Kapitel 2: New Orléans

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Hayley Marshall? Was ist hier los? Sophia starrte mich an, dann wieder auf Hayley, die blutüberströmt vor uns stand. Ich zitterte. Nicht vor Angst, sondern von der Ungewissheit was mit uns passieren wird. Diese unwissende Zukunft, die unser Leben ab dieser Sekunde bestimmt und mich innerlich langsam auffrisst. Hayley neigte ihren Kopf leicht nach rechts und sah meine Gedanken in meinen Augen.

„Glaubst du wirklich, ich würde euch töten, nachdem ich euch gerettet habe? Ich weiß, ich seh‘ nicht aus wie ein Prinz, der mit seinem hohen Ross Rapunzel aus dem Turm befreit und in den Sonnenuntergang reitet, aber ich tu‘ euch nichts.“ Ihre Augen sahen ehrlich aus.

„Ich mag deine Schuhe.“ Kommentiere Sophia und grinste sie an, „und du warst echt badass, wie du diese Typen vermöbelt hast. Das muss du mir unbedingt beibringen.“ Ich schüttelte meinen Kopf, musste aber gleichzeitig lachen, denn nur Sophia kann solche positiven Aspekte aus einer makabren Situation herausgreifen. Hayley zwinkerte ihr lächelnd zu.

„Hayley, könntest du ins bitte sagen, was hier los ist?“ fragte ich sie und ihre lächelnden Augen wurden sofort ernst. Sie zerriss unsere Fesseln und half uns auf. „Das waren Menschenhändler.“

Waren? Erst als ich die toten Männer anschaute, sah ich, wie viel noch von  ihnen übrig war; falls man die leblosen Körper überhaupt noch erkennen konnte. Wie konnte Hayley diese so zurichten? Und wer genau war sie?

„Ich habe einen großen Sinn für Gerechtigkeit.“ Ihr Blick wurde finster, als sie sich zu den Leichen wandte, „wir haben diese Organisation schon länger auf dem Radar. Als wir sahen, wie sie wieder neue Leute hier rein brachten, planten wir eine Befreiung.“ Sie seufzte und drehte sich wieder zu uns, „Solche kriminelle Menschen wie diese, müssen getötet werden, denn sie schrecken nicht vor Rache zurück. Es tut mir leid, dass ihr beide in diese Situation hineingeraten seid.“

Sophia und ich verstanden ihren Sinn für Gerechtigkeit. Während Sophia Hayley ihre Zustimmung gab, merkte ich, dass wir beide durch den Sturz verletzt worden sind. Mein Kopf tat schon weh als ich am Boden lag, und meine Hand, war voller Blut, als ich mir durch Haar kämmte. Das Adrenalin war wohl noch hoch genug, um mich die vollen Auswirkungen meiner Verletzung nicht spüren zu lassen. Sophias linker Arm hatte eine tiefe Schnittwunde, welche von der Glasscherbe auf dem Boden verursacht wurde. Sie musste draufgefallen sein.

„Kommt, wir müssen von hier weg. Ich werde euch zu einem Freund bringen, der eure Wunden heilen kann.“ Hayley nahm unsere beiden Arme, um uns nach draußen zu bringen. Der Gang war unheimlich lang, aber sonst nahm ich nichts von meiner Umgebung wahr. Die frische Luft erfüllte meine Sinne wieder, die Sonne wärmte mich auf und der Wind ließ mich die Freiheit fühlen. Sophia fühlte dasselbe. Wir beide sahen uns an und fielen uns kurz in die Arme; die Erleichterung aus dieser gefährlichen Situation zu sein, war nun in der Atmosphäre bemerkbar.

„Autsch!“ zischte Sophia. Verdammt, ich muss wohl ihre Verletzung bei der Umarmung berührt haben.

„Entschuldigung.“ Als ich wieder zu Hayley hinüber sah, spürte ich wie sich alles drehte und fasste mir an den Kopf.

Kacke, nun lässt die natürliche Schmerzlinderung nach.

„Kommt jetzt.“ Hayley stieg in ihren Truck, während Sophia und ich uns hinten anschnallten. Ich fiel fast immer wieder in einen Zustand des Schlafes, probierte aber wach zu bleiben. Sophia war schon lange eingeschlafen, was mir dabei half nicht einzuschlafen, denn ihr Schnarchen war laut genug um eine ganze Herde Pferde vom Pennen abzuhalten.

Mir flogen so viele Fragen durch den Kopf, aber nur eine verließ meine Lippen.

„Wo sind wir?“

Hayleys neugieriger Blick starrte mich durch den Rückspiegel des Wagens an.

„Wir sind vor der Grenze der Stadt New Orléans.“

„New Orléans … New Orlé-.“ Meine Stimme wurde zu einem Flüstern. Ich starrte verblüffend vor mich hin bevor ich wieder in Hayleys reflektierende Augen schaute und laut brüllte, „NEW ORLEANS? WIE NEW ORLEANS IN AMERIKA, ICH MEIN‘ DEN VEREINIGTEN STAATEN?“ Mein Gegröle wachte jedes Tier im Wald auf, nur nicht Sophia, die wie ein Seestern die hinteren Autoplätze bis über die Hälfte hinaus belagerte. Wie ein Mensch so schlafen kann? Ich habe absolut keine Ahnung.  Würde sie an Schlafwettbewerben teilnehmen, wäre sie Weltmeister.

„Ja, genau das New Orleans.“ Teilte mir Hayley lächelnd mit.

Amerika.

„Deine Reaktion auf meine Antwort, hat mich nun neugierig gemacht. Woher kommt ihr denn?“

„Aus Luxemburg.“

„Dieser Kaff in Iowa? Dann wird der Nachhauseweg schon ein paar Stunden dauern. Wir werden euch schon irgendwie ein Auto besorgen.“ Ihr Grinsen wurde immer breiter und mir wurde klar, dass sie wahrscheinlich das Land Luxemburg mit der Gemeinde hier in den USA verwechselte.

„Naja, Stunden ist gut gesagt, besonders da wir in Luxemburg wohnen, ein Land, was in Europa liegt.“ Nun war es Hayleys geschockte Miene die mich lächeln ließ.

„Europa? Wie in der Kontinent Europa?“, ihre Augen kniffen leicht zusammen. Sie war angepisst. „Diese Arschlöcher nehmen jetzt auch noch Menschen von einem anderen Kontinent.“

Ich verstand ihre Aussage nicht ganz, denn ist es nicht so, dass die Menschenhändler auf der ganzen Welt Unschuldige verschleppen? Ich ignorierte meine Gedanken, das Wichtigste war, dass Hayley uns rettete. Meine Augen wurden schwerer und ich ließ die Dunkelheit über mich hineinbrechen. Mir war nicht immer nicht klar in welch für eine Lage wir uns befanden.

Auf einmal wurde ich nach vorne geschleudert. Ich blickte schockiert nach vorne, Sophia schlief noch immer fest. Gottverdammt, wie kann man nur so fest schlafen. Mein Blick fing die Umgebung ein und fiel auf Hayley, welche gerade die Handbremse zog.

„Wir sind da.“

Klaus' SquadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt