Kapitel 27

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Flamme schaute sie an. »Deine Schwester, wie ich annehme, habe ich in einem Seitengang gefunden. Sie ist gerade dabei, eine weitere kleine Maus zu verspeisen«. Ein riesiger Stein fiel von Wasserpfote's Herzen. Vielleicht schafften sie es ja doch noch nach Hause.

Plötzlich hörte sie Pfotenschritte und fuhr herum. Mondpfote tappte aus einem Tunnel, leicht schwankend und zitternd, mit wasserdurchtränkem Fell. Erst jetzt fiel Wasserpfote auf, wie mager ihre Schwester eigentlich war. Wahrscheinlich sah sie selbst nicht besser aus.

»Wasserpfote!« Mondpfote starrte sie an. »Mondpfote!« Wasserpfote sprang auf, rannte zu ihr und rieb ihre Nase an die ihrer. Der vertraute Geruch ihrer Schwester stieg ihr in die Nase. »Das haben wir nur Flamme zu verdanken«, murmelte Mondpfote. »Ich weiß, er hat was gut bei uns«, gab Wasserpfote zurück.

Sie drehte sich wieder zu Flamme um. Flamme musterte sie mit seinen braunen Augen. Dann sagte er: »Ich würde sagen, ich führe euch Mal am besten von diesem Berg. Wie ich mitbekommen habe, wisst ihr nun, wo ihr lang müsst. Und außerdem hat es mich schon einiges an Zeit gekostet, diese beiden kleinen Mäuse aufzutreiben. Viel mehr werden wir hier wohl nicht finden«.

Wasserpfote neigte den Kopf. »Danke, Flamme«. Mondpfote machte ebenfalls die Geste. »Ja, ohne dich wären wir wahrscheinlich auf diesem Berg verhungert«.

Flamme schnurrte. »Nun dankt mir Mal nicht zu schnell. Noch seid ihr nicht von dem Berg!«

Flamme kannte diesen Berg wirklich gut. Zielsicher führte er sie durch die Dunkelheit des Ganges hinab zu der Höhle.

Dieses Mal kam es Wasserpfote gar nicht so lang vor, doch als sie unten ankamen, war sie dennoch erschöpft und auch ein wenig verwirrt. Und zwar wegen Mondpfote. Sie alle waren auf dem Weg hier hinunter still gewesen, aber Mondpfote war komisch still gewesen. Und wenn Wasserpfote sie dann etwas gefragt hatte, klang Mondpfote's Stimme fern und abwesend.

»Können wir eine kurze Pause einlegen?«, schnaufte sie. Flamme nickte. »Natürlich. Schlaft ein wenig, in dieser Höhle ist es doch besser als auf einem Felsvorsprung draußen am Berg«.

Erleichtert, zumindest wieder in der Höhle zu sein, legte sie sich hin, schloss die Augen und schlief ein.

Eine Stimme weckte sie. »... der Zeit«. Das war Flammes Stimme. Wasserpfote hielt die Augen geschlossen und lauschte dem Gespräch zwischen dem Kater und ihrer Schwester.

Lange Zeit herrschte Stille, dann:
»Ich bin echt am verhungern und Wasserpfote geht es sicher auch nicht besser. Sollten wir sie wecken?« Wasserpfote stand auf und streckte sich. »Braucht ihr nicht, ich bin schon wach«, gähnte sie.

Mondpfote schaute auf. »Super!« Flamme stand auf und trottete zum Ausgang der Höhle. »Na dann - folgt mir!«

Erst gingen sie den Pfad entlang, den sie auch vorher gegangen waren, doch dann blieb Flamme plötzlich stehen. »Was ist?«, fragte Mondpfote verwirrt.

Flamme schaute nach oben. »Seht ihr diesen Felsvorsprung dort?«, fragte er und deutete mit dem Schwanz auf einen dunkelgrauen Fels, der aus dem Gestein ragte.

»Ja, wieso?«, fragte Wasserpfote. »Weil der Pfad, der von dort aus weitergeht, breiter und sicherer ist als dieser hier«. Wie gut, dass Flamme uns führt, dachte Wasserpfote erleichtert.

Flamme kletterte voraus. Es gab genug kleine Lücken, um sich fest zu krallen. Als Wasserpfote auf dem Fels ankam, fühlten sich ihre Krallen jedoch noch mehr verbogen an.

Flamme ging wieder voraus einen Pfad entlang, der breit genug war, dass zwei Krieger nebeneinander laufen konnten. Wasserpfote fühlte sich hier deutlich wohler; man war nicht immer kurz vor dem Absturz.

Der Pfad führte sie den Berg hinab und wurde sogar je tiefer sie kamen noch breiter.

Wieder blieb Flamme stehen. Doch diesmal sah Wasserpfote, was ihn dazu bewegte. Eine Lücke war in dem Pfad. Dahinter ging er ganz normal weiter.

»Der einzige Schwachpunkt dieses Weges«, erklärte Flamme. »Ich gehe zuerst. Springt lieber weiter als zu kurz«.

Mit diesen Worten nahm er Anlauf, sprang, und landete sicher auf der anderen Seite. »Jetzt ihr!«

Wasserpfote holte tief Luft und nahm Anlauf. Dann sprang sie ab - und landete auf der anderen Seite. Mondpfote folgte ihr. Puh...

Sie liefen weiter und Wasserpfote wurde wieder müde. Die Sonne ging langsam unter und färbte den Horizont rot.

»Wie weit müssen wir noch?« Wasserpfote's Pfoten drohten wieder nachzugeben. Sie konnte Flamme vor ihr nur noch schwach erkennen. Die Nacht brach herein.

»Warte. Merkst du, wie der Pfad immer breiter wird? Nicht mehr lange und wir sind unten«.

Diese Nachricht gab Wasserpfote neue Kraft und als sie den kleinsten Grashalm unten erkennen konnte, sprintete sie hinab.

Das Gras fühlte sich wunderbar weich und kalt an. Es kühlte ihre wunden Pfoten.

»Hier muss ich euch nun verlassen«, sagte Flamme. »Lebt wohl. Auf dass ihr eure Ziele erreicht«. Er neigte den Kopf. Wasserpfote wandte sich um und sah den roten Kater an.

»Danke, Flamme, du hast uns gerettet«. Wieder neigte sie den Kopf vor ihm. Mondpfote tat es ihr nach.

Flamme winkte ab. »Ach was. Endlich Mal wieder etwas Action in meinem Leben. Lebt wohl«. Doch noch bevor er sich abwandt und davon trottete, schaute er Mondpfote tief in die Augen und nickte so kaum merklich, dass Wasserpfote sich nicht sicher war, ob sie sich das eingebildet hatte.

Sie konnten es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen. Egal, wie erschöpft sie waren, sie vergaßen es und jagten über die Wiesen Richtung zu Hause, bis sie einfach nicht mehr konnten und schwer atmend ins Gras fielen. Ehe sie dagegen etwas tun konnte, fielen Wasserpfote die Augen zu.

Sie erwachte durch einen warmen Sonnenstrahl, der ihr in der Nase kitzelte. Mit einem Nieser saß sie aufrecht. Mondpfote war neben ihr und aß ein Eichhörnchen. Daneben lag eine Amsel.

»Für dich«, sagte sie und deutete auf die Amsel. »Ich war jagen«. »Danke!« Wasserpfote leckte ihr schnell über die Ohren und biss herzhaft in die Beute. Sie schmeckte wunderbar.

Wasserpfote drehte ihren Kopf in Richtung der Clanterritorien. Sie konnte sie nicht sehen, doch sie wusste, dass sie dort lagen. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrem Herzen aus.

Wir kommen wieder.

Warrior Cats - heißes Feuer                                               BAND 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt