II. FORGOTTEN

163 8 8
                                    

[1046 Wörter]

Als Kenma am nächsten Morgen aufwachte, war er sehr froh darüber, seinen Sport-BH und das oversized T-Shirt vom Vorabend anzuhaben, denn seine Dysphoria brachte ihn um. Genauso wie seine Kopfschmerzen. Der Alkohol war einfach zu viel gewesen.

Langsam setzte Kenma sich auf, wobei ihm erst dann auffiel, dass er untenrum komplett nackt war. Warte was-

Geschockt saß Kenma da, wagte es nicht, sich zu bewegen. Er befand sich definitiv in Tetsuros Schlafzimmer in dessen Wohnung, also konnte es kaum jemand anderes sein als- Kenmas Blick fiel auf den Schwarzhaarigen im Bett neben ihm- Tetsuro. Seine Augen weiteten sich. Er hatte tatsächlich mit Tetsuro geschlafen!

Nun doch, wie vom Blitz getroffen, aber dennoch bedacht leise, stand er leise auf. Seine Beine drohten, jeden Moment nachzulassen, also stützte er sich an den Nachttisch, während er sich runterbückte, um seine fehlende Kleidung aufzusammeln, die glücklicherweise direkt neben dem Bett auf dem Boden gelegen hatte. Mühevoll zog er sich diese dann auch an und schaffte es irgendwie, in die Küche zu gehen, wo er sich erstmal ein Glas Wasser nahm. Die Tür zum Schlafzimmer hatte er geschlossen, sodass er Tetsuro nicht stören würde. Während er trank, prasselten nun endlich die Erinnerungen der vergangenen Nacht auf ihn ein.

Sie hatten ein Taxi gerufen, der sie zu Tetsuros Wohnung bringen sollte. Zum Glück des Taxifahrers hatten sie während der Fahrt bloß ein paar Küsse ausgetauscht und hatten dann erst in Tetsuros Schlafzimmer richtig angefangen. Obwohl dahin zu kommen auch noch etwas gedauert hatte, da Tetsuro erst den Schlüssel ins Schlüsselloch und dann in die richtige Richtung drehen hatte müssen, um die Wohnung aufzuschließen und das hatte eine Weile gedauert.

Kenma stellte sein Glas ins Waschbecken, da würde es neben ein bisschen anderem dreckigen Geschirr nicht großartig auffallen, und ging ins Wohnzimmer. Dort legte er sich aufs Sofa und starrte an die Decke. Wie zur Hölle sollte er jetzt Tetsuro gegenübertreten? Oh mein Gott. Er hatte ihm seine Liebe gestanden! Und die Reaktion war nicht wirklich...vorhanden gewesen. Er wusste nicht, ob Tetsuro ihn einfach nicht gehört hatte, oder ihn ignoriert hatte, weil er ihn nicht zurück mochte und den Moment nicht zerstören wollte. Aber wenn Tetsuro aufwachte und sich daran erinnerte, dann standen die Chancen hoch, dass alles komplett komisch zwischen ihnen werden würde.

Kenmas Gedanken kreisten und seine Kopfschmerzen machten es nicht besser. Es war eigentlich bereits zehn Uhr morgens gewesen, aber es war Samstag und sie waren lange wach gewesen, also schlief Kenma schließlich wieder ein.

Tetsuro wachte um etwa dreiviertel drei nachmittags auf. Gähnend setzte er sich auf und streckte sich. Seine Kopfschmerzen waren ja nicht auszuhalten. Er hatte definitiv mit dem Alkohol übertrieben. Verschlafen rieb er sich über die Augen, wobei ein paar Erinnerungen vom Vorabend aufblitzten. Bierpong, Freunde vom College, Alkohol,.. Kenma. Mist, er hatte Kenma total vergessen! Was war passiert nachdem er sich weggesetzt hatte? So sehr er es versuchte, er konnte sich einfach nicht daran erinnern. Vielleicht sollte er einmal wach werden und dann Kenma anrufen, falls er nicht auf dem Sofa schlief. Mit einem totalen Kater stand Tetsuro langsam auf und beschloss, einfach gleich duschen zu gehen. Schnell sammelte er sich frische Kleidung, sowie die Schmutzige vom Boden auf und lief ins Bad. Dass er komplett nackt war, fiel ihm kaum auf, denn es war nicht das erste Mal, dass er so geschlafen hatte. Frisch geduscht ging er nun endlich in den Wohnraum, wo er Kenma auf dem Sofa schlafend vorfand. Mit einem Schmunzeln beschloss er einfach, Frühstück, naja eher Mittagessen, zu machen.

Das Essen stand bereits fertig auf dem Tisch, als Kenma endlich in die Küche kam und sich dabei über die Augen rieb. Tetsuro legte sein Handy weg, auf dem er ein paar Nachrichten gecheckt hatte und musterte den Jüngeren. »Gut geschlafen?«

Kenma nickte etwas, doch dann stockte er. Der Schlaf hatte ihn die Geschehnisse von der Nacht bereits wieder vergessen lassen, doch jetzt waren sie wieder da.

»Hunger?« Ein erneutes Nicken von Kenmas Seite, wenn auch etwas mehr angespannt als zuvor. Zu zweit aßen sie schweigend, wobei Kenmas Unwissenheit ihn beinahe in den Wahnsinn trieb.

»Sag«, fing Tetsuro schließlich an. »Wie sind wir überhaupt nach Hause gekommen? Ich kann mich an nichts mehr erinnern...«

Innerlich atmete Kenma erleichtert aus. »Wir haben ein Taxi gerufen und du bist dann direkt in dein Zimmer, also hab ich mich einfach aufs Sofa gelegt«, die Antwort kam schneller, als Kenmas Gedanken waren. Es war zwar nicht ganz die Wahrheit, aber es gab auch keinen zwingenden Grund, Tetsuro zu sagen, dass sie miteinander geschlafen hatten. Wozu er auch etwas zu nervös gewesen wäre.

»Okay«, nahm Tetsuro es einfach hin und aß zu ende.

Danach sprachen sie nicht mehr wirklich über den Abend. Sie verbrachten einfach einen netten Samstag als beste Freunde gemeinsam und sahen sich für die nächsten zwei Wochen nicht mehr, weil beide im Lernstress waren. Als der »Vorfall« nun schon vier Tage über zwei Wochen vorüber war, wachte Kenma auf und hatte direkt das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Sofort lief er ins Bad und übergab sich dort.

Den Rest der Woche verbrachte er Zuhause, in der Vermutung einfach nur krank zu sein und am nächsten Montag fühlte er sich auch schon wieder fit genug für die Schule. Tetsuro hatte zwar davon mitbekommen, war aber so mit Dingen fürs College beschäftigt, dass er keine Zeit mehr gefunden hatte, um Kenma zu besuchen und ihn vielleicht aufzuheitern, während dieser krank war.

Die nächsten zwei Monate trafen sie sich wieder ein paar Mal, aber auch nicht oft. Kenmas Abschluss rückte näher, doch die morgendliche Übelkeit hatte ihn nicht komplett verlassen und er musste sich mindestens zweimal in der Woche übergeben, doch er wollte sich davon nicht seinen Abschluss verhauen. Auch, wenn der Gedanke an die morgendliche Übelkeit ihm Panik bereitete, denn seine Periode war auch schon viel zu lange überfällig und er konnte zusehen, wie er langsam Gewicht zunahm. Das Ganze gefiel ihm gar nicht und doch wusste er, er konnte und wollte nichts dagegen tun.

Auch wenn er sich nicht wirklich bereit für eine Schwangerschaft fühlte und der Gedanke daran in ihm immer Dysphoria auslöste, er hatte das kleine, kaum vorhandene Wesen bereits ins Herz geschlossen und würde es sein Leben lang bereuen, dessen Leben beendet zu haben, bevor es überhaupt angefangen hatte.

Family, KuroKen ʰᵘᶠᶠˡᵉˢᵗᵃʳWo Geschichten leben. Entdecke jetzt