Kapitel 14: Frisch gebackene Kekse

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In den folgenden Tagen ging Elias Ivy aus dem Weg. Er verließ das Haus in aller Frühe, damit er Ivy nicht beim Frühstück gegenübersitzen musste, und verbrachte einen Großteil des Tages auf der Chefetage des Fallstar-Konzerns, umgeben von blitzenden Glasfassaden und katzbuckelnden Untergebenen. Wenn er wieder nach Hause kam, war es meistens schon spät abends.

Wenn er Ivy trotz allem einmal auf dem Flur begegnete - was leider vorkam, sie lebten ja schließlich im selben Haus - ließ Elias seinen Blick betont kalt und gleichgültig über den kleinen Omega gleiten. In diesem Stil hatte er die Interaktionen mit seinem Mate erfolgreich auf ein absolutes Minimum beschränkt.

Eines Tages sah Elias sich aber doch gezwungen, gegen Abend ein paar Stunden in seinem Arbeitszimmer zuhause auszuharren, da er eine Reihe wichtiger Akten aufbewahrte. Er verbrachte etwa eine kleine Weile konzentriert hinter seinem Schreibtisch, als jemand an die Tür klopfte.

„Herein", sagte Elias.

Die Tür öffnete sich. Ivy stand davor. Der kleine Omega hatte sich eine karierte Schürze umgebunden, die mit dem pinken und schnörkeligen Schriftzug ‚Home is where your omega is' bestickt war, und die ihm ein beinahe lächerlich häuslich-devotes Aussehen verlieh. In den Händen hielt er ein Tablett mit herrlich duftenden Keksen, von denen ein köstlicher Duft ausging. Er verharrte auf der Schwelle der offenen Tür.

„Ich...habe dir Kekse gebacken", sagte er schließlich. In den großen blauen Augen stand eine Spur Unsicherheit. Der unterschwellige, ätzende Spott, den Elias inzwischen von seinem Omega erwartete, blieb völlig weg.

Elias verzog die Lippen zu der Imitation eines Lächelns. „Wie nett", erwiderte er angespannt.

Mit ein paar grazilen Schritten trat Ivy ins Zimmer und nährte sich dem Schreibtisch. Angekommen, stellte der Omega das Tablett auf die freie Fläche vor Elias. Der saphirblaue Blick wanderte über das Gesicht des Alphas, bevor der Omega nach einer kleinen Weile zögerlich in Richtung der Kekse wies und verhalten sagte:

„Die Köchin meinte, das wäre deine Lieblingssorte. Sie sind mit Schokolade."

Elias antwortete nicht sofort, stattdessen legte er den Kopf schräg und starrte seinen Omega unverwandt an. „Was soll das, Ivy?", fragte er schließlich gedehnt.

Einen Moment lang schwieg der Omega. Seine ausdrucksstarken Augen glänzten in einem Echo der empathischen Empfindsamkeit, die ihn einst so oft in Tränen hatte ausbrechen lassen. Er biss sich auf die Unterlippe. Neun Finger nestelten nervös an dem Saum der karierten Schürze.

„E-elias", sagte er schließlich mit zarter Stimme, „Ich denke, wir sollten reden."

Elias sagte nichts.

Ivy trat ein winziges Schrittchen näher an ihn heran. Seine Fingerspitzen strichen über das polierte Holz von Elias' Schreibtisch.

„Du gehst mir aus dem Weg", bemerkte er mit weicher Stimme. Ach, wie engelsgleich und vertrauenserweckend diese sanfte Omega-Stimme doch klang! Aber Elias ließ sich davon nicht beeindrucken. Er war nicht länger blind für die verdrehte, perverse Ruchlosigkeit des kleinen Omegas und ließ sich nicht länger von einem pseudo-unschuldigen Augenaufschlag hinters Licht führen.

„Tue ich das?", fragte er. „Ist mir gar nicht aufgefallen."

Ärger flackerte in diesen hübschen, blauen Augen auf, doch bereits eine Sekunde später war das Gefühl wieder aus dem ebenmäßigen Gesicht verschwunden. Ivy seufzte, schwieg einen Moment, und sagte dann mit feucht schimmernden Augen:

„Elias, ich habe dich verletzt. Es tut mir leid. Ich hätte wissen müssen, dass du....noch nicht bereit warst."

Elias' stahlgraue Augen wurden zu Schlitzen. Er fletschte die Zähne. Einen Moment lang zog er in Erwägung, die kleine Lampe von seinem Schreibtisch zu nehmen und Ivy damit den Schädel einzuschlagen. Aber er wusste, dass der Mondstein ihn davon abhalten würde, Ivy zu verletzen. Kurz rang er mit sich, dann hatte er den Impuls wieder unter Kontrolle.

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