Kapitel 12 - Vorerst noch lebendig

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I


Noch war es ruhig. Es kam kein zweiter Angriff, während sie die Treppen nach unten gingen und die aufgebrochene Kellertür beiseite schoben, um in den Keller zu kommen.

Es half kaum.

Immer noch zitterten ihre Knie so sehr, dass sie Hilfe brauchte, um Treppen steigen zu können. Ash ließ es sich nicht nehmen, sie zu stützen und obwohl sie kleiner war, schien sie Sydneys Gewicht kaum zu stören.


Eines der Kellerfenster unten war aufgebrochen, wie ihr Zimmer oben, aber sonst war alles hier unten unberührt. Der fensterlose Raum mit den Konserven lag noch genauso da wie eh und je, inklusive der leichten Staubschicht, die sich auf den Dosen gebildet hatte. Mama schaltete die Deckenlampe ein, zog zwei Holzkisten hervor und setzte sich auf eine davon, bevor sie den Laptop neben sich an ein Regal lehnte.

„Sperrt die Tür von innen ab", wies Luka sie an. „Öffnet sie niemandem außer mir oder Ash bis wir wieder zurück sind. Antwortet auch niemandem."

Sydney hielt sich weiterhin an Ash fest. „Wie lang seid ihr weg?"

„Wir können euch nicht zu lange allein lassen, also sind wir in fünfzehn Minuten wieder zurück. Egal, ob wir das Problem lösen konnten oder nicht."

„Aber was, wenn ihr nicht zurückkommt?" Sie hielt den Arm nur noch fester.

„Sollte der Ernstfall eintreten, müsst ihr hier unten bleiben, bis unsere Leute nachkommen. Das kann bis zu vier Stunden dauern." Ash löste sich mit sanfter Gewalt von Sydney und schob sie zur zweiten Kiste, damit sie sich neben ihre Mutter setzen konnte. „Das Codewort ist Copperhead. Wenn sie das nicht sagen, sind es Fakes und ihr dürft auf keinen Fall die Tür öffnen. Alles klar?"

„Aber wieso bleibst du nicht da?"

„Weil Luka nicht allein alles machen kann, schon gar nicht mit seinen dicken Fingern. Ich weiß, es ist nicht ideal, aber wir sind nur ganz kurz weg. Verhaltet euch so leise wie möglich."

Sydney wollte etwas sagen. Dass es ihr leid tat, was sie draußen zu Ash gesagt hatte; dass sie Angst hatte; dass sie nicht wollte, dass das Mädchen nach draußen ging, wo die Monster waren – aber ihr blieben die Worte im Hals stecken. Ash drückte sie hinunter auf die Kiste, tätschelte ihren Kopf und verließ rückwärts gehend den Raum, nicht ohne noch etwas unbeholfen die Finger wie Pistolen in ihre Richtung zu halten.

„Keine Sorge, wird schon alles schief gehen. Bin in 'ner Viertelstunde wieder da."


Dann blieben sie und Mama allein zurück. Mama sperrte die Türe doppelt ab, schob eine Palette Coladosen davor und setzte sich dann wieder neben ihre Tochter. Aber da Sydney gesehen hatte, wie eines der Biester seine Hand durch eine solide Hausdecke gerammt hatte, zweifelte sie daran, dass eine Brandschutztür und zwölf Liter Saccharose ein großes Hindernis darstellen würden.

Sie zog die Beine an sich, verschränkte die Arme und legte ihre Stirn darauf – aber nicht lange, da sich sofort das unangenehme Ziehen in ihrem Rücken meldete.

„Ich wusste nichts davon", kam plötzlich schwach von Mama. „Ich wusste nicht, dass jemand wirklich angreifen würde."

„Aber wusstest du, dass die beiden so eine Art ..." Sydney ruderte hilflos mit einer Hand und suchte nach Worten. „... Superhelden sind?"

„Nein. Also, ja, ich wusste, dass sie mehr sind als nur zwei Teenager, aber nicht ... so etwas."

„Ihm ist ein Panzer gewachsen wie einem riesigen Käfer!" Sydney schüttelte den Kopf. „Und Ash kann Telekinese. Telekinese, Mama. Das ist wissenschaftlich nicht möglich, ist dir das klar?"

Sydney, Ash & MonsterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt