XI. BROTHER

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[1138 Wörter]

𝚃𝚛𝚒𝚐𝚐𝚎𝚛-/𝙲𝚘𝚗𝚝𝚎𝚗𝚝𝚠𝚊𝚛𝚗𝚞𝚗𝚐: 𝙴𝚛𝚠𝚊̈𝚑𝚗𝚞𝚗𝚐 𝚟𝚘𝚗 𝚎𝚒𝚗𝚎𝚖 𝙱𝚛𝚊𝚗𝚍, 𝚃𝚘𝚍

Für eine Weile saßen die Beiden einfach nur so da, was Keiji immens beruhigte. Schließlich löste er sich vorsichtig und lehnte sich wieder zurück an die Bank.

»Danke«, sagte Keiji, seine Stimme klang fest und sicher und nicht so, als hätte er eben noch beinahe geweint.

»Kein Problem, Agaashe«, erwiderte Kotaro lächelnd und da fiel es Keiji auf. Er sprach seinen Namen falsch aus.

Vermutlich hatte er ihn davor aber auch schon so genannt, das wäre peinlich wenn er ihn jetzt korrigieren würde. »Was hältst du davon, wenn wir einfach schweigend dasitzen? Außer du willst durch den Markt gehen, das können wir natürlich auch machen! Willst du vielleicht etwas zu essen? Eine Kartoffelspirale vielleicht? Ich weiß eigentlich gar nicht, ob die wirklich so heißen. Es ist einfach eine- geröstete oder frittierte? Ich glaube frittierte, schmeckt ja ähnlich wie Chips! Warte, werden Chips überhaupt frittiert? Egal, Eine gefröstierte Kartoffel auf einem Spieß. Davor wurde sie aber in eine Spirale geschnitten, sonst würde es ja nicht Kartoffelspirale heißen. Ich weiß gar nicht, ob es wirklich so heißt-«

Schmunzelnd unterbrach Keiji Kotaros Redefluss. »Mir ist mehr nach schweigend hier sitzen. Aber wenn du möchtest, kannst du eine Kartoffelspirale holen«, meinte er und kramte in seiner Jackentasche nach Geld, ehe er etwas fand und Kotaro einfach ein paar Yen in die Hand drückte, von denen er ziemlich sicher war, dass sie ausreichen würden.

»Okay, mach ich!«, meinte Kotaro und sprang beinahe schon auf, ehe er sich auf die Suche nach dem nähesten Stand, der Kartoffelspiralen verkaufte, machte.

Es dauerte ein bisschen, bis Kotaro wieder zurückkam. »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ich musste erst einen Stand suchen und dann warten, bis ich endlich dran war. Aber jetzt bin ich wieder da. Hier dein Restgeld und deine Spirale!«, entschuldigte er sich, wobei er nur ein Nicken von Keiji bekam, das so viel wie »Ist schon gut« bedeutete.

Dann steckte Keiji das Restgeld weg, ehe er die Kartoffelspirale in seine Hand nahm und einen Bissen aß. Es schmeckte tatsächlich einfach nur nach einer Art Chips, aber so viel leckerer, da es frisch gemacht war. Während Keiji nun seine Spirale aß, wobei er sich mehrmals fragte, wieso Kotaro sich selbst keine gekauft hatte, saß Kotaro nur still da und sah sich ein bisschen um, beobachtete die Kinder beim Karussell. Er konnte auch ruhig sein, wenn er wollte.

Mindestens eine halbe Stunde saßen sie schweigend nebeneinander, auch wenn Kotaro anfing, sich etwas zu langweilen. Aber er wollte nicht von Keiji weggeschickt werden, weshalb er weiterhin nichts sagte. Keiji genoss die Stille sogar. Sie entspannte ihn, sodass er seinen Kopf schließlich langsam auf Kotaros Schulter ablegte. Damit hatte dieser aber gar nicht gerechnet und flippte innerlich aus. Äußerlich legte er einfach vorsichtig einen Arm um Keiji und hoffte, dass es ihn nicht störte. Was es nicht tat. Stattdessen lehnte Keiji sich noch näher an ihn.

Ein paar Minuten später schlug Keiji schließlich vor: »Wie wärs, wenn wir durch den Weihnachtsmarkt gehen? Du bist doch hier aufgewachsen, oder? Dann kannst du mich bestimmt etwas rumführen.« Sofort nickte Kotaro und ließ Keiji aufstehen, ehe er selbst aufstand.

»Willst du von vorne anfangen? Da hast du glaub ich auch noch nicht alles gesehen!« Keiji nickte und so gingen sie zurück zum Eingang, von wo aus Kotaro schließlich anfing, Keiji so viel wie möglich zeigte. Sie kauften sich auch Erdbeer-Banane Spieße mit Schokolade überzogen.

Gerade waren sie bei einem Stand, der Spielzeuge und Weihnachtsdeko aus Holz verkaufte. Keiji sah sich alles an, bis er schließlich bei einer Sache stehen blieb und es sich näher ansah. Es waren zwei Rentiere aus Holz, die auf einem kleinen Balken standen. »Yuuto hätte das hier geliebt«, rutschte es Keiji raus. Kotaro wurde sofort hellhörig.

»Wer ist Yuuto?«, fragte er vorsichtig. Seinen Fehler bemerkend, sah Keiji auf. Er überlegte ernsthaft, ob er Kotaro das anvertrauen sollte. Über die letzten Stunden hatte er den Älteren näher kennengelernt und er schien sehr vertrauenswürdig, auch wenn er etwas tollpatschig war. Ehrlich gesagt fand Keiji ihn sehr süß und er bemerkte auch die Mühe, die Kotaro sich machte, um Keiji einen schönen Tag auf dem Weihnachtsmarkt zu bereiten, aber auch, um Zeit mit ihm verbringen zu können.

Schließlich seufzte Keiji. »Yuuto war mein Bruder. Er ist vor etwa sechs Jahren gestorben. Er hat Weihnachten geliebt und wollte unbedingt einmal hier her, um Tokyos Weihnachtsmarkt zu erleben«, erklärte er und dachte, es würde Kotaro ausreichen. Keiji wollte ihn ja nicht mit seiner Vergangenheit traurig machen. Er stellte auch die Rentiere zurück und deutete Kotaro, dass er zum nächsten Stand gehen wollte.

Kotaro nickte, jedoch deutete er der Verkäuferin, dass sie die Rentiere für ihn reservieren sollte, sobald Keiji ihm den Rücken zugedreht hatte. Dann schloss Kotaro zu dem Jüngeren auf. »Erzähl mir mehr!«, forderte Kotaro ihn auf dem Weg zum nächsten Stand auf.

»Hm«, machte Keiji, ehe er die ganze Geschichte erzählte, während sie nebenbei noch den Großteil des Weihnachtsmarktes abklapperten.

Sein Bruder war vier Jahre jünger als er und immer sehr aufgeschlossen gewesen, hatte gerne geredet. Natürlich wusste er auch, wann er mal ruhig sein sollte. Er konnte Menschen unglaublich gut lesen und half ihnen gerne, wenn es in seiner Macht stand. Ihre Eltern fanden es zwar nicht so toll, wenn er einem Obdachlosen sein Essen schenkte oder Fremde umarmte, aber trotzdem hatten sie ihren Sohn geliebt. Wie konnte man auch nicht? Yuutos Leidenschaft war Weihnachten gewesen, er hatte unglaublich gern von der Bedeutung von Weihnachten gesprochen und sein Zimmer war an Weihnachten immer am meisten dekoriert.

Außerdem hatte er gerne seinem Großvater zugehört, wie dieser Geschichten erzählte. Leider war ihr Opa ein halbes Jahr vor Yuuto verstorben.

Vor sechs Jahren etwa, war es passiert. Das Haus hatte gebrannt und Keiji hatte sich selbst gerade noch so retten können, er hatte damit gerechnet, dass Yuuto längst aus dem Haus war und seine Eltern sich um ihn gekümmert hatten, doch als er draußen ankam, war sein kleiner Bruder weit und breit nicht in Sicht gewesen.

Das Haus war kurz darauf in sich zusammengefallen, wodurch niemand mehr hineingehen konnte, um Yuuto zu retten. Es war ein riesen Schock für die ganze Familie gewesen und seine Eltern hatten angefangen, sich immer mehr zu streiten, hatten dem Anderen immer die Schuld gegeben, bis sie schließlich zu dem Schluss gekommen war, dass Keiji Schuld gewesen war, weil er zuletzt aus dem Haus gekommen war.

Das war dann der Punkt gewesen, an dem Keiji von Zuhause weggelaufen war. Er hatte es nicht mehr ausgehalten und war dann nach Nagato in der Präfektur Yamaguchi gezogen, wo er schließlich Kenma kennengelernt hatte.

Als er mit seiner Erzählung fertig war, standen Keiji und Kotaro wieder bei der Bank, auf der sie zuvor gesessen hatten. Kotaro nahm Keiji in den Arm, während dieser sich an ihn klammerte und seinen Tränen, eher widerwillig, ihren freien Lauf ließ.

Family, KuroKen ʰᵘᶠᶠˡᵉˢᵗᵃʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt