Wieder im Geschäft

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Ich hatte es nicht vermisst, auf Missionen geschickt zu werden, bei denen ich jemanden ausspionieren sollte. Eigentlich war mein sechs monatiger Urlaub ganz erholsam.

Nun saß ich aber da mit einem anderen Gesicht - das Gesicht von meinem alter Ego Blaire Goldman - an einem Tisch in einem Fast Food Restaurant und schlürfte an einer Cola.

In meinem Blick war ein Mann, wie immer, wenn es sich um diese Branche handelte, mit schwarzen herunterhängenden Haaren, die sogar noch fettiger schienen, als die schon ziemlich Fett enthaltenden Pommes, von denen ich eben ein paar hatte. Ein kläglicher Versuch elegant zu wirken resultierte das zerknitterte schwarze Hemd mit der grauen Anzughose, denen man die Falten schon von der obersten Etage des Empire State Buildings ansehen konnte.

Aber hey, ich war ja nicht hier, um über sein Outfit zu urteilen.

Die Kleidung erledigte ihren Job, er fiel zwischen verschwitzten Touristen und mit Dreck besudelten Obdachlosen, die sich für wenig Geld eine Kleinigkeit zu essen besorgten, überhaupt nicht auf - genauso wenig wie ich, die nichts weiter als eine Wandershorts und ein weites T-Shirt trug, als wolle ich gleich eine Wandertour starten.

Sein Name war Benedikt Rossmann, angeblich machte er Geschäfte mit Crossbones alias Brock Rumlow, ein Mitglied von Hydra, das neuste Ziel von den Avengers seit wir uns in unserem neuen Hauptquartier eingerichtet hatten.

An seinem Tisch saßen zwei weitere Männer, einer hatte lange blonde Haare, der Andere eine Glatze. Beide sahen nicht wie der Typ Mann aus, dem man gerne nachts auf der Straße über den Weg lief.

Sie besprachen irgendwas, dem ich aus der Ferne nicht folgen konnte, und waren dabei immer bedacht nicht aufzufallen. Der Blonde schlürfte immer an einem Milchshake, bevor er seinen Mund aufmachte, um zu reden. Es war nicht sehr appetitlich anzusehen.

Auf einmal stand der Glatzkopf, der am Gang saß, abrupt auf und wedelte mit seinem rechten Zeigefinger vor Rossmanns Gesicht herum, dessen Ausdruck ich jedoch nicht erkennen konnte, weil er mit dem Rücken zu mir gewandt saß. Die anderen Gäste schenkten ihnen keine große Aufmerksamkeit, als würde das hier jeden Tag passieren. Auch die Bedienung an der Kasse mit ihren Dreadlocks schien die drei Männer zu ignorieren.

Mit seinen überdurchschnittlich großen Füßen trat der Glatzkopf auf ein Stück Papier auf den Boden, als er das Schnellrestaurant verließ. Auch dieses Mal schaute ihm niemand nach oder lästerte anschließend darüber, als wären die Männer für sie unsichtbar.

Der Blonde nickte Rossmann ausdruckslos zu und sagte etwas, bevor er von der Sitzbank rutschte und seinem wuchtigen Kollegen zu folgen.

Der Deutsche wartete ein paar Minuten still sitzend, in denen er in Ruhe sein Getränk austrank, bevor er sein Tablett wegstellte und aus dem selben Ausgang ging, den zuvor die anderen benutzt hatten.

Ich erhob mich von meinem Sitz, von dem ich alles gut im Blick hatte, und folgte ihm nach Draußen. Unterwegs stellte ich meinen halb-leeren Becher auf eine Erhöhung, an der ich vorbei kam. Dann stieß ich die Doppeltür auf.

Es war ein schwüler Tag in der Innenstadt von Berlin, aber es war voll in der Fußgängerzone. Meine Haare klebten in meinem Nacken, als ich vor dem Eingang stehen blieb und nach Rossmann Ausschau hielt.

Der Tag hatte ein ähnliches Klima wie der, an dem ich gestorben war.

Ach ja, da war es wieder. Ich musste andauernd daran denken und es half mir nicht wirklich, mit dieser ganzen Sache abzuschließen.

Eine Woche, nachdem wir in das neue Hauptquartier eingezogen waren, fing es an mich zu stressen, was auch immer mich an dem Tag begleitet hatte. Erst waren es die Schüsse, die ich manchmal von der Schießstation hörte, die in mir Angst auslösten, dann waren es Kleinigkeiten wie die Schwüle oder Gassen.

Marvel's Catastrophe⁶ ~ The Sokovia AccordsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt