4. Dezember

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„Jaha, liebe Leute. Und die Schneemassen werden auch in der nächsten Zeit nicht mehr abklingen", sagt der Radiosprecher enthusiastisch, während ich mit meiner Gabel in den Stapel Blaubeerpancakes steche und mir einen auf den Teller ziehe. „Unser schönes Kanada wird dieses Jahr wirklich hart vom Schneewetter getroffen, alleine diese Nacht erwarten wir eine frische Schneedecke von ungefähr 25 Zentimetern, mit einem Ostwind von 20 km/h am Abend und einer daraus resultierenden Kälte von ungefähr minus sechzehn Grad. Schon am Nachmittag werden die Temperaturen bei minus zehn Grad liegen, und ich hoffe, dass ihr alle schon die Weihnachtseinkäufe getätigt habt, denn so wie es aussieht, wird es bis zum Weihnachtsabend so weitergehen."

Mit einer hochgezogenen Augenbraue nehme ich den Krug Ahornsirup, welcher direkt neben den Pancakes steht und verteile die zähflüssige Masse in einer kreisenden Form auf meinem Pancake.

Ein Grinsen stiehlt sich auf mein Gesicht, als ich meine kleine Schwester dabei beobachte, wie sie ihren Pancake in einem See aus Ahornsirup ertränkt und dann mit Blaubeeren einen Smiley darauf legt.

„Nennt man das Pancakes mit Ahornsirup oder Ahornsirup mit Pancakes?", frage ich und betrachte ihren Teller mit zusammengezogenen Augen.

Kaylie stopft sich mit der Gabel ein großes Stück in den Mund und zuckt mit den Schultern. An ihrem Kinn klebt etwas Ahornsirup und ich muss mich echt zurückhalten nicht die große Schwester raushängen zu lassen und es ihr wegzuwischen. Vor allem nicht mehr, seitdem meine kleine Schwester mich Größenmäßig schon fast überholt hat, was bei jedem so ziemliche Verwirrung auslöst.

Im Radio läuft jetzt ein Weihnachtslied, um das draußen stürmende Schneegestöber auch noch Musikmäßig zu unterstützen, wie der Radiosprecher vorher ankündigte.

Mit fast schon chirurgischer Akribität zerschneide ich meinen Pancake und schiebe mir mit dem Handgelenk eine meiner dunkelbraunen Locken aus dem Gesicht, die ich heute Morgen noch nicht in eine einigermaßen gute Frisur bändigen konnte, bevor ich mir das Stück in den Mund stecke.

„Warum grinst du so?", fragt Kaylie mit vollem Mund, ihre braunen Augen haben mich kritisch im Blick „das geht ja schon die ganze Zeit über."

„Wenn das so weiter geht", ich mache eine ausladende Bewegung zum Fenster, „dann werden wir definitiv nicht mit Familie Brodyn in den Urlaub fahren und das macht mich einfach glücklich."

„Ach daher weht der Wind."

„Was für ein Wind?", unterbricht mein Vater unser Gespräch und setzt sich, während er den Stuhl quietschend zurückzieht, rechts von mir an den Tisch.

Betont presse ich meine Lippen zusammen und stecke mir das nächste Stück meines Pancakes in den Mund.

„Wir sprachen gerade nur über das Wetter und, dass wir wahrscheinlich doch nicht mit den Brodyns in den Urlaub fahren werden", antwortet Kaylie.

Mein Vater fuchtelt mit der Gabel in der Luft herum und sieht nach draußen aus dem Fenster. „Ach, das wird schon. Wir werden das beste Weihnachten überhaupt haben."

„Das bezweifele ich", murmele ich leise und verdrehe meine Augen. Kurz muss ich mich schütteln, weil ich am besten mehrere Pullover über meinen Pyjama hätte ziehen sollen. Auch wenn ich die einzige im Haus bin, welche das wahrnimmt, bin ich mir sicher, dass unsere Heizung irgendwie kaputt ist.

„Wie bitte?"

Ihn ignorierend schiebe ich die Reste meines Pancakes zusammen und sauge mit ihm den überschüssigen Rest des Sirups auf, der noch auf meinem Teller klebt.

„Alory?" Seine Stimme zieht sich ein wenig zusammen und er lehnt sich nach vorne, um mit der Hand vor meine Gesicht herumzuwedeln.

Laut aufseufzend drehe ich mich zu ihm und schlage seine Hand weg, weil er es witzig findet, weiterhin damit zu winken. „Ich möchte nicht mit den Brodyns Weihnachten feiern, Dad."

Silent Sparkle - Adventskalender 2021Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt