Kapitel 11

390 42 32
                                    

Haniel und Seraphion entschieden sich, von der Luft aus ihre Suche zu starten, und begaben sich zu dem Punkt, an dem der Erzengel das erste Mal die Energie des hilfebedürftigen Engels wahrgenommen hatte. Leider blieb das gewünschte Ergebnis aus und sie nahmen nichts wahr. Keine negativen Schwingungen, keine magischen Aktivitäten, nichts.

„Das Einzige, was mir auffällt ist, dass wir hier exakt mittig in deinem Gebiet sind", gab der Seraph von sich und ließ erneut seinen Blick durch die Gegend wandern. Was über sehen wir hier? Bei Seraphions Worten bemerkte Haniel, dass sie wirklich sehr mittig waren und wunderte sich, warum ihm dies vorher nicht aufgefallen war.

Unter ihnen waren nur die Wohnhäuser der Facilityengel, welche sich um die Gebäude der Engel kümmern und für die zukünftigen Erwachsenen die freistehenden Häuser verwalten.

„Wo hast du sie beim zweiten Mal gespürt?" Bei Seraphions Frage wurde es Haniel übel, denn erst jetzt bemerkte er, dass er die Energie spürte, als sie zu dem Seraphen flogen, doch kam das Gefühl aus der Nähe der Grenze. Ist jemand unerlaubt hereingekommen? Das kann nicht sein!

Ohne dem Schwarzhaarigen zu antworten, flog er zu dem großen goldenen Himmelstor und vernahm ein „Warum fliegst du einfach weg?" von Seraphion, bevor dieser ihm folgte. Antworten konnte er ihm auch danach geben, aber eine Bedrohung musste sofort ausgeschaltet werden.

Seraphion holte Haniel schnell ein und flog in einem für ihn nicht ganz so schnellen Tempo neben dem entschlossenen Erzengel und fragte sich, was dieser wohl vorhatte.

Sie kamen schnell am Himmelstor an und erkundeten die Gegend, doch es war alles ruhig. Zwar hörten sie die Kampfschreie der Engel und Dämonen, die draußen vor dem Tor kämpften, doch war hier alles ruhig. Zumindest so ruhig, wie es die Gegebenheit zu ließ, denn überall rannten Heilerengel umher und versorgten die schwerverletzen Kampfengel, welche sich vor Schmerzen krümmten. Dieses Bild waren Haniel und Seraphion gewohnt, sodass es für sie beide normal war und sie es für sich im Geiste als 'normal' notierten.

Der Erzengel lief das gesamte Lager auf und ab, doch fand er keinen Anhaltspunkt und seine Hoffnung, die Lösung gefunden zu haben, schwand von Minute zu Minute mehr.

Seraphion, der sich das ganze Spiel schweigend mitangesehen hatte, stellte sich dem aufgelösten Haniel in den Weg, schnappte nach seinem Arm und zog ihn in Richtung eines Zeltes, welches er als nicht besetzt ausgemacht hatte.

„Rede mit mir", verlangte der Schwarzhaarige, was zu helfen schien, denn Haniel ließ sich auf einen der Stühle fallen und erläuterte seine Vermutungen, welche sich als falsch entpuppt hatten.

„Folge mir." Seraphion verließ mit zügigen Schritten das Zelt, wartete bis Haniel neben ihm stand und begab sich daraufhin in die Lüfte und steuerte erneut den ersten Punkt ihres heutigen Tages an. Der Grauhaarige folgte ihm und fragte sich, ob dem Seraphen etwas aufgefallen sein könnte, doch traute er sich bei der ernsten Miene des anderen Engels nicht nachzufragen. Ich warte lieber, bis er anhält.

„Jedes Mal, wenn du die seltsame Energie gespürt hast, warst du relativ zentral in deinem Gebiet. Von hier aus kommt man überall sehr gut hin und es wäre unwahrscheinlich, dass diese Energie von einem Ende zum anderen Ende umherwandern würde, denn wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte ich es ebenfalls in der Nähe meines Hauses gespürt.

Also muss dieses Etwas immer von der Mitte aus starten, um sich unbemerkt bewegen zu können. Die Frage ist nur, wie Es das schafft", begann Seraphion zu erklären, als er anhielt und nach unten schaute.

Haniel folgte seinem Blick und sah einen nicht-arbeitenden Facilityengel, welcher wie weggetreten leicht höher über den Häusern schwebte und stur in Richtung Himmelstor blickte. Was ist mit ihm?

„Hey!", rief der Schwarzhaarige neben ihm hinunter und holte den erschrockenen Engel ins Hier und Jetzt zurück. Ängstliche lila farbende Augen blickten zu ihnen hinauf, welche von einer braunen Haarpracht leicht verdeckt wurden. Seraphion ließ sich nicht beirren und begab sich zu dem Lilaäugigen hinab, welcher am liebsten sofort geflüchtet wäre, wenn er gekonnt hätte.

„Ich möchte von Ihnen wissen, warum Sie nicht arbeiten und was Sie hier getan haben", forderte der Seraph dominant und sorgte dafür, dass der kleinere Engel zusammenzuckte. „I-ich weiß nicht, wa-as Sie meinen", stotterte der Engel leicht, was Seraphion nicht sonderlich beeindruckte oder interessierte.

„Meine Fragen waren nicht schwer ausgedrückt und sie sind auch nicht schwer zu beantworten. Also sagen Sie mir, was haben Sie hier getan?" Seine Stimme wurde mit jedem Wort tiefer, sodass es auch Haniel eiskalt den Rücken hinunterlief.

„Eine Pause! Verzeiht mir mein Herr!", rief der verängstigte Engel und verbeugte sich demütig vor Seraphion, welchen Haniel leicht zu sich zog, damit er sein Gemüt wieder unter Kontrolle bringen konnte. „Ist schon okay. Das nächste Mal genieße deine Pause an einem anderen Ort", sprach er zum Braunhaarigen, der sich bedankte und schnell verschwand.

„Was sollte das?" Aufgebracht wandte der Erzengel sich an den Schwarzhaarigen, der sich genervt das Nasenbein massierte. „Ich weiß es nicht." Ich spüre keine Lüge in seiner Antwort.

„Wir sollten Michael finden und in Erfahrung bringen, was er herausgefunden hat." Haniel ließ erneut ein Thema unter den Tisch fallen, da er wusste, dass er keine Antwort finden würde, die das seltsame Verhalten des Seraphen erklären würde.

Hängen alle Antworten, die ich suche, zusammen? Gehört das alles zu meinem Schicksal?

Mit diesen Fragen im Kopf spürte Haniel die Energie seines Bruders auf und begab sich in Seraphions Begleitung zu ihm, doch sorgte die Szene, die sie sahen dafür, dass seine Stirn sich in tiefe Falten legte.

Michael stand vor einem der kleinen Meldeengel, welcher ihm sehr nahe stand und schüchtern zwischen dem Boden unter ihren Füßen und dessen verdeckten Gesicht blickte. „Sieht der Kleine verliebt aus?", fragte Seraphion seinen Erzengel, welcher langsam nickte und seinen wunderschönen Kopf etwas schief legte und das Geschehen weiter beobachtete und zuhörte.

„Hier haben Sie die von Ihnen gewünschten Verzeichnisse Erzengel Michael", sprach Dumah, der fünfundzwanzigste Meldeengel, den Michael heute aufgesucht hatte. „Vielen Dank." Der Erzengel wandte sich zum Gehen ab, doch hielt ihn der schüchterne blauäugige Engel davon ab, in dem er ihm an seinem Ärmel packte.

Dumah senkte seinen Kopf leicht, da er sich nicht traute, dem Erzengel ins Gesicht zu schauen. Auch wenn er nicht wirklich etwas sehen würde, da Michael eine Robe trug und sein Gesicht bedeckt war, hatte diese Geste etwas mit Respekt zu tun.

Das weiche lockige blonde Haar fiel dem schwächeren Engel in dessen Gesicht, welches der Erzengel der Weisheit zur Seite schob. „Werden wir uns heute Abend sehen?" Es war nicht das erste Mal, dass der Weißhaarige diese Frage aus dem Mund des 1.60 m großen Engel vor sich hörte, doch würde er wohl auch dieses Mal ablehnen müssen. Warum macht er es mir so schwer?

„Ich habe kein Recht dazu mich, mehr als nötig in dem Gebiet eines anderen Erzengels aufzuhalten", antwortete er - seine Standardaussage - und wandte sich nun endgültig ab. „Aber ich könnte doch auch einfach zu Euch kommen", rief Dumah dem Erzengel hinterher, was dieser ignorierte, da er zwei ungebetene Gäste erblickt hatte und zu ihnen lief.

Ohne große Worte machte Michael seinem Bruder und dessen Fußfessel klar, dass sie nun gehen würden und so flog er mit Haniel und Seraphion im Schlepptau davon.

Angel - Haniel [BoyXBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt