17. - Weiterleben

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21.03.2013
Haus der Familie Iwaizumi
>POV: Hajime Iwaizumi<

Es fiel mir schon immer schwer über meine Gefühle zu reden. Nie fand ich die richtigen Worte, um zu sagen, was mich bedrückt und beschäftigt. Keiner weiß, dass ich mich nachts quäle, aber er hat immer versucht, mich zu öffnen. Er schaffte es nie, dennoch vertraute ich ihm vollkommen. Ich konnte ihm nicht direkt sagen, was ich fühlte, trotzdem zeigte ich es meinem Herzensmenschen. Wir verbrachten die letzten Monate zusammen, ließen uns nie im Stich und seine Nähe war dadurch eine Grundvoraussetzung für einen schönen Tag. Ich gab ihm alles, was ich hatte, schenkte ihm alles, was er wollte, und machte so viele Andeutungen. Irgendwie schaffte ich es über meinen Schatten zu springen, um es zu probieren, aber wofür? Dafür, dass er nicht geht, mich liebt und unsere Versprechen hält? Wieso versuchte ich es überhaupt? Ich wusste, dass es so kommen wird.
Seit er seine Entscheidung mitgeteilt hat, war alles besiegelt und zu Ende. Nichts brachte es mehr. Ich will doch einfach nur ein normales Leben führen, jetzt meine Jugend ausklingen lassen und ins Berufsleben einsteigen. Aber ich lasse auch ihn in der Jugend zurück. Ich werde ohne ihn leben müssen, auch wenn ich es nicht will.
Mein Atem wurde rasanter. Mein Herz schlug gegen meine Brust. Wütend biss ich mir auf die Lippe und stärkte meinen Griff um das Geländer. Ein metallischer Geschmack breitete sich in meiner Mundhöhle aus, ich ließ von meiner Lippe ab. Der Geschmack nach Eisen ließ mein Körper abkühlen, zu Sinne zu kommen. Einatmen. Ausatmen. Ein Zittern brachte mein Körper zu beben, wie die jährlichen Erdbeben in meiner Heimat.
Meine Heimat. Ein Zuhause ohne ihn.

Scheiße, ich vermisse den Bastard jetzt schon! Wieso kann es nicht einfach hier funktionieren? Warum kann er sich nicht mit dem Einfachsten zufriedengeben? Immer muss er weitergehen und beachtet dabei niemanden. Für ihn zählt nur die Karriere, den Volleyball, da blieb ich immer aussenvor. Ich hasse das! Manchmal geht etwas kaputt, was für Ewigkeiten existieren sollte. Ich dachte, dass unser Versprechen uns hält, aber es riss, dabei ist doch keiner von uns schuld.
Ich tat alles für ihn. Nie gab ich den Sport auf, welchen er liebte. Die Schule nahm ich ernster, um auf seinem Level zu bleiben. Ich vereinbarte viele Treffen, damit er mich nicht vergisst. Das alles tat ich, weil ich ihn endlos liebe. Selbst der Gedanke an Aliens scheint nicht mehr so absurd.
Eine Sternschnuppe sauste über den Nachthimmel.
Ich wünsche mir, ihn wieder zu sehen. Er ist der Grund, wieso ich anfing an das Schicksal zu glauben und er ist alles was mein Herz begehrt. Alls, was ich je wollte. Ich begehre etwas, was nicht möglich ist.
Ich muss einfach es akzeptieren, das tat ich doch immer. Dazu bringt es jetzt auch nichts, wie sonst auch, wütend zu sein und meine Gewalt freien Lauf zu lassen. Das war doch immer ein kindisches Verhalten und ich muss jetzt damit abschließen. Er hat seine Ziele im Leben und er hat sich weiterentwickelt, während ich noch immer derselbe bin. Wenn er zurückkommt, muss ich ein neuer Mensch sein. Ich will nie wieder körperliche Kontrolle bei ihm verlieren. Aber eins wird niemals aussterben, meine Liebe zu ihm. Mein Abschluss habe ich schon, wie meine Volljährigkeit, das heißt, mein Leben kann starten.
Ein Leben ohne dich, Tooru.

„Fuck, ich kann das nicht", schluchzte ich. Die Tränen stiegen auf und tropften auf das Geländer meines Balkons. Ich liebe ihn doch, egal, wie viel Hass ich auf den Arsch projiziere. Einen Menschen, den man liebt, kann man nicht hassen. Seit ich denken kann, war er bei mir und das sollte nicht enden. Das will ich einfach nicht. Mein Blick richtete sich gen Himmel. Die Sterne lachten auf mich herab. Ein Lachen, genauso dämlich wie vom König. Langsam liefen die Tränen weiter meine Wangen runter. Unsere Zeit ist heute wohl schon um. Ich nahm mein Handy zur Hand, sofort blitzte der grelle Bildschirm mir entgegen. Es ist 23:48 Uhr. Wieder steckte ich es weg und betrachtete den Mond. Vielleicht sind dort Aliens, das denkst du wohl auch, Tooru.

„Ich würde dir das so gerne persönlich sagen, aber ich kann das nicht, trotzdem muss ich es aussprechen. Tooru, versprich mir, dass wir uns einander nie verlieren."

AdiósWo Geschichten leben. Entdecke jetzt