich weggesperrt worden. Ich konnte hier nicht tun und lassen, was ich wollte. Ich konnte nicht meiner Arbeit nachgehen, so wie mich meinem Job widmen. Nein, stattdessen starrte Tag für Tag die langweilige Wand an, blickte wie jeden Tag aus dem Fenster, wo selbst der Anblick des Meeres mir sterbenslangweilig vorkam. Alles hier kam mir öde vor. Das Einzige, was mir in dieser Zeit großen Halt gab, waren meine Erinnerungen, an die ich festzuhalten versuchte. Erinnerungen, die tief in mir verborgen blieben.

Die Berührung eines Delfins, tanzend auf einem Surfbrett zu stehen und über die mächtigsten Wellen zu reiten. Lagerfeuerabende mit Freunden, Gesang aus den Strandbars, ein Ausblick über das türkisblaue Meer unter Palmen.

Wann hatte ich jemals diese Insel besucht? Das müsste Jahre her sein. Was hätte ich wohl alles dafür gegeben, um wieder auf Hawaii zu sein?

Die Erkenntnis zu wissen, dass ich Hawaii für Jahre den Rücken gekehrt hatte, trieb mich beinahe in den Wahnsinn. Ich hing zu sehr an meinem Job, dass ich dabei alles, was mich mit Glück erfüllte, außer acht gelassen hatte.

BOSS of FightsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt