[thirty seven.two]

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Mingi PoV:

Der Himmel ist blau und von weißen Wolken bedeckt, die ihn als Teil eines perfekten Tages verwandeln. Warum?

Zwei junge Männer liegen mitten im Gras auf einem hohen Hügel , die Augen geschlossen und die warme Sonne scheint ihnen ins Gesicht. Wir sind frei und das zaubert uns ein breites Lächeln auf das Gesicht. Es ist zu lange her, dass ich mich so befreit gefühlt habe, so voller Energie, so sorglos. Einfach hier zu liegen und nichts von der Welt mitzubekommen, ist eine unglaublich schöne Tätigkeit.

Yunho liegt neben mir, in dem hohen Gras und spielt mit einem Grashalm zwischen seinen Zähnen. Der Wind weht durch sein Haar, kitzelt uns an den Beinen und wirbelt abgestorbene Blätter auf. Selbst die aufziehenden Wolken können mich nicht von meiner Fröhlichkeit abbringen, niemand könnte das, nicht einmal der Tod. Denn selbst wenn ich jetzt aus unerfindlichen Gründen sterben würde, würde ich glücklich sterben.

"Wusstest du, dass Wolken nur ganz viele kleine Wassertropfen sind, die sich im Meer unwohl gefühlt haben und deswegen hoch in den Himmel gewandert sind? Später bekommen sie jedoch Heimweh und fallen im Sturzflug zurück auf den Boden, um von dort aus wieder zum Meer zu gelangen. Verrückt nicht wahr?", spricht der größere Junge seine Gedanken frei aus.

Er hat die Hände hinter dem Kopf verschränkt und sein linkes Bein locker angewinkelt. Während er so erzählt, lausche ich gespannt und nicke interessiert nach jedem Satz.Andere würden dies tun, weil sie den Eindruck erwecken möchten, sie würden aufmerksam sein, jedem Satz glauben, obwohl sie insgeheim nicht einem einzigen Wort ihre Beachtung schenken. Aber ich glaube ihm jedes Wort, jeden Satz und jede einzelne Theorie.

Ich fühle mich frei in dem Moment, in dem ich meinem besten Freund zuhöre, der so enthusiastisch über Wolken und alle möglichen anderen Naturphänomene philosophiert. Noch nicht einmal auf dem Balkon hat er so entspannt und fröhlich gesprochen. Es scheint, als habe ihm die Unendlichkeit der Natur, des Raumes, der Zeit gefehlt.

"Meinst du die Regentropfen sind glücklich mit dem ewigen hin und her gerissen sein zwischen Himmel und Erde?", fragt ich ernst, "Oder würden sie lieber an einer Stelle bleiben und nichts von der anderen Seite wissen wollen?" Es klingt so plausibel, was Yunho über die Regentropfen gesagt hat, auch wenn es sicherlich nicht der wissenschaftlichen Realität entspricht.

"Ich weiß nicht", antwortet er zögernd, "Sag du es mir." Ich drehe meinen Kopf zu ihm hinüber und denke nach. Ich denkt lange und gewissenhaft. Schließlich ist es eine berechtigte Frage und nicht so einfach zu beantworten. Selbst wenn es eine einfache Antwort gäbe, wer sagt denn, es sei die einzige oder die einzig wahre? Nichts ist so weit erforscht, dass es hundertprozentig sicher ist, dass sich nichts mehr daran ändern kann. Denn woraus bestehen Quarks?

"Ich denke sie sind glücklich und traurig", verkünde ich meinen Entschluss, "Glücklich, wenn sie endlich ankommen, entweder im Himmel oder auf der Erde. Und wenn sie dann zu lange dort sind werden sie traurig, deswegen gehen sie. Es ist nicht wichtig, ob sie traurig sind, denn sie werden wieder glücklich, wenn sie weiterziehen. Sie ändern einfach das, was sie von ihrem Glück abhält, auch wenn es immer derselbe Zyklus ist. Es wird immer wieder schön für sie. Die neue Umgebung bringt sie auf andere Gedanken, bis sie sich wieder zu sehr daran gewöhnt haben."

Yunho liegt da und lächelt. Er lächelte, vermutlich weil er weiß, dass ich wohlmöglich Recht habe und weil er weiß, dass er jetzt frei ist. Wir sind jetzt beide frei. Doch für wie lange? Wie lange wird dieses Gefühl der Freiheit die qualvolle Realität verdrängen können, bis wir wieder unsere Lasten tragen müssen. Es ist verrückt. Wer sagt uns, was als nächstes passiert? Wer kann es uns garantieren, dass etwas als nächstes passiert?

Drapetomania || Yungi ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt