Kapitel 11

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Die Schriftrolle verriet Ryoichi nicht viele Informationen über die beiden Ziele. Beide waren Chuunin, aber neben ihren Kampfstilen konnte er nichts weiter Relevantes herausfiltern. Zwar war die Art zu kämpfen in dem Fall nicht unwichtig, aber die ein oder andere Notiz zum Lebenslauf wäre dennoch nicht schlecht gewesen - Alter bei Akademieabschluss, Herkunft, et cetera. Wer einen Kampf gut vorbereiten wollte, der konnte auch auf solche Details nicht verzichten.

Die Ältere hieß Nanami und schien sich wie viele Shinobi aus Kirigakure auf Schwertkunst zu konzentrieren. Außerdem war sie ein Sensor, was Ryoichi einen Nachteil verschaffte - er konnte sich zwar sehr gut auf Himekuki verlassen, aber die Möwe konnte schlecht allgegenwärtig sein.

Der Jüngere - Mizuaki - hingegen kämpfte wohl mit klassischem Ninjutsu auf Wasserbasis in der mittleren Ferne. Anstrengend, anstrengend. Ryoichi dachte kurz darüber nach, was bei ihm wohl stehen würde, sollte jemand den Auftrag bekommen, ihn auszuschalten. Nahkampf yay, Rest nay.

Himekuki fand schneller eine Spur, als es ihm lieb war. Sie führte ihn ein ganzes Stück aus Kirigakure heraus und in Richtung Norden. Erst dachte er, dass die Hauptstadt des Wasserreiches das Ziel sein würde, doch als sie in etwa die Hälfte der Strecke zwischen der und Kirigakure zurück gelegt hatten, bogen sie nach Osten ab. Nach einer weiteren Stunde, in der Ryoichi schweigend Himekuki folgte, erreichten sie bergiges, schroffes Gebiet mit dichtem Fichtenwald.

Ryoichi hielt an, ließ sich Himekuki kurz in seinen Armen ausruhen. Sie atmete tief, wirkte müde. Über Land zu fliegen verbrauchte bei ihr mehr Energie. Sollten sie diese Mission gut überstehen, würde sie es Ryoichi sicherlich noch eine ganze Weile vorwerfen. Er kraulte ihr ein wenig durch die weichen Daunen. Himekuki schloss wohlig die Augen.

Nadelwald erschwerte sein Vorankommen. Die Fichten waren durch den stetigen Meereswind zu klein und dünn, um das Gewicht eines erwachsenen Menschen zu tragen. Dennoch konnte er kaum weiter als zehn Meter sehen. Da hier kaum Leute lebten, war der Unterbusch voll mit totem Holz und Farn, die einen natürrlichen Irrgarten kreierten, der bereit war, jeden Eindringling gnadenlos zu verschlucken.

"Was sagst du, Kuki-chan?", fragte er gedämpft. Er lächelte, um sich nicht so angespannt zu fühlen. "Hübsch zum wandern, oder?"

"Ein guter Ort, um jemanden umzubringen. Hier sieht es keiner. Hier findet dich keiner", gurrte die Möwe in seinen Armen. Sie schien sich dort wohlzufühlen und er hatte nichts dagegen. Auch Ryoichi war froh, sie halten zu dürfen. Es war eisiger Wind aufgezogen, der sicherlich bald Schnee bringen würde, und diesen kleinen Punkt an Wärme bei sich zu haben tat erstaunlich gut.

"Bleiben wir im Tal?", erkundigte er sich.

Himekuki nickte. "Möglich", sagte sie dann. "Ich kann da drin nicht gut fliegen. Du musst aufpassen."

"Werde ich, werde ich", sagte er schmunzelnd.

"Vergiss nicht, du schuldet mir etwas." Sie reckte ihren Hals kurz, dann warf Ryoichi sie ein Stück in die Luft, damit sie einfacher in den Flug kam. Er schaute zu ihr auf, beobachtete wie sie im Bergwind auf der Stelle flog. "Streng dich an."

"Ich gebe mein bestes, Mutti", gluckste er, woraufhin von ihr nur noch ein Schnauben kam. Als Himekuki jedoch aus seinem Sichtfeld und über den Baumwipfeln verschwand, seufzte er schwer. Dass die beiden Kinder sich hier versteckten, machte ihn nachdenklich. Dann begann er, den Wald zu erkunden.

Ryoichi war froh, dass er Himekuki hatte. Ohne sie so war er sich sicher, hätte er selbst mit Kompass nicht aus diesem Wald heraus gefunden, immer dichter und dichter wurde es. Er kam nur langsam voran, verfolgte Geräusche der Möwe und achtete auf jeden Fleck, auf den er trat. Gerade weil er kein Sensor war, musste er sich auf seine Intuition und notfalls schnelle Reaktion verlassen können. Mittlerweile trug er beide seiner Jo-Jos in den Händen. Er ließ sie auf und ab schnipsen, um sich besser konzentrieren zu können.

Von Himekuki tönte ein ungeduldiges Krächzen. Ryoichi schaute auf. Die Möwe kreiste über ihm, bewegte sich nicht weiter. Er atmete tief durch, sah sich aufmerksam in der Gegend um, ging noch einen Schritt.

Da sah er es. An einem Baum ganz in der Nähe, kaum sichtbar durch den vielen Farn - ein Explosionszettel. Er stoppte, bemerkte Stolperdraht vor sich. Doch er wusste - wer auch immer diese Falle gestellt hatte, war noch ganz in der Nähe. Kurz darauf wurde der Waldboden laut.

Ryoichi sprang zurück, formte mehrere Fingerzeichen, die auf die Schlange endeten. Nicht eine Sekunde zu spät, denn als er die Hände auf den Waldboden legte, um sich mit einer Erdmauer dank Doton: Doryuheki zu schützen, spürte er bereits die HItze und Detonationswelle der ersten Explosion. Ryoichi schnaubte - es gefiel ihm nicht, gleich zu Kampfbeginn so viel Chakra für elementares Ninjutsu verwenden zu müssen. Gut, dass er so vorsichtig gewesen war. Die Falle der Kinder hätte übel ausgehen können.

Als sich die Umgebung beruhigt hatte, sprang er nach oben, auf die Kante der von ihm gebildeten Steinmauer, um sich umzusehen. Jedoch musste er nicht lange suchen - das Mädchen stand im zerstörten Unterholz, hatte ihr Schwert gezogen und schaute zu ihm auf.

"Da habt ihr euch aber Mühe gegeben", stellte Ryoichi fest und klang dabei amüsierter, als er eigentlich war. "Wo ist..." Er brach ab, denn hinter ihm knackte und raschelte es. Dabei handelte es sich um den Jungen. Der Versuch, beide gleichzeitig im Blick zu behalten, erwies sich als schwieriger als erwartet.

Es gab mehrere Möglichkeiten, wie die beiden gewusst haben sollten, dass sie verfolgt wurden. Ein paar davon gefielen Ryoichi besser als andere.

"Da hast du ja nochmal Glück gehabt", stellte Mizuaki fest. "Aber keine Angst. Jemanden wie dich auszuschalten ist uns eine Ehre."

Ryoichi gluckste unterhalten, auch wenn er sehr angespannt war. Er wusste, dass Nanamis Augenverdrehen nicht ihm galt, denn dafür war die Geste viel zu persönlich. Nein, sie galt definitiv ihrem Bruder. Kinder.

"Ehre, hm?", fragte Ryoichi. Er hielt die Jo-Jos an, packte eins von ihnen weg. Es war nicht der richtige Zeitpunkt. Seine Gegner hatten eine Strategie und Ryoichi musste sein eigenes Vorgehen daran anpassen, sonst unterlag er. "Sicher, dass es ehrenvoll ist, die Drecksarbeit zu erledigen?"

"Es ist...", setzte Mizuaki an, doch seine Schwester unterbrach ihn.

"Lass es gut sein, Mizu!" Sie hörte sich sehr viel angespannter an. Ryoichi war sich sicher, dass sie das Gehirn des Duos war. Der Junge war entweder eine geborene Ninja-Legende, die mit einem halben Fingerzeichen den Job erledigen könnte, oder auf zu hohem Ross unterwegs. Nanami hingegen wirkte anders. Ihr Blick war viel konsternierter. "Es tut mir Leid, Harusame-san. Wie Sie wissen, sind Shinobi nur Werkzeuge."

Ryoichi legte den Kopf ein wenig schief. Sie wiederholte Zabuzas Worte - ihm war unklar, ob sie damit etwas beabsichtigte oder sie die Aussage ernst meinte. Er hätte gern nachgefragt - dieser Kampf würde wenig Probleme darstellen, könnte er einfach fragen, wie die beiden zu alldem standen, zu Zabuza, zum Mizukage, zum Wasserreich. Es sind nur Kinder. Aber Ryoichi traute der Situation nicht. Es stank zu sehr nach irgendeinem komischen Spiel. Wenn er offen zu den beiden Jugendlichen war, war er möglicherweise auch offen zu wessen Ohren auch immer noch mit anwesend waren.

"Los!", rief das Mädchen, preschte nach vorn. Sie warf mehrere Shuriken, die Ryoichi allesamt mit dem Jo-Jo in seiner linken Hand blockte. Wie erwartet, ging Mizuaki auf Abstand. Ryoichi sprang von der Mauer, gegen einen der trockenen Bäume, der prompt nachgab und umstürzte. Zufrieden stellte Ryoichi fest, dass er zumindest einen Großteil der Falle aktiviert haben musste, denn es folgte zumindest keine weitere Explosion. Dafür folgte etwas anderes: dichter Nebel.

Ninpo: Kirigakure no Jutsu.

Ryoichi grinste genervt. Dies war genau jener Unrat, der diese Mission noch ein Stück anstrengender machte. Er versuchte, auf Abstand zu gehen und dort still stehen zu bleiben. Bereits nach wenigen Augenblicken konnte er nur noch mit Mühe seine eigene Hand vor den Augen ausmachen. Wie stressig.

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