Ivys Heat dauerte drei Tage und in diesen drei Tagen war Elias fast die ganze Zeit bei ihm. Wie ausgehungerte Wölfe fielen sie übereinander her und gaben sich den Sünden des Fleisches hin als gäbe es kein Morgen. Elias hatte für die Dauer von Ivys Heat alle Dienstboten beurlaubt, so dass sie nicht gestört werden konnten.
In einer Art neurotischem Zwang wollte Elias sich wieder und wieder als übermäßig dominanter Alpha inszenieren. Ständig packte er Ivy in einem Klammergriff, drückte ihn gegen die Wand, auf den Schreibtisch oder in die Kissen und nahm ihn mit der Zärtlichkeit eines Presslufthammers. Dabei hielt er Ivy mühelos in der Position fest, in der er ihn haben wollte. Ivy beschwerte sich nicht; seine Heat hatte ihn in ein stöhnendes Bündel aus lüsternen Impulsen verwandelt. Bei dem x-ten „Ja, das gefällt dir, nicht wahr, du Omega-Schlampe?" musste er sich allerdings zusammenreißen, um nicht genervt die Augen zu verdrehen.
Nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht hatte Ivy zumindest einen Teil seiner geistigen Kräfte wiedererlangt. Nach Kräften bemühte er sich also, diese merkwürdigen Vorstellungen nicht zuzulassen, die ihn manchmal überkamen, wenn Elias seine Handgelenke fixierte und ihn nach unten drückte. Denn manchmal, wenn er nicht aufpasste, dachte er daran, wie es wohl wäre, wenn ihre Rollen vertauscht wären...
Am morgen des dritten Tages war Ivy wund und erschöpft, aber seine Heat war vorüber und er konnte wieder klar denken. Elias schlief noch, also bemühte sich Ivy, ihn nicht versehentlich zu wecken. Geräuschlos glitt er aus den Bettlaken und stand auf.
So langsam fühlte er sich neugierig – schließlich war alles um ihn herum neu und er hatte vorher nicht viel mehr als die eigenen vier Wände zu sehen bekommen. Nachdem er und Elias die letzten Tage lang quasi durchgehend Sex gehabt hatten, fühlte er sich auch nicht mehr so scheu. Ivy entschied, dass er das ganze Haus von oben bis unten erkunden wollte, angefangen mit diesem Schlafzimmer.
Klar, er hatte im Grunde schon viele Stunden hier verbracht, aber in denen war ein bisschen zu...beschäftigt...gewesen, um sich umzusehen. Leise begann Ivy die Schubladen und Schranktüren zu öffnen. Er fand Anzüge, Krawatten und andere Kleidungsstücke, an denen er vorsichtig schnupperte. Sie rochen nicht nach seinem Alpha sondern einfach nur frisch gewaschen, also legte er sie wieder zurück, aber nicht ohne sie vorher mit mathematischer Präzision neu zu falten. Ivy hatte schon immer einen Tick für Ordnung und Symmetrie gehabt.
Schließlich entdeckte er in einer Schreibtischschublade ein altes Foto in einem verstaubten Bilderrahmen. Er nahm es heraus und wischte es an seinem Nachthemd ab. Im Licht der morgentlichen Herbstsonne konnte er einen lachenden Jungen mit grauen Augen und dunklem Haar ausmachen. Hinter ihm standen ein Mann und eine Frau, die ihre Hände auf die Schultern des Jungen gelegt hatten.
„Leg das wieder hin."
Ivy sah auf – und bemerkte, dass Elias aufrecht im Bett saß und ihn feindselig anstarrte. Gehorsam legte er das Bild zurück in die Schublade und schloss sie wieder.
„War das deine Familie?", fragte er. Seine Stimme war leise und seltsam heiser. Er hatte seit Tagen keine vollständigen Sätze mehr geformt. „Sie sehen freundlich aus."
Elias stieß ein bitteres Lachen aus. „Das ist wahrscheinlich das einzige Foto, auf dem wir zu dritt drauf sind – und es war gestellt; für irgendeine Zeitschrift die einen Artikel über die wahnsinnig tolle Familie schreiben wollte, der der Fallstar-Konzern gehört. Der Fotograf hat alles dirigiert – dass ich lachen soll, dass meine Eltern zur Abwechslung mal so tun sollen, als würden sie sich für mich interessieren..."
Er brach ab, als er Ivys mitleidigen Blick bemerkte. „Hör auf mich so anzuschauen!", zischte er. Aber Ivy konnte gar nicht anders. Wenn der Omega ehrlich war, freute er sich über dieses kleine Stückchen Menschlichkeit und Verwundbarkeit, das er gerade an Elias entdeckt hatte, wie ein Ertrinkender über eine Flasche Wasser. Mein Alpha ist vielleicht der unsympathischste Mensch auf dem Planeten. Aber immerhin noch ein Mensch, dachte er. Wie beruhigend.
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Poison Hearts
RomanceIvy Steel ist der perfekte Omega - schön, sanft und unterwürfig. Doch als der herzlose Alpha Elias in sein Leben tritt, beginnt für Ivy ein unerbittlicher Kampf - wird er als das willenlose Spielzeug seines Alphas enden? Oder wird es ihm gelingen, d...