Kapitel 18

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- Nicht der Apfel hat Schneewittchen vergiftet, sondern ihr blindes Vertrauen in Menschen. -


Ich nahm mir einen Moment, um meine Umgebung zu betrachten. Die wunderschöne Wiese, welche ich heute Morgen aus dem Fenster sehen konnte, war nun komplett in Dunkelheit gehüllt.

Entlang der Wege, welche mit kleinen Pflastersteinen versehen waren, erkannte ich altmodische Laternen. Diese konnten jedoch immer nur einen kleinen Teil beleuchten, weshalb der Wald rund um die Grünfläche vollständig im Dunkeln lag. Drei Wege führten hinein in den Wald. Einer links und zwei rechts.

Mich beschlich das Gefühl, ich würde in diesen Wald hinein müssen. Entlang einem dieser Pfade gehen. Ich wusste bereits, bevor ich mich in Bewegung setzte, dass der heutige Tag wohl nicht entspannt enden würde. Diesen Gedanken schob ich jedoch zur Seite. Ich sollte mich auf das wesentliche konzentrieren: Meinen Bruder.

Jetzt stellte sich die Frage: Wo finde ich meinen Zwilling überhaupt?

Wie aufs Stichwort konnte ich ein leises Winseln hören. Gänsehaut überzog meinen Körper. Mein Blick fiel auf den linken Pfad. Dieses Geräusch war voller Schmerz. Egal, ob das nun mein Bruder war oder nicht, aber jemand oder etwas brauchte dringend Hilfe. Und ich war der letzte Mensch, welcher das schmerzerfüllte Winseln ignorieren würde.

Nun gut, natürlich war diese Situation überhaupt nicht gruselig. Ich fasse all meinen Mut zusammen und bewegte mich auf den Pfad zu. In einer anderen Situation würde ich mich selbst anschreien, nicht so blöd zu sein und in einer neuen Umgebung nachts in einen gruseligen Wald zu gehen.

Immerhin hatte ich genug Horrorfilme gesehen, um zu wissen, wie diese Aktion enden konnte. Doch ich musste meinen Bruder sehen.

Ich war nun schon einige Schritte entlang dieses Pfades gegangen. Natürlich blickte ich mich bei jedem Rascheln alarmiert um. Ich konnte diese Filmcharaktere nicht verstehen, die ohne Sorge im Dunkeln herumliefen.

Als ich dann auch noch ein Knacken hinter mir wahrnahm, war es nun vollkommen um mich geschehen. Verdammt nochmal, wahrscheinlich war es nur ein brechender Ast. Die Dunkelheit schien noch bedrohlicher als zuvor. Ein kalter Schauer glitt über meine Haut. Verdammt noch mal.

Ich rieb meine Hände über meine Arme, um der Kälte entgegenzuwirken. Das erneute Winseln lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf die Wichtigkeit meiner mir selbst gestellten Mission: Zu helfen.

Also holte ich tief Luft und setzte meinen Weg fort. Es dauerte nicht lange und ich stand vor einer kleinen Holzhütte, welche mehr kaputt als stabil und schon gar nicht einladend aussah. Doch das herzzerreißende Wimmern schien aus diesem Haus zu kommen.

Wer auch immer das war, er brauchte Hilfe und ich würde den Teufel tun und es alleine lassen, auch wenn ich vor Angst beinahe zitterte. Aus diesem Grund näherte ich mich der Tür, welche mit drei Schlössern gesichert war. Ein absurder Anblick, wenn man bedenkt, wie morsch die Tür schon wirkte. Diese würde so oder so brechen, wenn man mehr Gewalt anwandte.

Doch ich versuchte den weniger gewaltsamen Weg und wählte die Schlösser. Ich öffnete das Erste Schloss, doch plötzlich hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Feine Härchen stellten sich mir im Nacken auf. Den Gedanken schüttelte ich ab und öffnete schließlich das zweite Schloss, und als ich meine Hand an das dritte Schloss legte, nahm ich ein tiefes Knurren wahr, weshalb ich mich umsah. Doch durch die Dunkelheit konnte ich nichts erkennen.

Als das Knurren ein weiteres Mal erklang und daraufhin ein weiteres noch bedrohliches Knurren zu hören war, ertönte ein leises Winseln. Wölfe. Umgehend beeilte ich mich mit dem Schloss. Sie waren hier draußen und sie waren nah. Mit klopfenden Herzen und zitternden Fingern öffnete ich die letzte Verriegelung. Hinter mir nahm ich geräuschvolle Schritte, welche sich schnell näherten, wahr. Laub raschelte und Äste knackten, als sie brachen. Ich würde mich definitiv nicht umsehen. So schnell ich konnte, stieß ich die Tür und schlüpfte durch den offenen Spalt.

Patriam Academy - Das Erwachen der Wölfe, Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt