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Als ich Zuhause ankomme ist es bereits Nachmittag. Ich denke nicht mehr viel über die Geschehnisse mit Felix nach. Für mich ist alles was mit ihm zutun hat nur ein Spiel um mich vom eigendlichen Leben abzulenken. Natürlich war mir bewusst das dieß ein ziemlich toxisches Spiel mit mir selbst war, aber dennoch war es genug um nicht total in all der Trauer und Wut zu versinken die sich immer mehr in mir aufstaute. Genervt über den Schnee, klopfe ich mit voller Wucht meine Schuhe vor der Haustür ab, als ich plötzlich meine Mutter am ende des Flures höre. Ihre Stimme klingt so fröhlich wie schon lang nicht mehr und als ich mich umdrehe um nach ihr zu sehen, glaube ich das ich dem Glück höchst persönlich entgegen sehe. Meine Mutter umarmte mich sogut wie nie. Für sie hatte körperliche Nähe noch weniger bedeutung als emotionale. Ihre Arme umschlingen meinen Körper. Wie angewurzelt stehe ich nur da und bedenke nun zum zweiten mal an diesem Tag wie Absurd diese Situation ist. Meine Mutter denkt ich sei bei meinem Freund, dabei rieche ich wahrscheinlich nach purem Sex mit jemand anderem. Als sie langsam von mir ablässt grinst sie nur und nimmt mir meine Tasche ab. Mit der anderen Hand winkt sie mich in Richtung Küche. Verwirrt laufe ich ihr hinterher, als ich sehe wie unser Tisch aussieht. Er ist voll mit Kerzen und sogar Rosenblüten liegen dort drauf. Auf den Tellern sind kleine Herzen aus Soße gemalt. Benno und Ben sitzen brav am Tisch, doch nur einer von Ihnen strahlt so glücklich wie meine Mutter. Benno.
"Endlich bist du Zuhause, Jülie! Wie war es bei deinem Freund?", fragt Benno glücklich.
Panik steigt in mir hoch dass das hier ein Test sein könnte. Vielleicht hatte Zac meiner Mutter die Warheit gesagt, auch wenn er keine Ahnung davon hatte das ich die Trennung überhaupt geheim halte. Benno blickt mich noch immer neugierig an und meine Theorie scheint mir dadurch immer unglaubwürdiger. Zudem hatte ich ein gewisses Vertrauen in Benno gelegt, seitdem ich mich mit meinem Spiegel halb aufgeschnitten hatte. Er hatte nie ein Wort darüber verloren, genauso wenig wie Ben. Als ich zu ihm sehe, glaube ich fast er würde weinen. Er sieht aus als würde seine gesamte Welt gerade in tausend Teile zerfallen. Er erinnert mich an mich selbst. Er sieht so traurig und fast schon fassungslos enttäuscht aus. Die Stimmung im Raum ist kaum einzuordnen.
"Gut. Er hat für mich gekocht", antworte ich lächelnd.
Spontan hatte ich mich dazu entschieden all das erlebte bei Felix, mit Zac einzutauschen. Es würde sowieso keiner wissen.
Benno nickt eifrig und zeigt mir einen Daumen nach oben. Ben hatte seinen Blick geändert und sah nun unter den Tisch, als wollte er sich verstecken. Eingeschüchtert über die gesamte Atmosphäre entscheide ich mich dazu mich mit an den Tisch zu setzen. Als meine Mutter sieht das ich sitze, eilt sie schnell dazu. Benno und meine Mutter blicken sich eine Weile nur über den Tisch hinweg an, bevor meine Mutter zu meiner rechten Hand greift um sie zu halten. Sie sieht mich durchdringend an und aus dem Augenwinkel sehe ich wie Benno, Ben zurechtweist das er doch bitte mal lächeln solle.
"Ich weiß das du lieber in Hamburg geblieben wärst, Jülie. Du dachtest solange das sei unser Für immer", sie hält kurz inne um Tränen zurück zu halten.
Irritert blicke ich sie fordernd an weiter zu sprechen, doch Benno übernimmt verständisvoll weiter ihre Rede.
"Manchmal kommen die Dinge anders als wir sie erwarten", setzt Benno an, doch meine Mutter unterbricht ihn erneut.
Sie setzt sich aufrecht vor mir hin und drückt jetzt noch fester meine Hand als zuvor.
"Ich habe mein Für immer gefunden. Unser Für immer", flüstert meine Mutter, als sie schließlich doch beginnt zu weinen.
Verwirrung breitet sich in meinem Körper aus. Mein Kopf ist leer und der einzige Gedanke den ich habe ist das ihr etwas schlimmes passiert sein könnte. Hoffnung überrollt mich das sie wieder umziehen wollte, doch bevor ich voller Hoffnung und Euphorie meine Fragen stellen kann, zerplatzt alles.
"Wir heiraten", ist das letzte was ich höre, bevor sich meine Hände so anfühlen wie an dem Abend an dem ich meinen Spiegel zerstört hatte.
Ben presst sich wütend auf die Lippen, bevor er seinen Vater laut anschreit das er nicht auf ewig hier bleiben möchte. Seine Worte klingen wie kleine Bomben die aus Bennos Freude, blanke Trauer machen. Ben schreit und schlägt um sich herum. Er zeigt auf mich und sagt das ich auch nicht glücklich sei. Überforderung überkommt meine Mutter, sowie Benno als sie versuchen ihn zu beruigen. Ich sitze nur da. Sehe Ihnen zu. Ben weint nun so bitterlich das es schmerzt. Die Erkenntnis darüber das ich nun Für immer in einem Albtraum stecken bleiben würde kam nie hoch. Mir war bewusst gewesen das meine Mutter eines Tages landen würde. Das es ausgerechnet hier war konnte ich erahnen. Ich schlucke tief meinen verbitterten Schmerz herunter und streiche meiner Mutter kurz über den Rücken bevor ich den Tisch verlasse. Ben schreit noch immer als ich nach oben laufe. Er klingt wie das innere meiner Seele und das macht mir Angst.
Ich überlege nicht lange als ich in meinem Zimmer ankomme ,meinen Albtraum noch schlimmer zu gestalten. Seufzend und mit leichtem Schock greife ich zu meinem Handy um ohne zu zögern Zac's Nummer zu wählen. Es dauert nicht lange, bis ich seine Stimme am anderen Ende der Leitung höre. Diesmal sind meine Hände ruhig und mein Atem regelmäßig. Ich fühle mich wie eine Leiche, die gerade versucht das letzte Stück Leben welches ihr ürbig bleibt anzurufen.
"Ist was?", seine Stimme klingt genervt.
Sie klingt nicht wie das Leben was ich mir erhofft hatte. Sie klingt wie ein Eimer voller zerstörter Hoffnung.
"Nein", flüstere ich in den Hörer, bevor ich auflege.
Wie erstarrt blicke ich auf meinen Handydisplay um zu begreifen was passiert ist.
Ich habe ihn angerufen wärend meine Klamotten nach denen eines anderen riechen. Ich werde mit meiner Mutter für immer in dieser Stadt voller Trauer Leben und das einzige bisschen Glück welches mich am Leben hält besteht aus purem Sex. Ich fühle mich so unglaublich lächerlich.

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