Kapitel 14 - Nicht so empfindlich

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I


Wie sich herausstellte, war der strömende Regen ein echter Vorteil. Unter dem dichten Blätterdach traf kaum ein Tropfen auf Sydney, gleichzeitig verdeckte das Rauschen um sie herum ihre Schrittgeräusche und sie konnten sich ungesehen durch den Wald bewegen. Zumindest soweit Sydney das beurteilen konnte.

Die Größe des Waldes überraschte sie dann doch. Sie waren inzwischen einige Minuten unterwegs und rings um sie herum war inzwischen nichts weiter als Bäume. Auch der stehengelassene Wagen hinter ihnen war nicht mehr zu sehen und heimlich machte Sydney sich Sorgen, dass Ash falschen Spuren folgte und sie irgendwann einfach die nördliche Waldgrenze erreichen würden.

„Ich hoffe mal, Luka findet schnell heraus, wer unser Signal blockiert, dann könnte ich vielleicht endlich mal Hilfe anfordern", murmelte Ash, nachdem sie zum gefühlt hundertsten Mal auf ihrem Headset herumgetippt hatte. „Aber wahrscheinlich sucht er genauso planlos herum wie wir."

„Es war also nicht der Sendemast?"

„Leider nicht. Wäre wohl zu schön gewesen." Sie schaltete das Gerät wieder auf Standby. „Ganz ehrlich, das größte Problem ist, dass wir so ein gigantisches Gebiet abdecken müssen und nur zu zweit sind. Und ich dachte, das wird nur ein bisschen Bodyguarding für ne Woche."


Aber allen Sorgen zum Trotz fanden sie das Lager der Invasoren tatsächlich. Es war auch schwer zu übersehen, denn es war sogar noch größer als gedacht.

„Runter!"

Ash drückte Sydney tiefer ins Gebüsch. Ästchen stachen in Sydneys Seite und Arme, aber sie biss die Zähne zusammen, während Ash raschelnd neben ihr in die Knie ging. Vor ihnen konnte sie zwischen Bäumen und Sträuchern Bewegung erkennen, mehrere graue Zelte und vermutlich zwei bis drei gepanzerte Wägen wie den, den sie zurückgelassen hatten, notdürftig abgedeckt mit Abdeckplanen in Tarnfarben.

„Die haben da tatsächlich einen gesamten Campingplatz aufgebaut."

Die Zweige hingen hier sehr tief und sie waren noch weit genug entfernt, um keine Details erkennen zu können, aber man konnte den Lärm mehrerer durcheinanderredender Leute hören. Licht flackerte hier und dort, vermutlich diese elektrischen Outdoor-Lampen, die man in jedem Supermarkt kaufen konnte. Das war definitiv kein verlassener Außenposten und keine Gruppe Wanderer, die sich zufällig gerade inden Wald verirrt hatten.

Ash schob mit dem Arm ein paar Äste beiseite, um besser sehen zu können. „Okay", fing sie mit gesenkter Stimme an, „normalerweise würde ich ja einfach von hier aus alles plattwalzen, aber zuerst müssen wir deine Mutter retten."

„W-wie willst du das machen?"

„Ich werde hineinschleichen. Oder kriechen. Da, von der Seite wo die Wägen stehen." Sie zeigte in die Richtung. „Im Prinzip muss ich nur herausfinden, in welchem der Zelte sie ist, dann kann ich hineinstürmen und sie herausholen."

Das klang viel zu einfach und gemessen daran, wie Ash noch vor einer halben Stunde ausgesehen hatte, zweifelte Sydney daran, dass alles so ohne weiteres funktionieren würde. „Aber was, wenn sie alle bewaffnet sind", wagte sie zischend einzuwerfen.

„Ein paar Pistolenschüsse steck ich ein."

„Du vielleicht, aber meine Mutter nicht. Und was, wenn sie noch andere Sachen haben? Maschinengewehre oder Raketenwerfer?"

Ash wandte ihr den Blick zu, erst mit spöttischer, dann doch leicht besorgter Miene. „Ja okay, da hast du recht. Shit." Sie knirschte mit den Zähnen. „Die Sache ist, ich habe nur einen Vorteil und das ist immense Zerstörungskraft. Ich bin nicht wahnsinnig gut darin, zu schleichen oder zu infiltrieren."

Sydney, Ash & MonsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt