Chapter 63

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L I Z
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„Hey, ich glaube, deine kleine Freundin macht einen Abgang", meint Tony, der Barkeeper, und unterbricht somit unser Gespräch.

Verwirrt sehe ich ihn an, doch er zeigt nur mit dem Finger in eine Richtung. Mit dem Drink in der Hand drehe ich mich auf dem Barhocker um und suche mit meinen Augen mein Blickfeld ab. Nach kurzer Zeit merke ich, was Tony meint.

Charlie läuft, an der Hand von Nico, Richtung Ausgang des Clubes. Misstrauisch sehe ich ihr nach, bis sie komplett in der Menschenmenge verschwindet und die Ausgangstür zufällt.

„Ich glaube, ich war ihr zu langweilig", lacht Tony und ich wende mich grinsend an ihn.

„Nein. Sie war eigentlich nur hier, um ihrem Freund eins auszuwischen"; antworte ich geistesabwesend.

„Ich denke mal, dass dieser Typ da, mit dem sie gerade gegangen ist, keine anderen Zwecke erfüllen wird. Was hat der böse Junge denn getan, dass sie so auf Rachefeldzug geht?"

„Keine Ahnung, ich weiß selbst nicht so genau, was ich glauben soll. Er sei nur wegen einer Wette mit ihr zusammengegangen und sollte dann vor ihren Augen eine andere geküsst haben. Einerseits will ich ihm dafür kräftig in den Arsch treten, er ist noch dazu mein Stiefbruder. Anderseits kann ich mir nicht vorstellen, dass es seine Absicht war. Er hat sich noch nie so wirklich für ein Mädchen interessiert, bis Charlie kam. Wenn ich so darüber nachdenke, war es eine ziemlich bescheuerte Idee, die noch dazu von mir kam, hier in den Club zu kommen und Charlie so stark von einem Racheplan zu überzeugen. Der Typ, mit dem sie gerade mitgegangen ist, ist so ziemlich die einzige Person, die Jared über alles und jeden hasst. Ich denke, dass wird ziemlich viel Stress geben und ich bin mir ziemlich sicher, dass Charlie es eigentlich gar nicht will. Und das alles ist auf meinen Mist gewachsen", sage ich ehrlich und er lächelt mich liebevoll an.

Die laute Musik ist wie verschwunden und ich nehme nur noch ihn wahr. Es tut gut, sich jemandem anzuvertrauen und dabei auf keiner Seite zu stehen. Denn, ehrlich gesagt, kann ich mir Charlie und Jared getrennt niemals vorstellen. Und ich will nicht daran Schuld sein, dass Charlie etwas tat, was sie später vielleicht bereuen würde.

„Ach Quatsch, das ist doch nicht deine Schuld", muntert er mich auf.

„Doch, und wie. Oh Gott, ich bin so dumm. Was soll ich denn jetzt machen? Ich kann sie doch jetzt nicht einfach losziehen lassen", meine ich verzweifelt und raufe mir die Haare.

„Fahr ihr hinterher?", schlägt er vor, doch ich schüttele nur den Kopf.

„Ich habe weder einen Wagen, noch einen Führerschein. Wir sind zu Fuß hier."

„Ich kann hier leider nicht weg. Ich habe Schicht bis sechs Uhr in der früh, bis dahin ist es wahrscheinlich schon zu spät. Vielleicht solltest du ihren Freund, oder Exfreund, was auch immer, informieren."

Ich hebe den Kopf an und denke nach. Vielleicht ist es tatsächlich besser, Jared Bescheid zu sagen und vielleicht können sie sich so wieder vertragen.

„Okay", seufze ich. "Ich gehe raus zum telefonieren. Wahrscheinlich werde ich nicht mehr reinkommen. Soll ich dir meine Nummer geben?", frage ich lächelnd zu Tony und er nickt grinsend.

Sein Arm greift unter die Theke und er holt einen Kugelschreiber hervor. Schnell kritzele ich ihm meine Nummer auf den Arm und drücke ihm einen Kuss auf die Backe.

„Danke, dass du einer verzweifelten, kleinen Fremden zuhörst", flüstere ich ihm ins Ohr, bevor ich mich zurücklehne und von dem Barhocker steige.

„Keine Ursache", grinsend winkt er mir noch einmal, bevor ich mich umdrehe und aus dem Club eile.

Die Kühle schlägt mir wie eine Faust ins Gesicht und ich fröstele, als ich nach meinem Handy krame. Hektisch suche ich nach Jareds Nummer in meiner Kontaktliste und hoffe insgeheim, dass Charlie sich vielleicht doch unentscheidet oder dass die Situation ganz anders ist als es scheint.

Das altbekannte, nervende Tuten ertönt und meine Hände fangen an zu zittern. So oder so, es wird mächtig Ärger geben, vorallem, wenn ich zugeben werde, dass es meine Idee war in den Club zu gehen.

Jared Stimme klingt genervt, als er ans Handy geht und ein 'Hallo' von sich gibt.

„Jared? Hier ist Liz", meine Stimme zittert ebenfalls und klingt viel zu dünn. „Wir haben ein kleines Problem. Es geht um Charlie."

Sofort wird seine Interesse geweckt.

„Was ist passiert? Wo seid ihr?", fragt er und ich seufze.

„Vor der Bar in der Elmaghe Street. Komm mich bitte abholen, schnell. Es ist wichtig."

Warte, wa..", - bevor er weiterreden kann, drücke ich auf das rote Symbol und stecke mein Handy weg. Ich hoffe, dass er mich ernst nimmt und wirklich kommt. Denn wenn nicht, bin ich mit Charlie dazu ziemlich am Arsch.

Als aber kurze Zeit später der schwarze Audi von ihm vor mir erscheint, atme ich erleichtert aus. Mit schnellen Schritten laufe ich zur Beifahrerseite und springe rein.

„Wo ist Charlie?", fragt er verwirrt und ich meide seinen Blick. Jetzt oder nie.

„Jared, ich habe Scheiße gebaut. Charlie war so fertig und ich konnte sie so nicht sehen. Ich habe sie davon überzeugt, mit mir feiern zu gehen und einen Typen aufzureißen, um dich eifersüchtig zu machen", gestehe ich und seine Faust verkrampfen sich um das Lenkrad.

„Du hast was?", fragt er gefährlich ruhig.

„Das Schlimste kommt noch. Charlie hat das Ganze tatsächlich durchgezogen. Und der Typ, den sie sich geschnappt hat, ist Nico", meine ich und atme tief aus.

„Scheiße, das ist nicht dein Ernst?", fragt er fassungslos. Ich sehe ihm in seine Augen, in denen sich Verletzlichkeit und Wut spiegeln.

„Ich..- ich wollte das doch nicht mal. Ich hätte niemals gedacht, dass sie es tatsächlich durchzieht. Aber sie war so wütend Jared, so verletzt. Du..- du musst sie aufhalten, bevor sie etwas tut, was sie gar nicht will", klage ich weinerlich.

Er sitzt still dran und starrt aus dem Fenster. Die Ruhe macht mir ziemlich Angst, denn ich will nicht wissen, was für ein Sturm gerade in ihm tobt. Auch, wenn er ziemlich viel Scheiße gebaut hat, wurde ich immer mehr davon überzeugt, dass er das alles garnicht gewollt hat. Und Charlie, Charlie tut es bewusst.

„Man Jared, sag doch was!", motze ich schließlich und er lacht verbittert auf.

„Was soll ich denn sagen? Yey, Nummer zwei, die mir Nicos Crew weggeschnappt hat? Oh mein Gott und ich wollte das ernsthaft mit Charlie klären. Ich hätte eigentlich nie gedacht, dass sie so schlampig ist. Aber daran sieht man ja, wie sehr man sich in jemandem täuschen kann."

Seine Worte sind wie Messerstiche und es idt alles andere als schön, ihn so über Charlie reden zu hören.

„Warte, was? Charlie tut das doch nur, weil sie verzweifelt ist! Komm schon, wir müssen sie davon abhalten", sage ich aufgebracht, doch er winkt ab.

„Weißt du was? Soll sie doch. Ab jetzt ist es mir scheißegal. Das Einzige, was wir jetzt machen, ist nach Hause fahren", sagt er und startet schließlich den Wagen. Er strahlt so viel Wut aus, seine Knöchel sind schon kalkweiß.

Und mir wurde schlagartig klar, dass Charlie und ich die Mission 'Jared eins auswischen' ziemlich verkackt haben.

Bester FeindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt