Chapter 2

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C H A R L I E
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„Und Sie sind?", fragt mich die dunkelhäutige Frau, die vor der Tafel steht und mich verwirrt und gleichzeitig erwartungsvoll ansieht. „Eine neue Schülerin", gebe ich kurz und knapp zurück. „Ah, wie heißt du denn?", fragt sie und lächelt mich daraufhin an.

Ich seufze und werde immer noch von den gelangweilten Blicken meiner Mitschüler durchlöchert. Ein leises Kichern ertönt und ich blicke in die zweitletzte Reihe, in der drei Mädchen sitzen und scheinbar mit den Gedanken ganz wo anders sind. Sie bemerken wohl meinen Blick und sehen mich alle drei gleichzeitig verächtlich an.

Während die eine mit ihren auffälligen, braunen Locken spielt und Kaugummi kaut, mustert mich die andere von oben nach unten.
Ich rolle mit den Augen und widme mich wieder der Lehrerin, die immernoch auf eine Antwort von mir wartet.

„Charlie. Charlie West", sage ich wieder an die Lehrerin gewand. Noch immer lächelt sie.
Okay Charlie. Die, die aus England kommt und in meine Klasse zugeteilt wurde?"

Ich würde gerne kontern oder etwas bissiges anmerken, doch nicke nur.

„Na gut, erzähl uns doch kurz was über dich."

Sofort bekommt sie einen Minuspunkt bei mir, denn wenn ich eins nicht verstehe, ist, wieso Lehrer so etwas von einem Schüler verlangen. Als wäre die Situation in einer neuen Klasse nicht schon peinlich genug.

„Ja, ich bin Charlie, siebzehn Jahre alt. Ich bin in London aufgewachsen, habe dort in einer Mannschaft Fußball gespielt und noch nebenbei gekickboxt. Mache ich aber nurnoch daheim", nuschele ich und betrachte dabei meine Nägel, die mal wieder eine Maniküre nötig hätten.

Einige in der Klasse werden unruhig, wahrscheinlich, weil sich nicht das Spektakel bot, das sie erwartet haben.

„Die Frage ist, wer denn genau beim Fußball rollt. Der Ball, oder doch eher du?", bemerkt ein Junge aus der letzten Reihe und bringt damit seine Freunde, die neben ihm sitzen, wie im Kindergarten zum Lachen. Verwirrt sehe ich an mir herab und bemerke, dass er mich gerade indirekt als dick bezeichnet hat.

Ich sehe in die besagte Reihe und blicke ihm direkt in die Augen. Provokant grinst er mich an, womit er mich vollkommen zur Weißglut treibt, ich es mir aber nicht anmerken lasse.

„Es zeugt nicht gerade von Selbstbewusstsein, wenn du jemanden wegen seinem Aussehen runtermachen musst. Außerdem scheinst du ja recht wenig Ahnung von Fußball zu haben. Haben die Lacher wenigstens dein Ego ein bisschen polieren können?", frage ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. Die Lehrerin stöckelt mit ihren Pumps durch das halbe Klassenzimmer und wedelt dabei mit dem Zeigefinger.

„Jared, kannst du dich nicht einmal deinem Alter entsprechend benehmen?", meint sie und bringt die Jungs damit wieder zum Lachen.

„Setz dich bitte, Charlie", sagt sie noch und sieht dabei weiter den besagten Kerl an.

Ich sehe mich nach meinem Sitzplatz um und entdecke einen Freien neben einem hübschen, blonden Mädchen. Sie grinst mich an und ich laufe schnell auf den Platz zu. „Ist der Platz hier frei?", frage ich sie höflichkeitshalber und sie nickt hektisch.

„Du hast gerade einen Konter gegen den Lieblingsspieler unserer Schulfußballmannschaft rausgehauen. Ich bin Liz" sagt sie und grinst weiter. Ich runzele die Stirn und sehe sie fragend an. „Ist das gut oder schlecht?"

„Naja, eigentlich lebensmüde. Bis jetzt hat sich natürlich noch niemand getraut, seine außergewöhnlichen und supertollen Fußballkünste und sein riesiges, glänzendes Ego in Frage zu stellen. Du kennst sie ja, die pubertären Kids", antwortet sie, während sie übertrieben gestikuliert und mich damit schließlich ebenfalls zum Lachen bringt.

„Siehst du die Reihe da hinten?" Sie zeigt unauffällig auf die Reihe der Jungs, die eine Tadel der Lehrerin über sich ergehen lassen müssen. „Das ist die Fußballer Reihe. Alle zehn in einem Team und natürlich alle total gut miteinander befreundet. Mason, Dave, Liam, James, Anthony, Jake, Owen, Logan und zu guter letzt natürlich Jared, sowas wie die verfaulte Kirsche oben auf der Sahnetorte", zählt sie auf und ich sehe mir einen nach dem anderen an. Es fällt mir nicht leicht, mir all die neuen Namen zu merken und zuzuordnen, weshalb ich beschließe, sie durchzunummerieren. Von Idiot 1 bis Idiot 10.

„Sag mal, weißt du, ob noch Platz im Team ist?", frage ich Liz flüsternd, da die Lehrerin bereits wieder an der Tafel steht, ihren Unterricht beenden will und uns mahnende Blicke zuwirft. „Ja. Ein Platz, einer ist vor Wochen ausgestiegen, weil er umgezogen ist. Seitdem haben sie noch keinen Ersatz gefunden. Wieso, was hast du vor?", fragt sie misstrauisch. „Nichts. Ich will nur ein wenig Fußball spielen. Vielleicht kann ich ihm dann zeigen, dass definitiv der Ball rollt", grinse ich und widme mich dann der Tafel. Liz lacht neben mir auf. „Du gefällst mir. Endlich mal eine Abwechslung zwischen diesen monotonen und langweiligen Leuten. Außerdem ist dein Akzent süß", bemerkt sie. Ich grinse sie an.

Ein gutes Gefühl zu wissen, dass ich vielleicht doch nicht so allein in dieser riesigen Schule sein werde.

Nach der Stunde zeigt mir Liz die Kurse, die wir als Klasse heute haben und erklärt mir den Plan, den ich von der Sekretärin in die Hand gedrückt bekommen habe.

„Na los, lass uns in die Cafeteria. Ich sterbe vor Hunger." Sie springt auf und wirft ihre Haare nach hinten. Sie sind nicht besonders lang, weshalb die Geste etwas komisch wirkt und mich zum Lachen bringt. Auch Liz lacht mit und läuft los. Schnell greife ich nach meiner Tasche und folge ihr.

Sie ist wirklich sehr hübsch und klein. Ihre Klamotten sind dem Skaterstil angepasst und es passt perfekt zu ihr.

„Liz, glaubst du, die nehmen mich im Team auf?", frage ich sie auf dem Weg in die Cafeteria. „Ja, ich glaube schon. Coach C sucht verzweifelt nach einem Spieler wegen der kommenden Season und dass du weiblich bist, sollte nicht viel ausmachen. Ich meine, wo wäre denn dann die Gleichberechtigung? Die Jungs hält er immer ziemlich auf Trab, also solltest du dich auf etwas vorbeireiten", erklärt sie. „Coach C?", frage ich kichernd nach. "Ja, er heißt Daniel Cliff. Aber er will Coach C genannt werden, frag mich nicht wieso."

Lachend betreten wir die überfüllte, gut riechende Cafeteria und ein paar Leute werfen uns genervte Blicke zu. „Beachte die alle nicht, unsere Schule ist etwas komisch und hat eine leicht depressive Spur", meint Liz und läuft zur Theke. Ich folge ihr und betrachte das Buffett, das mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.

Ich greife nach einem Tablett und hole mir Essen. Liz wartet geduldig und zusammen setzen wir uns an einen leeren Tisch. Das Essen schmeckt genial und Liz erzählt mir nebenbei einiges über die Schule, bis sie auf einmal inne hält und hinter mich blickt.

Verwirrt schaue ich mich um und sehe den Typen, Jared, mit ein paar seiner Freunde auf unseren Tisch zulaufen. Im Inneren summe ich die Musik von Baywatch vor mich hin, die diesen Auftritt perfekt untermalen würde und lache in mich hinein. Ich werfe Liz einen Blick zu, den sie aber nicht bemerkt, da sie dabei ist, konzentriert Jared anzustarren, als würde sie versuchen, ihn mit ihren Blicken zu verjagen.

Ich grinse und sehe zurück zu Jared, der mich überheblich ansieht und schließlich vor unserem Tisch stehen bleibt.

Bester FeindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt