Chapter 60

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C H A R L I E
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Immernoch völlig fassungslos beschließe ich, Jared einen Besuch abzustatten und ihn nach dieser Wette zu fragen. Ich kann mir unmöglich vorstellen, dass Mason so etwas erfindet, auch wenn er gegen unsere Beziehung ist. Ein Teil von mir will noch nicht mal realisieren, dass Jared so etwas hätte tun wollen.

Kurzerhand greife ich nach meiner Sporttasche und laufe in meinen Trainingssachen aus der Kabine. Der Weg von hier zu Jared würde etwas länger dauern, aber ich will unbedingt wissen, was jetzt wahr oder falsch ist.

Vielleicht hat Mason die Chatverläufe nur gefälscht? Aber wie soll ich mir dann Parkers Benehmen in den letzten Tagen sonst erklären?

Ich gehe schnell, mein Atem fängt langsam an, nur stoßweise zu gehen. In mir stauen sich die Gefühle, Wut und auch Enttäuschung bilden einen Knoten in meinem Hals. Wie soll ich reagieren, wenn es wirklich stimmt, was Mason behauptet?

Nach einer knappen Viertel Stunde komme ich endlich vor Parkers Haus an. Das Haus, welches für mich wie ein zweites Zuhause geworden ist, schon alleine wegen Liz.

Ich laufe den kurzen Weg hoch zur Haustüre und drücke energisch auf die Klingel. Meine Hände zittern und ich weiß nicht, wie ich Jared gegenüber treten soll.

Niemand öffnet die Tür und ich betätige die Klingel nochmal. Gerade, als ich schon gehen will, bemerke ich, dass die Tür nur angelehnt ist. Stirnrunzelnd öffne ich sie und stelle fest, dass alles ruhig unten ist.

Wie in einem Krimi, schießt es mir durch den Kopf und ich laufe langsam und so still wie möglich die Treppen hinauf. Alle meine Muskeln sind bereit dazu, jemandem eine runterzuhauen, wenn er mich angreift. Ich sollte definitiv weniger Filme schauen.

Ich erreiche Jareds Zimmer, aus dem plötzlich leises Mädchengekichere und eine gedämpfte Stimme dringt. Misstrauisch greife ich nach der Türklinke. Wieso zu Hölle kommt aus Jareds Zimmer Gekichere, wenn er krank geschrieben ist und die Tür unten nicht geschlossen war?

Wild entschlossen öffne ich die Tür und erstarre.

Genau in dem Moment, als die Türe aufgeht, keine Sekunde davor oder danach, legt Hannah ihre Lippen auf Jareds.

Ich wiederhole, Hannah küsst meinen Jungen vor meinen verdammten Augen.

„Ist das dein Ernst?", frage ich fassungslos und er springt von ihr weg. Hannah jedoch lächelt mich nur böse an.

„Charlie, ich..-", fängt er an, aber ich blocke sofort ab.

„Halt die Fresse. Wenn du mir jetzt mit 'Es ist nicht so, wie es aussieht' kommst, kastriere ich dich, du elendes Arschloch", sage ich, so ruhig wie möglich, und drehe mich um, um die Treppe runter zu stürmen.

„Warte, Charlie!", ruft er und läuft mir hinterher. Am letzten Treppenabsatz packt er mich am Arm und hält mich zurück.

Energisch versuche ich, seine Griffel von meinem Körper zu lösen und springe die letzten Stufen runter.

„Sie hat mich geküsst Charlie, ehrlich. Das hättest du nicht sehen sollen, ich war selber völlig überrumpelt. Was machst du eigentlich hier?", fragt er und versucht, die Situation zu erklären.

„Ich wollte mit dir mal kurz reden und stattdessen sehe ich, wie sich mein Freund an eine Andere ranmacht!", schreie ich wütend und atme tief aus.

„Was wolltest du denn mit mir besprechen?", fragt er verwirrt und mir fällt wieder der eigentliche Grund, weshalb ich hier her gekommen bin, ein.

„Mason hat mir da etwas sehr Interessantes gezeigt. Wann hattest du eigentlich vor mir zu sagen, dass das alles nur für eine Wette war?", rufe ich und er sieht mich stirnrunzelnd an. „Was für eine Wette?"

Ich lache gekünstelt auf.

„Oh, tu nicht so als würdest du nicht wissen, wovon ich rede. Er hat mir den verdammten Chat gezeigt. Wie konntest du nur, Jared?", meine ich völlig fassungslos und er rauft sich die Haare.

„Charlie, die Wette wurde abgeschlossen, bevor ich dich richtig kannte! Ich hätte doch nicht wissen können, dass ich mich in dich verliebe! Mach doch nicht so ein großes Drama daraus", gibt er zurück und ich sehe ihn enttäuscht an.

„Nicht so ein großes Drama? Junge, ich habe dir meine verdammte Jungfräulichkeit geschenkt, damit du eine beschissene Runde Bier ausgegeben kriegst!", schreie ich und nun prasselen alle Gefühle auf mich herab.

Es ist Wut, und auch ein wenig Hass. Hass auf die Welt, aber am meisten Hass auf mich selbst. Hass auf mich selbst, wegen meiner Naivität und meiner Dummheit.

„Wie gesagt, ich wusste nicht, dass es so ausartet. Als ich gemerkt habe, dass ich Gefühle für dich aufbaue, war die Wette für mich komplett irrelevant", antwortet er mir. „Man, hör auf zu weinen Charlie. Beruhige dich, ich will nicht, dass du wegen mir weinst."

Erst jetzt merke ich, dass die Gefühle anscheinend außer Kontrolle geraten und die Tränen meine Wangen herabfließen.

„Ich weine nicht, sicherlich nicht. Und schon gar nicht wegen dir. Ich hab nur was im Auge", gebe ich giftig zurück und er lacht auf.

„Ja, ist klar. Hör doch auf, so ein Theater zu machen. Glaubst du, diese mickrige Wette interessiert mich? Ich hätte mir sicherlich nicht so Mühe gegeben, nur weil ich dich ins Bett hätte kriegen wollen. Das hätte ich auch so geschafft, glaub mir. Jeder Mensch macht Fehler, Charlie", meint er leicht genervt und ich sehe ihn wütend an.

„Stimmt, ich habe auch einen gemacht. Aber der Fehler war nicht, dass ich mich verliebt habe. Sondern das ich dachte, du hättest dich auch in mich verliebt", gebe ich bitter zurück.

„Es tut mir leid, okay? Ist es das, was du hören willst?"

"Nein, ich will nur wissen, was dich dazu veranlasst, so eine abartige Wette abzuschließen und dann noch hinter meinem Rücken Hannah zu küssen."

Er seufzt und fährt sich über das Gesicht. Der Drang, ihn zu schlagen, wird immer stärker.

„Das mit Hannah, das war definitiv sie! Sie wollte mich, oder eher dich, sowieso nur provozieren und ich war nur geflasht. Wärst du nicht direkt in dem Moment reingeplatzt, hätte ich schon gehandelt. Und wegen der Wette, ich bin ein pubertierenden Junge und in dieser Zeit ist es nunmal so. Einmal ficken, weiter schicken. Verstehst du, was ich meine? ", fragt er und sieht mich eindringlich an. Wieder entlockt mir seine Aussage ein falsches Lachen.

„Du hast nur einen Schwanz, also brauchst du auch nur ein Mädchen. Aber weißt du was? Du hast die Wette gewonnen. Ich freue mich ja so für dich."

„Charlie, hör auf so rumzuzicken. Wieso machst du jetzt aus einer Mücke einen Elefanten?", fragt er nun, ebenfalls sauer.

„Du blickst es einfach nicht oder? Aber, du hast recht. Es ist egal. Herzlichen Glückwunsch Parker, du bist ab heute auf meiner 'Fick-Dich'- Liste. Du kannst mich mal, schönen Tag noch", sage ich, mache auf dem Absatz kehrt und stolziere aus dem Haus.

Ohne es zu merken, fangen meine Tränen wieder an zu fließen und das Letzte, was ich sehe, als ich zurückblicke, ist eine schadenfroh lächelnde Hannah am Fenster in der oberen Etage.

Bester FeindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt