Kapitel 14

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~ Ich habe Angst, Angst davor, was passiert, wenn ich es nicht schaffe, meinen Platz in dieser Welt zu finden. ~

Manchmal war es gut, Abstand von einer Situation zu nehmen und diese neutral zu betrachten. Doch die Perspektive, welche ich nun einnahm, war alles andere als hilfreich oder angenehm.

Die Warnung kam zu spät. Ein spitzer Schrei verließ meinen Mund und ich landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden. Mir wurde die Luft aus den Lungen gepresst, als etwas Schweres auf mich fiel und mich aufkeuchen ließ.

Meine linke Körperhälfte tat weh. Verdammt. Ich hätte mich gerne auf den Rücken gedreht, doch ich lag seitlich und das Gewicht auf mir ließ keinen Bewegungsfreiraum zu. Zudem war mein Arm unter mir eingequetscht und mein Bein konnte ich auch nicht bewegen.

Mein Ellbogen schmerzte etwas und mein Kopf begann zu dröhnen. In meinen Ohren donnerte es im Rhythmus meines Herzschlages. Nimmt mal jemand, was auch immer es ist, von mir runter? Ich versuchte, mich zu bewegen, doch gab mein Vorhaben mit einem frustrierten Zischen auf.

Und mit einem Mal konnte ich wieder tief durchatmen. Gierig saugte ich die Luft in meine Lungen.

Himmel, Herr Gott sei Dank. Keuchend drehte ich mich auf den Rücken. Augenblicklich nahm das Dröhnen ab, nur leichte Kopfschmerzen blieben zurück. Der Schmerz in meinem Arm, welcher durch die kleinen Steinchen auf dem Boden kamen, wurde schwächer, sobald ich nicht mehr darauf liegen musste. Ich begann öfter zu blinzeln, versuchte den nun noch leichten Schmerz zurückzudrängen. Ich konnte hier schließlich nicht anfangen zu weinen.

"Hey Lia, alles okay?", Nik trat in mein Blickfeld. Ich nickte leicht. Lautes Knurren ließ mich aufspringen. Fast wäre ich mit Nik zusammengestoßen.

Alec stand vor einem Jungen, den er offenbar von mir runtergezogen hatte. Dieser jedoch schien, meinen Bruder nicht wahrzunehmen. Denn seine Augen waren panisch auf etwas hinter Alecs Rücken gerichtet. Alecs Haltung war angespannt – zum Zerreißen gespannt. Nicht das auch noch. Verzweifelt seufzte ich. Ich versuchte aufzustehen, doch kam mein Kreislauf nicht mit, weshalb schwarze Punkte vor meinen Augen begannen zu tanzen. Sofort spürte ich Niks Hände, die mich stützten und mir auf die Beine halfen. Langsam nahmen die Punkte ab und ich bekam meine Orientierung zurück.

Das darf doch alles nicht wahr sein. Ein toller Start ist das.

Wütend über meinen Moment der Schwäche biss ich die Zähne zusammen. Ich hatte gerade keine Zeit für diese Späße. Es war mir egal, ob Alec er selbst war oder nicht. Er sollte von dem Jungen weggehen, der sicher fünf Jahre jünger war als wir. Der blonde Junge blickte nach wie vor an meinem Bruder vorbei, der aufgeplustert vor ihm stand. Was es auch war, es machte ihm scheinbar deutlich mehr Angst als ein Amarok.

Ich spürte, wie mein Puls vor Wut schlagartig in die Höhe schoss. "Alec, geh sofort von diesem Kind weg, verdammt." Mein Bruder sprang ruckartig, als wäre er heiße Lava, mindestens einen Meter von dem Jungen weg.

"Tut mir leid", murmelte Alec und setzte sich ein beruhigendes Lächeln auf. Doch der Junge beachtete ihn gar nicht, sprang auf und stürmte davon.

Für einige Sekunden vergaß jeder, was er gerade tat, und blickte dem Jungen hinterher, der den Weg entlangrannte, welchen Damien zuvor gegangen war. Eigenartig. Äußerst eigenartig. Wäre ich nicht zu neugierig auf diese neue Welt gewesen, wäre ich dem wahrscheinlich nachgegangen.

Doch das nahm mir ein Mädchen ab, das im nächsten Moment an uns vorbeilief und dem Blondhaarigen folgte. Mein Herzschlag beruhigte sich. Wenigstens etwas.

Ich drehte meinen Kopf zur Seite, um mir die Umgebung genauer anzusehen und alles, was ich herausbrachte, war ein gehauchtes "Wow."

Nik neben mir schmunzelte. "So reagieren alle in der Regel. Aber glaub mir, du wirst diesen Ort noch hassen."

Patriam Academy - Das Erwachen der Wölfe, Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt