Reiner
Nach dem Frühstück hatten wir uns noch dazu entschieden spazieren zu gehen. Meine Gedanken kreisten darum, dem Drang nicht nachzugehen ihre Hand zu nehmen und sie an mich zuziehen. Wir verließen grad den Großen Markt und gingen über die Brücke. „Oh bevor wir in den Stadtpark gehen. Können wir noch kurz in den Globus um Wasser kaufen zu gehen?“ Ihre Frage kam ganz plötzlich aber ich stimmte zu. Ich vergaß wie überlaufen der Globus immer war, ich hoffte wir kamen schnell wieder daraus. Wir schlängelten uns durch die Menschenmassen, damit sie mich nicht verlor nahm sie meine Hand und zog mich hinter sie her. Sehnsüchtig blickte ich für eine Sekunde auf unsere Hände bis plötzlich jemand meinen Namen rief.
„Mit dir habe ich nie wieder im Leben gerechnet Reiner.“ Jeder Muskel in meinem Körper spannte sich an als ich die arrogante Stimme von Levi hörte. Bevor ich mich umdrehte atmete ich tief ein und wieder aus. „Levi Ackermann. Lang nicht mehr gesehen.“ Es hätte noch länger sein können, am besten nie wieder, aber das Saarland war leider so gesehen ein Dorf. Hier traf man immer die Leute, die man nicht mehr sehen wollte. „Ach Stella Weiß, die überzeugte Therapeutin.“ Sofort blickte ich zu ihr weil ich darüber verwundert war, dass er sie kannte. „Herr Ackermann und ich sind uns im Fitnessstudios über den Weg gelaufen. Hanji hat uns bekannt gemacht.“ Aus Stellas Stimme hörte man eine unterschwellige Aggression gegenüber Levi. Ich wusste zwar nicht warum, aber es freute mich.
„Komisch die Therapeutin mit dem Patienten zu sehen.“ „Und was geht sie das an Herr Ackermann? Wollten sie nicht einkaufen gehen?“ Mit einer leicht übertriebenen Kopfbewegung sah sie wieder zu mir und deutete an weiter zu gehen. „Na hoffentlich verbrennen sie nicht ihre Finger Frau Weiß. Als Therapeutin haben sie offensichtlich versagt, jedenfalls nehmen sie die Regeln nicht wirklich war.“ „Halte deine verdammte Fresse Levi! Verpiss dich wieder dahin zurück wo du herkamst. Lass mich und sie in Ruhe! Rede einen anderen mit deinem arroganten Geschwätz zu. Und sprich mich nie wieder an!“ Diese Wut kam so plötzlich, aber das waren Worte die ich schon lange sagen wollte. Levis Gesicht war kurz wie eingefroren, aber da gingen Stella und ich auch schon weg.
„Ich wollte auch schon loslegen, aber da kamst du mir zuvor Reiner. Er hat mich von Anfang an genervt, aber wegen Hanji halte ich meine Füße still.“ „Normal fahr ich nicht so aus der Haut aus aber das war etwas, was ich schon lange sagen wollte.“ „Kann ich gut verstehen. Komm wir kaufen jetzt schnell Wasser und dann wieder schnell hier raus.“ Im Globus einkaufen zu gehen fühlte sich wie ein Kampf an. Wir versuchten uns zu beeilen und kurz darauf wandten wir dem Laden den Rücken zu. Um unsere Nerven wieder zu beruhigen machte ich uns jeweils eine Zigarette an. „Ich verstehe einfach nicht wie Hanji mit so einem Menschen befreundet sein kann. Ich mein meine beste Freundin ist ein komischer Mensch, aber so komisch.“ „Deine Frage ist berichtigt Stella, aber ich glaube bei Hanji ist es sinnlos den Grund zu hinterfragen.“ Stella sah mich mit ihren dunkelbraunen Augen direkt an und lächelte dabei. Ich mochte ihr Lächeln, ich mochte so vieles an ihr.
„Sag mal Stella. Wo bist du eigentlich geboren?“ Ich hatte so viele Fragen und wollte ihr auch alle stellen. Wir saßen uns in den Stadtpark und genossen die Sonne. Es war doch deutlich wärmer als vor paar Stunden und deswegen entschied ich mich dafür meine Weste abzulegen. Vor uns war eine riesige Wiese, viele Leute lagen mit ihren Picknickdecken dort oder haben eine Shisha aufgebaut. „Nun wegen deiner Frage. Ich bin in Merzig geboren, aber größtenteils meines Lebens in Dillingen verbracht. Meine Eltern hatten ein Haus in Mechern, aber sie haben es dann verkauft. Wie gesagt mein halbes Leben hab ich in dem Elternhaus meines Vaters verbracht. Ich verbinde viele schöne Erinnerungen an Dillingen aber auch sehr schlechte.“ „Meine Mutter und ich haben in einem kleinen Dorf gewohnt. Das habe ich dir aber ja schon erzählt. Man hat viel über meine Familie geredet. Einfach war es wahrlich nicht.“ „Es ist Vergangenheit Reiner. Denk an die Gegenwart und was du noch von der Zukunft willst. Auch ich hänge noch viel mit meinen Gedanken an der Vergangenheit, man sollte sie zwar nicht vergessen, aber sollte auch nicht in der Vergangenheit leben.“
Für einige Minuten genossen Stella und ich einfach nur die Stille, bis ich hörte wie Stella wieder ihr Zigarettenpäckchen rausholte und mir eine anbot. „Seit wann rauchst du eigentlich?“ Sie überlegte kurz und meinte dann, dass sie seit sie fünfzehn war raucht. „Ja habe ziemlich früh angefangen. Wenn ich mal Kinder haben, sollte wüsste ich nicht genau wie ich reagieren würde, wenn ich herausfinden würde das sie rauchen. Meine Eltern waren enttäuscht. Sie waren und sind über alles enttäuscht, daher kann es mir ziemlich egal sein.“ Ich wusste, dass dies auf jeden Fall nicht der Fall war. Stella sagte es zwar nicht, aber die Meinung ihrer Eltern bedeutete ihr mehr als sie zugeben würde. „Ich habe in meiner Jugend viel Mist angestellt, manches bereue ich und andere Sachen würde ich wieder genau so machen.“ Stella schwelgte für einen kleinen Moment in der Vergangenheit und ich fragte mich wie es wohl gewesen wäre wenn ich sie schon in meiner Jugend kennengelernt hätte.
Sie lehnte sich irgendwann gegen meine Schulter und schloss ihre Augen. Der Duft ihres Parfüms stieg mir direkt in die Nase, blumig und dennoch nicht extrem süß, richtig angenehm. Aus Reflex und weil ich mich nicht mehr zurückhalten konnte legte ich einen Arm um sie. Ich hatte ihr zwar gesagt ich gebe ihr die Zeit und bin einverstanden mit den normalen Treffen, aber dennoch war es hart und in mir brach etwas. Als sie wieder ihre Augen auf machte blickte ich gerade aus. „Ich mag dich sehr Reiner. Ich hoffe du weißt das und glaubst mir meine Worte.“ Mit diesen Worten hatte ich nicht gerechnet und dann gab sie mir plötzlich einen Kuss auf die Wange.
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Die Flucht vor den Schatten
FanfictionReiner Braun kehrt nach langer Zeit aus dem nahen Osten in seine Heimat, Deutschland, zurück. Aber er ist stark verändert, seine Erlebnisse begleiten ihn täglich egal ob in der Nacht oder am Tag. Er war schon bei vielen Therapeuten gewesen und seine...