17 Unverhofft kommt oft

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Unverhofft kommt oft

 

 

Tampa, Florida. Zweieinhalb Jahre später.

 

Colby beobachtete die junge Frau eine ganze Weile, ehe er auf die Brünette zu ging, die dort im Sand saß und lächelnd in Richtung Meer sah. Sie hatte die Haare ein wenig kürzer und wirkte in den hochgekrempelten Jeans und dem ausgewaschenen T-Shirt nicht wie die Jade Silverstone, die er vor über zwei Jahren das letzte Mal gesehen hatte. Doch er war sich sicher, dass sie es war.

„Jade?“, sprach er sie vorsichtig an.

Ihr entspanntes Lächeln erstarb, als sie zu ihm aufsah. „Colby?“, fragte sie kaum hörbar und stand auf. Nervös klopfte sie sich den Sand von der Hose.

„Wow“, lachte er und musterte sie. „Darf ich?“ Er breitete die Arme aus.

Jade schluckte und ließ sich von ihm drücken.

„Mann, das ist echt lange her. Was machst du hier?“

„Ich besuche meinen Bruder und seine Familie“, antwortete Jade wahrheitsgemäß. „Oh, verdammt!“, rief sie plötzlich und lief barfuß durch den warmen Sand aufs Wasser zu.

Colby sah ihr verwundert nach, beobachtete, wie sie einen kleinen Jungen von hinten unter den Armen packte und das laut lachende Kind hochhob, ehe es in das kühle Nass laufen konnte. Mit dem Jungen auf dem Arm kam sie langsam zurück.

„Dein Neffe?“, lächelte Colby und wollte dem kleinen Kerl über die Wange streicheln.

Dieser zog schüchtern, aber lächelnd, seinen Kopf weg und klammerte sich an Jades Hals. „Mommy“, sagte er vernehmlich und legte seine Wange an ihre.

Jade erwiderte Colbys Blick, der sie überrascht ansah.

„Oh“, machte er. „Ich hatte ja keine Ahnung.“

„Nein. Wie auch?“ Jade ließ den Jungen wieder herunter und kniete sich zu ihm in den Sand.

Colby setzte sich dazu. „Wie ist sein Name?“

„Jeremy.“

Bei der Erwähnung seines Namens, hob der Junge den Kopf und sah Colby aus dunkelblauen Augen an.

„Er hat deine Augen“, lächelte Colby. „Wie alt ist Jeremy?“

Jade kaute auf ihrer Unterlippe, sah den alten Freund nicht an.

„Jade?“ Colby sah zwischen Jeremy und seiner Mutter hin und her. Der blonde Wuschelkopf war ihm aber plötzlich Antwort genug. „Oh, fuck! Ist das Jons Kind?“

Jeremy blickte von den Steinen, mit denen er spielte, zu dem Dunkelhaarigen auf.

„Ich würde dich bitten, Worte wie das F-Wort nicht in seiner Gegenwart auszusprechen. Er muss nicht jetzt schon so werden wie sein Vater“, bemerkte Jade ruhig.

„Es ist wahr? Ist... ist das etwa der Grund, warum du damals ohne ein Wort abgehauen bist?“ Colby stand auf. „Hast du eigentlich eine Ahnung, was du angerichtet hast?!“, fuhr er sie wütend an, als sich alles wie in einem Film vor seinem inneren Auge abspielte, wie Jon damals reagiert hatte und was danach folgte.

Jade erhob sich ebenfalls und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was ich angerichtet habe? Kannst du dir in etwa ausmalen, was geschehen wäre, wenn ich geblieben wäre? Wie böse das Märchen geendet hätte, wenn Jon zwei schwangere Frauen gehabt hätte, wenn er die eine schon nicht wollte, geschweige denn ein Kind?“

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