Kapitel 4

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    In dem Moment öffnete sich die Tür und Utakata stand vor ihm. Ryoichi sog versehentlich lautstark die Luft ein und machte ein Gesicht, als wäre er vom Mizukage selbst bei Steuerbetrug erwischt worden.

"Ich, äh, war grad voll zufällig hier und war so, whoah, krass, 'ne Tür mit Seifenblasen, ich fass es nicht, wer hier wohl wohnt?!", flossen direkt Worte aus seinem Mund und obendrein fand er noch, dass es eine ausgezeichnete Idee war, Utakata möglichst nicht anzuschauen.

Dann war es einen Moment zu lange still. Schließlich seufzte Utakata. "Ich habe dein Chakra gespürt. Willst du reinkommen?"

Ryoichi lachte unfreiwillig und lehnte sich betont lässig an die Wand. "Na, willst duuu nicht reinkommen?", fragte er gegen und verzog das Gesicht noch ein wenig mehr ab der eigenen Dummheit.

Utakata schaute ihn fragend an.

"Klar, würd ich gern, hast du Wasser? Ich brauch was zu trinken - also, ich nehm auch Leitungswasser, wenn du nicht ganz so viel Chlor drin hast wie bei mir zu Hause, haha!"

"Oh, ich filtere das Wasser selbst. Kein Problem." Utakata hielt ihm die Tür auf. Sie kannten sich seit über zehn Jahren, auch wenn sie sich die letzten Jahre sehr unregelmäßig gesehen hatten. Vor allem aber war er nur sehr selten bei ihm zu Hause gewesen. Warum gerade jetzt? Warum war ihm dieser Einfall gerade heute gekommen? Ryoichi spielte mit ein paar seiner grauen Haarsträhnen herum. Neben ihm hing ein Spiegel, aber er hütete sich davor, einen Blick hinein zu werfen. Er hatte diese Nacht nicht geschlafen und er wusste, dass man ihm das ansehen konnte. Eine leichte Gänsehaut kroch ihm den Rücken hinauf und er hätte sie sich sehr einfach erklären können, wollte aber nicht, denn es gab Fragen, auf die er keine Antwort wollte.

"Weißt du, vergiss es. Ich glaube ich sollte nach Hause gehen und so tun, als würde ich einen Missionsbericht für Yagura schreiben, ich hab dem die letzten zwei Jahre keine gescheiten gegeben und manchmal stelle ich mir vor, ich würde es machen und das lässt mich mich mächtig fühlen für ganze dreißig Sekunden." Ryoichi nickte ins Leere. Er stellte fest, wie kahl und leblos die Wohnung eingerichtet war. Es wusste, dass das so halb der Stil der höheren Clans war, alles so minimalistisch wie möglich zu halten, was er als recht unlustigen Witz empfand, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass Utakata es hier so tot aussehen ließ, weil es eine bewusste Entscheidung war. Vor allem aber war es ausgesprochen dunkel - die Jalousien waren heruntergezogen und ließen nur dünne Lichtstreifen herein. "Hast du Migräne?"

Utakata, der sich noch nicht von der Tür weg bewegt hatte, als würde er Ryoichis Präsenz in der Mitte des Raumes ausweichen, schüttelte den Kopf. "Nein, nein, es ist nur..."

Ryoichi schaute zu ihm und bereute es ein wenig. Er wusste, warum es so dunkel war, was für eine dumme Frage. "Schon gut", sagte er ein wenig leiser. Er hatte es auch lieber, wenn von draußen keiner reinschauen konnte. Darüber nachzudenken oder zu reden, machte ihn allerdings nur angespannt, deshalb ließ er es bleiben. "Wie gesagt." Er schüttelte sich kurz. "Ich will eigentlich gar nicht nerven, nicht dich zumindest, ich werd dann mal..."

Utakata bewegte sich immer noch nicht wirklich, legte allerdings den Kopf ein wenig schief. "Ich kann Tee machen, wenn du magst." Noch nie hatte Ryoichi einen Menschen so langsam und bewusst blinzeln sehen. "Wenn du einmal hier bist, kannst du auch etwas bleiben. Wenn du möchtest."

"Ja? Tee. Tee klingt gut. Hast du irgendetwas, das wach macht, ich fühl mich ein wenig... Nein, Hauptsache es knallt, irgendetwas Starkes. Hast du Brennspiritus?", sagte Ryoichi, der keine Kontrolle darüber hatte, was für Worte aus seinem Mund kamen. Manchmal war er sich nicht sicher, ob er wirklich sprechen konnte oder einfach nur Worte wiederholte, die manchmal Sinn ergaben.

"Ich glaube nicht, dass du Brennspiritus trinken solltest", sagte Utakata langsam und schob sich endlich an Ryoichi vorbei den Flur entlang. Die Wohnung war ein wenig größer als die von Ryoichi, obwohl sie nicht mehr Zimmer hatte. Generell ähnelte der Grundriss der seinen, aber alles wirkte weniger herabgekommen, dafür sauberer, ordentlicher, aber auch sehr viel lebloser. Was für ein trauriger Anblick, dachte er sich ohne benennen zu können, was genau daran ihn traurig stimmte.

"Ist alles in Ordnung?", fragte Utakata vorsichtig und war wohl kurz davor, Ryoichi eine Hand auf die Schulter zu legen, entschied sich jedoch dagegen.

Ryoichi zuckte mit den Schultern. "Ja, ja klar. War nur bis eben noch auf Mission, bin müde." Er grinste breit, auch wenn er wusste, dass er Utakata nichts vormachen konnte.

"Hm." Utakata nickte das ab, dann schob er die Tür zum Zimmer auf. "Setz dich. Der Kotatsu ist nicht an, aber du kannst ihn gern anmachen."

"Whoah krass. Ist der neu?" Ryoichi machte einen großen Schritt in den kümmerlich eingerichteten Raum herein und beugte sich zum Heiztisch hinab. "Ist dein letzter endlich explodiert? Der hat doch schon immer diese komischen Geräusche gemacht."

Utakata schmunzelte. "Ja. Hat spontan angefangen zu brennen." Anschließend seufzte er. "Ich wollte ihn löschen, aber ich war zu müde. Ich habe versehentlich Säure darauf gespuckt."

Ryoichi musste lachen, noch ehe er fertig gesprochen hatte. "Mann, ich hab dich vermisst", sagte er dann, auch wenn er das Gefühl hatte, dass diese Aussage schon zu übergriffig war und zu schnell diese Barriere an Distanz überwand, die sich die letzten Jahre zwischen sie geschoben hatte. "Warte, ich helf' dir mit dem Tee. Ich kann vielleicht kein Suiton, aber weißt du, was ich kann? Tee kochen!"

Ryoichi lief in das nächste Zimmer, stellte fest, dass es das Bad war, drehte sich wieder um und ging in das einzige Zimmer, das übrig blieb.

"Nein, kein Problem, du musst mir nicht helfen", protestierte Utakata ohne ihn zu hindern, aber Ryoichi reagierte ohnehin nicht darauf. Das Letzte, was er jetzt wollte, war, nichts tuend und allein wie in einem besonders traurigen Café an diesem Kotatsu zu sitzen.

"Schicke Küche", kommentierte er, auch wenn sie eher wie ein Beispielzimmer aus einem Möbelhaus aussah.

"Wenn du das sagst", seufzte Utakata. "Fast kein Schimmel."

"Auch im Bad?" fragte Ryoichi, während er alle Schubladen und Schränke nach dem benötigten Zubehör durchsuchte.

"Auch im Bad", stimmte Utakata ihm zu und schien trotz anfänglichen Protests abgeschlossen zu haben, dass Ryoichi jetzt alles allein machte und dabei leichtes Chaos verursachte. Er lehnte nur mit verschränkten Armen an der Wand und beobachtete ihn dabei.

Nichts ist ZufallWo Geschichten leben. Entdecke jetzt