Mingi PoV:Ungeduldig sitze ich im Speisesaal, darauf wartend, dass die fünfzehn Minuten vorbei sind, bis ich endlich aufstehen kann. Die ätzende Katoffelpampe habe ich erst gar nicht angerührt, sonder stattdessen zwei Äpfel gegessen. Meinen eigenen und den meines Speisegenossen, welchem keine Äpfel schmecken. Mit den Beinen trete ich gelangweilt gegen die Metallbeine des Stuhls vor mir. Wieso dauert es immer so ewig, bis man wieder weg darf?
Als der Zeiger der großen Uhr am Ende das Saals auf Punkt Viertel nach Sechs zeigt, springe ich auf und bringe mein Tablett auf den Geschirrwagen. Die Aufseher schert es einen Dreck, dass ich den Raum ohne ihre Erlaubnis verlasse. Mein Ziel ist klar, also schreite ich auf direktem Weg in Richtung Dr. Kims Büro. Ich hätte ohnehin um halb Sechs meinen Termin, weshalb es sicherlich nicht stört schon vorher zu kommen.
Leider muss ich feststellen, als ich vor der Tür stehe, dass mein lieber Professor noch nicht zurück ist. Er erzählte mir, er würde den Nachmittag bei einer Fortbildung verbringen, aber pünklich zum Abendessen zurückkehren. Ein leichtes Gefühl von Misstrauen findet seinen Weg in mei Unterbewusstsein. Was, wenn etwas passiert ist? Oder er meinen Termin vergessen hat? Vielleicht auch absichtlich nicht kommt, weil ich ihm seine Freizeit raube?
Tausende Fragen und Hypothesen schwirren durch meinen Kopf, werden immer sekkanter und geraten durcheinander. Ein schrilles Fiepen dringt in meinen Gehörgang. Es klingt, als würde jemand mit einem Stück Kreide über eine Tafel kratzen. Wieso? Warum? Woher? Ob vielleicht? Aber? Sollte etwa? Könnte? Was wenn? Es wird lauter, immer lauter. Hört auf, hört auf! Geht aus meinem Kopf! Verschwindet! Es ist zu laut! Zu laut!
Machtlos presse ich die Hände auf meine Ohren. Jegliche Kraft verlässt meine Beine und ich sinke vor der Tür zu Boden. Die Augen fest verschlossen, in der Hoffnung, so wieder Kontrolle über meinen Körper zu erlangen. Mach, dass es aufhört. Es soll aufhören. Durch einen plötzlich auftretenden, stechenden Schmerz in der Wirbelsäule, ziehe ich die Beine ruckartig an die Brust. Dann wird alles Still. Das einzige was ich spüre, ist der kühle Boden unter mir und eine hölzerne Tür in meinen Rücken.
"Mingi", spricht eine vertraute Stimme, "Es tut mir leid, ich habe dich nicht erreichen können. Was machst du hier?" Vorsichtig öffne ich ein Auge und blicke direkt in das Gesicht Dr. Kims. "Ich dachte, sie kommen nicht mehr", murmel ich leise, während ich seine aufhelfende Hand annehme. Der Professor nickt nachdenklich. "Komm doch erstmal rein, dann können wir anfangen", mit einem Schlüssel schließt er die Tür auf, damit wir eintreten können.
Wie jede Sitzung setze ich mich auf das breite Ledersofa, während der Professor sich auf einem Sessel mir gegenüber niederlässt. Abwartend verschränke ich die Arme vor der Brust. "Ich wurde von einem alten Studienkollegen aufgehalten und geriet deshalb in den Feierabendverkehr. Ursprünglich habe ich Minseok Bescheid gegeben, dich zu benachrichtigen, dass ich mich verspäten werde, aber er hat dich, wie es scheint, nicht rechtzeitig erreicht."
"Scheint so", murre ich missmutig. Dr. Kim lässt seinen argwöhnischen Blick von seinem Notizbuch auf, über meine Haltung gleiten. Folgend seufzt er leicht gereizt auf und fährt sich durch die dunklen Haare. "Nun", beginnt er, "fangen wir an. Erzähl mal, wie war deine Woche? Gibt es etwas Erwähnenswertes, was ich zu Kenntnis nehmen sollte?" Mit dem Kugelschreiber in der Hand, blickt er mich erwartungsvoll an.
"Ich habe mich mit Yunho, wie soll ich es ausdrücken, angefreundet?", erzähle ich mit mehr oder weniger sicherer Überzeugung. "Der große Junge, den du im Krankenhaus getroffen hast?" "Ja, genau", bestätige ich, "Er ist.... nett und irgendwie freundlich. Ich verstehe mich gut mit ihm. Beinahe vertraue ich ihm sogar genug, um ihm über mein Leben zu erzählen, aber ich habe auch Angst, dass er dann Angst vor mir hat."
Dr. Kim hört mir genau zu und macht sich gewissenhaft Notizen: "Es ist gut, dass du ihm schon so viel vertraust. Ich bin mir sicher, dass Yunho ein guter Mensch ist." "Könnte ich ihn vielleicht am Wochenende besuchen?", frage ich hektisch, "Ich weiß, dass ich eigentlich erst nächste Woche wieder Ausgang habe, wegen der Sache neulich. Aber bitte. Meinetwegen verzichte ich dann auch auf den Besuch meiner Schwester. Obwohl... lieber auf den meiner anderen Freunde. Bitte?"
"Mh", bedenkt er, "Du hast mit deiner Aussage am Anfang schon so ziemlich ins Schwarze getroffen. Normalerweise würde dir kein Ausgang gewährt werden. Nun, ich würde Jongin fragen, ob er dich begleiten würde, allerdings unter einer Bedingung: Du verhältst dich gegenüber den Pflegern höflich und angemessen, was bedeutet, dass jeglicher Aussetzer sofort mir gemeldet wird und dein Ausgang wieder eingeschränkt wird. Meinst du, du schaffst das?"
Ein siegessicheres Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht: "Ich verspreche mein Bestes zu geben. Vielen Dank." "Kein Problem", zwinkert der Braunhaarige. Übermütig springe ich auf und will den Raul mit einer verabschiedenden Geste verlassen, als der Professor mich zurückruft: "Ab heute Abend wirst du eine neue Medikation bekommen. Wenn du die Liste haben möchtest frag nacher Minseok, wenn er vorbei kommt. Eines wird dir gegen den Gedankenüberfluss helfen, der dich in letzter Zeit öfter überkommt."
Etwas stutzig nicke ich nur und bedanke mich erneut. Diesmal mache ich meinen Rückweg aber auf einen Abstecher in das Gemeinschaftsbad. Der Pfleger dort gibt mir ein Handtuch und den Schlüssel zu meinem Waschspind. Dort nehme ich mir frische Klamotten und das widerwärtige zwei in eins Shampoo, welches uns von der Einrichtung gespendet wird. Zu meinem Glück habe ich den Duschraum ganz für mich alleine, denn der letzte kam mir gerade entgegen.
Wenn ich hier fertig bin, werde ich erstmal Yunho schreiben, dass ich warscheinlich kommen kann und danach eventuell mit meinen anderen zwei Freunden etwas chatten, bis ich das Smartphone abgeben muss. Mich interessiert brennend was den zwei so die letzten Tage wiederfahren ist, oder ob in der Schule was spannendes passiert ist. Manchmal wünschte ich wirklich, endlich wieder ein Leben außerhalb dieses Kastens zu führen. Bald, hoffe ich jedenfalls.
DU LIEST GERADE
Drapetomania || Yungi ✔
Fanfiction° Jeong Yunho ° Song Mingi - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - "Ich bin froh, dass du mit mir gegangen bist", flüstere ich , den Älteren zu mir ziehend. "Ich wäre nie alleine dort geblieben", lächelt Yunho und schl...