Z W Ö L F - Erinnerung

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Tief atmete Eblis durch.

"Ich... werde in der Schule öfter von ein paar... gehänselt." Nervös biss er sich auf die Unterlippe.

"Auch zusammengeschlagen?"

Eblis nickte leicht.

"So schlimm, dass du öfter bewusstlos bist?"

Zögernd schüttelte Eblis den Kopf.

Rimmon zog eine Augenbraue hoch. "Warum dann dieses Mal?"

Eblis überlegte, was er sagen sollte. Er konnte ihm nicht die Wahrheit erzählen, dafür kannte er Rimmon nicht gut genug. Also antwortete er ausweichend. "Es gab einen Zwischenfall und deswegen hat,... haben sie ihre Wut auf mich, an mir ausgelassen."

"Einen Zwischenfall?"

Eblis nickte.

"Welchen?"

Eblis zögerte. Doch dann begann er zu erzählen. Bis zu einem gewissen Punkt.

Er wusste nicht warum er das tat. Er wusste nicht, warum er die Fragen überhaupt beantwortet hatte. Er wusste nicht, warum er es einem fremden Mann erzählte.

Vielleicht weil er einfach jemanden in seinem Leben haben wollte, mit dem er offen sprechen konnte. Dem er vertrauen konnte.

Doch warum jetzt? Und warum dann Rimmon?

Vielleicht, weil er so anders war, als die anderen. Vielleicht, weil sich Eblis in seiner Nähe wohl fühlte.

Als Eblis an dem Punkt angekommen war, kurz bevor es die Kontrolle übernahm, stoppte er. Er wollte nicht lügen, doch von ihm erzählen wollte Eblis auch nicht. Rimmon sah ihn auffordernd an. Also sprach er weiter. Eblis beschloss nicht zu lügen, nur eben etwas auszulassen, die Wahrheit etwas zu verdrehen.

"Er hat... meine Mutter beleidigt, gesagt sie sei schwach gewesen, und... deshalb wurde ich wütend. Dann... hab... ich hab meine Kontolle verloren und mich von... meiner Wut leiten lassen. Ich habe zurückgeschlagen. Ich wusste doch nicht, dass ich ihn so verletzen könnte. Ich hasse Gewalt, und trotzdem... habe ich sie angewandt. I-ich bin ein schlechter Mensch. Ich hätte es... mich zurückhalten sollen. Die Beleidigungen einfach ignorieren sollen. Doch... letztendlich ist es nun zu spät."

Während des Sprechens wurden Eblis' Augen feucht. Er musste wieder an seine Mutter und ihren grausamen Tod denken.  Eblis versuchte nicht zu weinen. Zitternd atmete er ein. Er blinzelte die aufkommenden Tränen weg.

"Es tut mir leid", sagte Eblis und begann an seinen Lippen zu nagen.

Eine heiße Träne rollte langsam seine Wange herunter. Er drehte sein Gesicht von Rimmon weg. Er sollte das nicht sehen. Eblis wollte nicht noch schwächer vor ihm wirken, als er es eh schon tat.

"Schon gut", sagte Rimmon. Er drehte Eblis' Gesicht wieder zu sich. Eblis sah ihm mit einem starren Blick in die Augen. Eine kurze Weile verharrten sie in dieser Position. Keiner bewegte sich. Noch immer hatte Rimmon seine Hand nicht von Eblis' Wange entfernt.

Sie sahen sich nur in die Augen, bis die Stille, welche zwischen ihnen herrschte, für Eblis unangenehm wurde. Er zog seinen Kopf zurück, woraufhin Rimmon seinen Arm senkte.

Als wäre das gerade nicht passiert, begann Rimmon zu sprechen. Was war das gerade?Eblis war leicht verwirrt, doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen.

Erst jetzt fiel ihm auf, dass Rimmon ihn wartend ansah. Was hatte er gesagt?

"Tut mir leid, ich habe nicht gehört was sie gesagt haben..."

"Ich hab gefragt, ob es in Ordnung für dich wäre, mir zu erzählen, was mit deiner Mutter geschehen ist."

Eblis war über die Frage schockiert. Er sah starr auf einen Punkt. Ihn holten die alten Erinnerungen wieder ein. Er begann zu weinen. Die grausamen Bilder kamen ihm in den Kopf. Wie sie tot vor ihm gelegen war. Nachts. Neben ihr noch die Tatwaffe. Alles voller Blut. Panik stieg in ihm auf. Er atmete schneller und begann zu zittern. Seine Augen hatte er weit aufgerissen. Rimmon versuchte ihn wieder zu beruhigen, doch seine Worte drangen nicht durch. Eblis war in seiner Panik gefangen.

Er kniff die Augen fest zusammen. Eblis versuchte beruhigend ein und auszuatmen, doch als Rimmon seine Hand auf seine Schulter legte, hielt er die Luft an.

Es wollte ihm helfen.

Es wollte ihn die Erinnerungen kurz vergessen lassen.

Es wollte ihm die Last von den Schultern nehmen.

Doch Eblis durfte dies nicht zulassen.

Er wollte es nicht zulassen.

Nicht jetzt, wo er gerade jemanden gefunden hatte; Jemanden, der ihn nicht offensichtlich für komisch hielt; Jemanden, der nett zu ihm war.

Eblis hielt sich die Ohren zu. Er begann zu zittern.

Es wollte die Kontrolle.

Doch Eblis durfte jetzt nicht schwach sein. Er durfte sich der Verlockung nicht hingeben. Er musste stark bleiben.

Eblis begann zu zittern. Sein Blick war starr auf einen unbekannten Punkt gerichtet. Er versuchte nicht die Kontrolle an es zu verlieren.

Er blendete alles um sich herum aus. Seine Umgebung, die Geräusche, Rimmon, alles.

Vor seinen Augen spielten sich die Erinnerungen wieder ab. Er wollte sie vergessen. Doch das durfte er nicht, zumindest nicht mit seiner Hilfe.

Langsam ließ es wieder locker.

Es zog sich zurück.

Erleichtert aber immer noch verkrampft atmete Eblis aus. Erst jetzt merkte er, dass er geweint hatte. Erschrocken wischte er sich die Tränen weg. Er wollte nicht noch schwächer wirken, als er es gerade sowieso schon tat.

Rimmon saß immer noch neben ihm. Sein Blick zeigte keinerlei Emotion. Keine Verwirrung; Nichts abschätziges; Nichts erschrockenes; kein Mitleid; keine Überforderung; nichts was der, eines normalen Menschs an seiner Stelle gezeigt hätte. Eblis konnte nichteinmal erahnen, was dieser Mann dachte.

"Ich hätte dich nicht fragen sollen", stellte Rimmon fest.

"Sch-" on gut. Eblis Stimme versagte. Sein Hals war trocken. Er räusperte sich, doch es kam nur ein Krächzen aus ihm.

Rimmon stand auf. "Ich hol dir Wasser." Eblis nickte ihm dankbar zu und schon war er aus dem Raum verschwunden.

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912 Wörter

Hi ihr Schlosshunde :)

Ich weiß nicht warum, aber seit meine Katze gestorben ist, konnte ich mich nicht mehr dazu aufraffen ein Kapitel zu schreiben... Jetzt, ein Monat später, hab ich eins geschafft, ich hoffe es hat euch gefallen :)

Ich habe mir vor zwei Tagen ein drittes Ohrring stechen lassen :D

The secret behind himWo Geschichten leben. Entdecke jetzt