8. Gaius erklärt

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Als Gaius wieder nach hause gekommen war, schliefen Lorella und Merlin bereits. Deswegen tippelte er ganz leise über den knarzenden Holzboden. Doch auf einmal hielt er inne und lauschte ein paar Sekunden. Er konnte Merlins Stimme hören, doch was er da sagte, ergab keinen Sinn.

"Nein, das kannst du nicht tun! ... Arthur, du musst ... bleiben! Ich werde dich ... Nein ... was machst du hier ... Lora, wieso .... hast du das getan?!" sagte er zwischendurch Mal lauter, Mal leiser, sodass Gaius nicht verstehen konnte, was er zwischendurch von sich gab.

Er schlich zu Merlins Zimmertür, doch als er hereintrat, sah er einen völlig durchschwitzten Merlin, der sich in seinem Bett hin und her wandte und sogar drohte aus dem Bett zu fallen. Gaius rüttelte Merlin. 

"Merlin, wach auf. Es ist nur ein Traum!" doch er tat es einfach nicht und nuschelte weiter vor sich hin. Gaius nahm einen Eimer mit Wasser und goß ihn über Merlin, der daraufhin keuchend aufsprang und nach Luft rang. "Was ... was ist passiert?" fragte Merlin völlig benebelt und wischte sich das Wasser aus dem Gesicht.

Gaius atmete erleichtert auf und holte ihm frische Klamotten. "Du hattest anscheinend einen schlimmen Albtraum. Du hast irgendetwas von Arthur und Lorella gebrabbelt." sagte Gaius "Ich habe mir sorgen um dich gemacht!" "Wirklich?" fragte Merlin und fasste sich mit einem schmerzverzehrten Gesicht an den Nacken.

"Ja, wirklich. Aber auch gestern Morgen hab ich dich im Schlaf reden gehört." sagte Gaius besorgt "Was ist los Merlin? Auch Lorella scheint irgendetwas zu haben, mal abgesehen davon, dass sie beinahe gestorben wäre."

"Nichts ist los, es ist alles gut und diese Träume sind gar nichts!" sagte Merlin, als wäre es eine Kleinigkeit und versuchte Gaius dabei in die Augen zu sehen, was ihm ein mulmiges Gefühl bereitete. "Na gut, Merlin. Sag mir bescheid, wenn du darüber sprechen willst." er stand auf und lief ganz langsam zur Tür. Er wartete nur darauf, dass Merlin es sich doch anders überlegte und nachgab.

Merlin hatte ein schlechtes Gefühl dabei Gaius anzulügen, doch er konnte ihm doch nicht sagen, dass er in seinem Traum gesehen hatte, wie Lorella den König umbrachte und sich in eine riesige Katze mit Flügeln verwandelte.

Selbst wenn er schon an so ein Tier dachte, stiegen ihm Erinnerungen in den Kopf, an jemanden der genauso war wie sie, falls sich sein Traum bestätigte. Ein wildes Tier das fliegen konnte und einem Willen der bei Mitternacht nicht mehr der eigene ist und dazu noch diese Schüchternheit. Es erinnert ihn einfach zu sehr an Fraya.

"Gaius?" sagte er "Ja, Merlin?" antwortete Gaius der bereits an der Tür angekommen war "Ich habe es mir anders überlegt." "Tatsächlich?" "Ja, es ist eine etwas längere Geschichte." "Ich habe Zeit." sagte Gaius und setzte sich wieder zu Merlin, der bereits anfing über seinen Albtraum zu erzählen und seine Vermutungen die Lorella betraf.

Gaius hörte aufmerksam zu und unterbrach ihn kein einziges Mal. Als Merlin zum Ende kam, sah er ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an "Und? Was sagst du dazu?" Gaius schien nicht überrascht zu sein über das, was Merlin sagte "Ich glaube du könntest vielleicht sogar Recht haben, aber sicher können wir nicht sein. Vielleicht war dein Albtraum eine Warnung, oder eine Botschaft mit einer tieferen Bedeutung."

Merlin nickte in Erinnerungen an seinen Albtraum. "Warte hier, ich komme gleich wieder." sagte Gaius und ging aus dem Zimmer.

Als er wiederkam hielt er ein dickes altes Buch in den Händen, das er auf den Schreibtisch plumpsen ließ, dabei wurde eine riesige Staubwolke aufgewirbelt. Merlin stellte sich zu ihm und beobachtete das Buch gespannt "Das Buch der Alten Religion." seine Stimme war leise vor Spannung und er starrte auf jede einzelne Seite die Gaius aufblätterte, bis er dann an einer verharrte.

"Der Greif. Halb Adler, halb Löwe. Du bist so einem Wesen doch schon einmal begegnet, oder?" fragte Gaius.

Merlin nickte und schaute gebannt auf die zwei Seiten und besonders auf die Zeichnung:
Ein großer, massiger Körper mit dem Unterkörper eines Löwen und dem Oberkörper eines Adlers. Die gewaltigen Schwingen waren bedeckt mit braunen langen Federn und breiteten sich im ganzen Bild aus. Die Pfoten waren große Pranken eines Löwen aus denen riesige Messerscharfe Krallen rausragten. Daneben war ein Bild mit drei weiteren Abbildungen:

Die erste Abbildung war ein Greif mit weißem Fell und weißen Federn. Die zweite Abbildung war die selbe nur mit goldgelbem Fell und braunen Federn.
Und die dritte Abbildung war auch die selbe, nur dass dessen Fell so schwarz wie das eines Pumas und die Federn so dunkel glänzend wie die einer Krähe. 'Fraya...' dachte Merlin traurig.

Das verwirrte ihn komplett, denn dem Greif dem er begegnet war, glich eher die zweite Abbildung. Die erste war im völlig fremd, genauso wie die dritte. "Was bedeutet das, Gaius?" Gaius sah auf das Bild, wo sein Finger ruhte. "Ah hier. Je nach Jahreszeit entwickelt das Fell des Greifen, schon seit Geburt an, einen eigenen Rhythmus und passt sich der Temperatur an. Im Winter, wenn die Temperaturen kälter werden, färbt sich das Fell des Tieres weiß und wird Dicker, sodass es ihm die Jagd im Schnee erleichtert und vor der Kälte schützt.

Wenn der Frühling beginnt und die Temperaturen wärmer werden, verändert sich das Fell erneut und die weißen Haare fallen aus und es bekommt wieder das ursprüngliche braune Fell. Dieser Vorgang geschieht in weniger als einem halben Monat." erzählte Gaius und deutete abwechselnd auf die zwei Abbildungen.

Merlin verstand nun "Und als ich dem letzten Greif begegnet war, war es Anfang Sommer. Doch was hat es mit dem schwarzen Greif auf sich?" fragte Merlin erneut, doch Gaius schüttelte nur fraglich den Kopf "Hier steht nichts über einen schwarzen Greif geschrieben" Er deutete anschließend auf eine herausgerissene Stelle in der Seite.

"Wahrscheinlich stand an der Stelle, was es mit dem schwarzen Tier auf sich hatte, aber die ist weg. Aus welchem Grund auch immer." sagte Gaius bitter. "Weißt du auch wie alt er war?" fragte Gaius. Merlin zuckte mit den Schultern "Er schien noch sehr jung zu sein." sagte Merlin "Weißt du auch genau wie alt er war?" fragte ihn Gaius.

Merlin schüttelte erneut den Kopf. "Wie kannst du auch? Ein Greif kann um Rund 60 Jahre Alt werden und es ist sehr schwer einzuschätzen wie alt er genau ist. Bei uns erkennt man das an den Falten." Gaius lachte  und war gleichzeitig genauso erstaunt wie Merlin.

"Und was ist wenn dieser halb Mensch ist?" fragte er neugierig und Gaius wusste, dass er Lorella meinte. "Ich weiß es nicht." gab er zu "Aber, welchen Grund sie auch immer hat, weswegen sie hier ist und sei es auch nur eine Stelle als Dienerin hier am Hofe, wir wissen nicht, ob sie gute oder schlechte Absichten hat, also treffe keinen voreiligen Entschluss über sie!" mahnte er Merlin ausdrücklich und warf ihm einen warnenden Blick zu.

"Nein, das mache ich nicht, aber ich bin einfach so froh zu wissen, dass es hier noch jemanden mit Zauberkräften gibt!" sagte er fröhlich, doch Gaius blieb skeptisch "Das heißt aber noch lange nicht, das wenn es wirklich wahr ist, du weniger vorsichtig sein musst!" sagte Gaius "Ich passe schon auf. Das mach ich doch immer." sagte Merlin scherzend und bewegte sich zurück in Richtung Bett.

"Na gut, Merlin. Dann schlaf noch ein bisschen." sagte Gaius. "Ach, und das hätte ich fast vergessen. Du reitest Morgen früh mit Arthur zur Gebietsgrenze." erinnerte ihn Gaius "Danke, aber das hab ich schon bereits persönlich von ihm erfahren." antwortete ihm Merlin und legte sich in sein Bett. Gaius nahm sein Buch und verschwand mit einem leisen "Ruh dich aus." hinter der Tür. Merlin hörte noch ein leises Murmeln hinter der Tür.

"Lorella, du bist noch wach?" als er die Augen schloss und erneut einschlief.

Merlin - Die neuen Abenteuer - Im Bann des GreifenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt