Kapitel 17

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- Wahre Freundschaft ist eine sehr langsam wachsende Pflanze. (Georg Washington) -

Völlig erschöpft stellte ich mein Tablett zurück und strich mir mit der linken Hand meine Haare aus dem Gesicht. Der ganze Tag war nervenaufreibend und anstrengend gewesen und ich hatte das ungute Gefühl, es würde nicht besser werden.

Mein Blick glitt erneut durch den Essenssaal, in der Hoffnung, den braunen Haarschopf meines Zwillings zu entdecken. Doch, Fehlanzeige. Wo bist du, Alec?

Auf einem der zahlreichen besetzten Stühle konnte ich das Mädchen aus dem Kaunii Unterricht erkennen. Louisa. Sie saß mit einigen anderen aus der Klasse an einem Tisch und schien sich prächtig zu amüsieren.

Ihr Blick traf meinen, als hätte sie ihn gespürt und ein zartes Lächeln umspielte ihre Lippen. Ich lächelte ebenfalls, auch wenn mir gar nicht danach war. Dann nickte ich dem Mädchen mit den Fuchsohren knapp zu und verließ den Speisesaal.

Theo hatte ich auch nicht mehr gesehen. Ich nahm an, dass er viel für die Schule zu tun hatte. Vermutlich war er heute Morgen wirklich zu spät gekommen und hatte eine Strafarbeit bekommen.

Während ich die Flure entlang ging, glitt mein Blick nach draußen in Richtung des riesigen Platzes hinter der Schule. Irgendwo musste mein Bruder doch sein! Es konnte nicht angehen, dass er wie vom Erdboden verschluckt war.

Kurz darauf betrat ich meinen Gemeinschaftsraum und stellte fest, dass die beiden Mädchen von heute Morgen auf den Sofas in der Mitte des Raumes saßen.

Ich murmelte ein leises "Hallo", fügte anschließend ein schnelles "Bin gleich wieder weg" hinzu und huschte zu meiner Zimmertür. Im Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr. Es wirkte, als hätte das korpulentere der beiden Mädchen ihrer Freundin einen Schlag in die Seiten verpasst.

Irritiert über dieses Verhalten verschwand ich in meinem Zimmer. Hoffentlich war dies keine normale Umgangsart hier. Fest entschlossen, meinen Bruder zu finden und gleichzeitig die Gegend zu erkunden, zog ich mir einen dicken Pullover an und machte mich wieder auf den Weg Richtung Zimmertür.

Als ich sie voller Tatendrang aufriss, bekam ich beinahe einen Herzinfarkt. Roxana stand mit erhobener Hand vor der Tür. Vermutlich wollte sie klopfen. Doch hatte ich mich so erschrocken, dass ich einen spitzen Schrei ausstieß und ein paar Schritte nach hinten machte. Mein Herz raste und ich versuchte, es zu beruhigen. Verdammt noch mal, das war schon der zweite Schreck an diesem Tag.

"Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken", murmelte die Schwarzhaarige vor mir.

"Schon okay, ich bin momentan sehr schreckhaft und ich habe ehrlich nicht mit dir gerechnet." Mein Herz nahm langsam wieder seinen normalen Rhythmus an.

Ein erneuter Schlag in die Seiten veranlasste das Mädchen, sich zu Fray umzudrehen und sie mit ihrem Blick zu durchbohren. "Ich bin ja schon dabei, schlägst du mich noch einmal trete ich erst dich und danach deine Pflanzen", zischte sie die kleine Braunhaarige bedrohlich an. Diese schien die Drohung jedoch nicht wirklich ernst zu nehmen, denn sie zuckte lediglich mit den Schultern.

Roxana atmete einmal tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus, bevor sie sich mir erneut widmete.

"Also weshalb ich eigentlich klopfen sollte ..." sie unterbrach sich selbst. "Ich meinte wollte, ist: Ich möchte mich für heute Morgen entschuldigen." Nach diesem Satz atmete das Mädchen erneut tief aus.

Fragend hob ich eine Augenbraue. „Wofür entschuldigen?" Roxana wurde von Fray zur Seite geschubst. "Weil sie dich so blöd angemeckert hat. Unsere Roxana ist nicht unbedingt ein Morgenmensch", antwortete Fray für ihre Mitbewohnerin .

Patriam Academy - Das Erwachen der Wölfe, Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt