Kapitel 12

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Als das Dreiergespann das Haus von Haniel erreichten, traten sie gemeinsam in dieses ein und wurden nicht, wie eigentlich erwartet, von Uriel begrüßt, sondern von einer Efeuranke, die sich ihnen entgegenstreckte. „Werden noch mehr hier wachsen?" Haniel wandte sich mit dieser Frage an den Seraphion, der sich beschämt am Kopf kratzte und murmelnd bejahte. Mein armes Haus.

„Es hört mit der Zeit von selbst auf und dann wachsen die Pflanzen nur noch draußen." Auch wenn Seraphion zuversichtlich aussah, konnte man das nicht von Haniel behaupten, denn der wurde von der Efeuranke am Kopf getätschelt, was einer mütterlichen Geste gleichkam.

Laut ausatmend entzog er sich der Pflanze und schenkte dem Seraphen einen genervten Blick, bevor er ins Wohnzimmer ging und dort keinen Uriel vorfand. „Wo ist Uriel?", fragte Michael, welcher sich suchend umsah. „Vielleicht ist er unten bei der Quelle", beantwortete Haniel die Frage und sah aus dem Augenwinkel, wie sich der schwarzhaarige Seraph in die Richtung der Quelle begab und sein Herz blieb für ein paar Sekunden stehen.

Ehe einer der beiden Erzengel reagieren konnte, war Seraphion bereits die Winkeltreppe hinuntergelaufen und hatte freie Sicht auf eine klare Quelle, die in einem wunderschönen Blau erstrahlte. Das leise Rauschen des Wassers hallte durch den gesamten Raum der unterirdischen Höhle und sorgte für eine beruhigende Atmosphäre, die einen augenblicklich entspannte.

Seraphion war von dem Anblick verzaubert und spürte eine starke Verbindung zu diesem Ort und folgte einem unhörbaren Ruf, der ihn ins kalte Wasser rief. Langsam und vorsichtig, um die Ruhe nicht zu zerstören, trat Seraphion mit den Füßen in die Quelle, welche zwar auf den ersten Blick kalt wirkte, doch beim Betreten angenehm warm war.

Das Wasser schmiegte sich geschmeidig um den breiten Körper des Seraphen, der weiterhin langsam und unerschrocken ins Wasser trat, bis er keinen festen Boden mehr unter sich spürte. Mit fließenden Bewegungen schritt er voran und genoss die pulsierende Energie, die die Quelle ausstieß.

„Komm da sofort wieder heraus!", vernahm er die mehr als aufgebrachte Stimme seines Erzengels, der ihm, ohne zu zögern, ins Wasser folgte. Verschmitzt grinsend schwamm Seraphion weiter in die Quelle hinein und kommentierte das rege Fluchen Haniels mit einem Kichern.

Das Plätschern hinter ihm wurde lauter und kam immer näher, doch tat Seraphion nicht wirklich etwas, um vor dem wütenden Erzengel zu flüchten. Im Gegenteil, als er dessen Hand an seiner rechten Schulter spürte, drehte der Seraph sich von selbst schnell um und zog den überraschten Grauhaarigen an seine vom Wasser durchnässte Brust.

Den kurzen Moment der Überraschung nutze Seraphion aus, in dem er quälend langsam die vom Wasser feucht Wangen mit den Fingern nachfuhr und so die Wasserperlen wegstrich. Eine zarte Röte bildete sich auf Haniels Gesicht und betonten die Wangenknochen des Erzengels, welcher ihn mit klaren grauen Augen anblickte.

Flüssiger Bernstein traf auf einen gewaltigen Sturm, welcher ihn zu verschlingen drohte. Der Bernstein verlor den Kampf und gab sich dem Sturm mit Vergnügen hin.

Die Hände des Grauhaarigen fuhren vorsichtig die Konturen der breiten Brust des Schwarzhaarigen nach, welcher es sichtlich genoss und mit seinen eigenen Händen die Rückenmuskulatur des Erzengels nachfuhr. Ihre Körper schmiegten sich unbewusst nah aneinander, sodass nichts mehr zwischen sie passte und spürten voller Freude die Wärme des Anderen, was beiden eine Gänsehaut auf ihren nassen Körpern zauberte.

Für keine Sekunde unterbrachen sie ihren Augenkontakt, auch nicht, als sich ihre Gesichter näher kamen und ihre Lippen nur wenige Millimeter voneinander trennten. Sie beide spürten den Atem des jeweils Anderen und wollten nichts sehnlicher, als dessen sündig weich aussehenden Lippen kosten und sich in diesem Gefühl verlieren.

Angel - Haniel [BoyXBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt