Treff mich in meinem Gefängnis, Baby

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Es waren nun bereits einige Tage vergangen, seit sich die Avengers endgültig auf dem Leipziger Flughafen entzweit hatten. Eine der vielen Folgen dieser ausgetragenen Auseinandersetzung waren die starken Verletzungen von Rhodey, der nach einem Fall von mehreren Metern hart auf dem Boden aufgeprallt war.

Von dem "Team Cap" hatte ich seither nur gehört, dass Steve und Barnes immer noch auf der Flucht waren. Natasha hatte ebenfalls kurz nach dem Kampf das Weite gesucht - Tony sagte irgendwas davon, dass sie dem Captain bei seiner Flucht geholfen haben sollte. Außerdem hatte ich auch gehört, dass der Milliardär kurzzeitig eine Spur von den beiden Soldaten gehabt haben sollte, doch jedes Mal, als ich ihn darauf ansprechen wollte, blockte er ab. Ich hatte daher geschlossen, dass ich das lieber nie wieder ansprechen sollte.

Was mich anging, es schien, als hätte ich eine leichte Gehirnerschütterung erlitten von den ganzen Malen, in denen ich entweder von Clint oder Wanda auf den Boden geschmissen wurde.

Es gab sowieso nicht viel zu reden, seit die übrigen Avengers alle wieder in unserem Hauptquartier versammelt waren. Wo vorher immer etwas los war, wenn Sam mal wieder eine seiner Lieblingsserien gucken wollte, oder Wanda aus Versehen den halben Trainingsraum zerstört hatte, war nun eiserne Stille.

Wir waren nur noch mickrige vier Personen - stark unterbesetzt, aber die Regierungen würden es sich nach diesem Debakel sowieso noch dreimal überlegen, ob sie uns einsetzen wollten, wenn es eine Kriese gäbe.

Ich hielt mich meistens an der frischen Luft auf, da ich die Stille im ganzen Gebäude nicht lange ertragen konnte - und selbst wenn jemand sprach, ich hatte die ganze Zeit das ungute Gefühl, dass noch etwas auf mich zu kommen würde. Da waren zum Beispiel die Andeutungen von Tony, dass sie einen Weg gefunden hätten, wie sie mich unter Kontrolle halten könnten, oder der Fakt, dass in ein paar Stunden so ein Futzi von der Regierung kommen würde.

Ich wollte gar nicht lange drüber denken.

Das Bett, in dem ich schlief, war leer, was eine ungewohnte Erfahrung für mich war. Wenn ich mir vor einigen Wochen noch gewünscht hatte, ein wenig Abstand von den anderen zu bekommen, war das nun viel zu viel Abstand. Vielleicht hatte ich Einsamkeit doch glorifiziert, oder vielleicht war ich einfach nicht mehr an die Einsamkeit, die ich oftmals in meinen Teenagerjahren erfahren hatte, gewohnt.

Es war ein Tag wie so viele, in dem ich einen Spaziergang über das Gelände, das ich doch mittlerweile in- und auswendig kannte, machte - auf der Suche nach Abwechslung, auch wenn es nur eine kleine wäre. Am Nachmittag, hieß es, würde jemand vom FBI kommen, und mich über die neuen Maßnahmen für "Menschen wie mich" aufzuklären.

Wie ich ja vor gut zwei Wochen gelesen hatte, affektierte mich das Abkommen mehr als jemand wie Tony oder Rhodey - wie es mit Vision aussah, wusste ich noch nicht einmal ganz. Bisher hatte ich dieses hübsche Armband mit der netten Standortbestimmung nämlich noch nicht bekommen, was auch einer der Gründe war, wieso ich das Gelände nur mit Aufsicht verlassen durfte. Und da war ja natürlich noch das gute alte BL03, von dem ich weder wusste, wer es hatte, noch ob sie es an mir benutzen würden. Ich konnte nur hoffen, dass sie mich darüber nicht im Dunklen lassen würden.

Mittlerweile bereute ich die Entscheidungen, die ich im Laufe der letzten Woche getroffen hatte. Wäre ich mit Clint abgehauen, wie er es mir von Anfang an vorgeschlagen hatte, würde ich hier nicht stehen und bald jeden Schritt, den ich machte, überwacht haben, oder ich würde gar meine Kräfte verlieren. Die sichere Karte zu spielen war am Ende vielleicht meine schlechteste Lebensentscheidung. Es war ja nicht so, als hätte ich noch irgendjemanden außerhalb dieses Teams, zu dem ich gehen könnte.

Ich kam an einem Ort vorbei, der am Rande des Geländes unter einem großen Baum war, wo Clint mich nach der ganzen Sache mit Ultron öfter hingebracht hatte, um mich wegen meiner plötzlich auftretenden Panikattacken ein wenig aus dem Trubel zu halten. Wenn ich meine Augen schloss, konnte ich immer noch seine Versuche mich zum Lachen zu bringen hören, während wir auf einer Decke im Schatten des Baumes lagen und immer unterschiedliches Obst in uns hereinschaufelten, als hätten wir seit Tagen nichts vernünftiges gegessen.

Marvel's Catastrophe⁶ ~ The Sokovia AccordsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt