Die Sonne war noch lange nicht aufgegangen, da war Olive schon wieder in ihrem Café, welches den Namen"Kunterbunt"-Café trug. Olive liebte es bunt, zumindest wenn es um ihr Café ging. Es war mit zusammengewürfelten Möbeln ausgestattet und sie empfand es als sehr gemütlich.
Die Unternehmerin legte ihre Jacke über den Schreibtischstuhl in ihrem kleinen Büro und warf ihre Schürze über. Eine Sonderanfertigung, die sie zur Eröffnung von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte. Vorne war das Logo des Cafés aufgestickt. Olive liebte die Schürze und sie liebte ihre Arbeit.
Als allerdings um diese Uhrzeit das Telefon klingelte, bekam sie ein ungutes Gefühl. Es war Becky.
»Hallo Becky, alles OK?«, fragte sie, gleich schon das Schlimmste im Gefühl. Becky hustete in den Hörer.
»Sorry Olive, ich bin krank, ich muss ein paar Tage zu Hause bleiben! Es tut mir schrecklich leid!«
»Ist schon gut, es ist richtig, dass du zu Hause bleibst und dich auskurierst. Wir wollen ja auch nicht, dass du jemanden ansteckst.«
»Danke. Tut mir leid, ich schmeiß mein Attest vom Arzt später in den Postkasten.«
»Ja, tu das, Danke. Gute Besserung«, sagte Olive.
»Danke!«, sagte Becky und legt auf. Olive stand unschlüssig im Café. Wie sollte sie das alleine schaffen?
Nervös suchte sie in ihrer Telefonliste. Sie tippte auf den Bildschirm und nach ein paar Sekunden ging eine verschlafe Polly ans Telefon.
»'lo?«
»Polly, ich bin es, Olive. Becky ist krank, kannst du heute einspringen?«, fragte Olive verzweifelt.
»Im Café? Ich - Nein, Sorry! Ich habe um elf Uhr schon meinen ersten Job für einen Werbespot. Das tut mir wirklich leid!«, sagte Polly und Olive wusste, dass sie es auch so meinte. Polly sprang eigentlich immer ein, wenn Becky oder Olive selbst krank war. Doch wenn sie selbst einen Job hatte, dann ging dieser natürlich vor.
»Schon gut. Ich schaffe das schon«, sagte Olive und versuchte dabei entspannt zu klingen.
»Wenn es nicht anders geht, dann mach den Laden zu.Die Leute kommen auch mal einen Tag ohne Kaffee von dir aus!«
Olive verabschiedete sich von Polly und legte auf. Ihre kleine Schwester hatte zwar recht, aber Olive wollte sich das nicht eingestehen. Es war ihr Laden und ihre Pflicht, sich um das Geschäft zu kümmern. Mit einem Anflug von Übermut krempelte siedie Ärmel hoch und öffnete die Pforten.
Es dauerte nicht lange und das Geschäft brummte, wie eigentlich jeden Morgen. Olives Café lag in der Nähe eine U-Bahn-Station, die zum Stadtzentrum führte. Die Leute bevorzugten Olives Kaffee gegenüber dem der Automaten, die im U-Bahntunnel warteten. Also hatte sie zwischen sechs Uhr und neun Uhr immer am meisten zu tun. Die Stimmung war zu dieser Zeit in der Regel schon schlecht genug, aber als Olive verkündete, dass es an diesem Morgen nur Getränke geben würde, verleitete dies den ein oder anderen dazu ihr unflätige Begriffe zuzuwerfen. Die Geschäftsfrau versuchte ihnen mit Gleichgültigkeit und aufgesetzter Höflichkeit zu begegnen, doch im Inneren tat ihr jeder Kommentar weh und sie wäre am liebsten im Boden versunken.
Die Schlange war länger, als Olive lieb war und sie wusste, dass es hier um Zeit ging. Die Leute hatten nämlich keine davon übrig und würden nicht lange warten bevor sie sich laut nörgelnd davon machen würden. Ein solcher Morgen war nicht gut für den Ruf eines kleinen Cafés. Nervös polterte sie von A nach B und verschüttete Kaffee, Tee, heißes Wasser und Milch.
»Sie sind mit Abstand die unfähigste Person, die ich je gesehen habe!«, sagte der Kunde, der einen Cappuccino To-Go bestellt hatte. Er sah sie von oben herab an. Seine dämonische Aura erfüllte den Raum, und damit Olive mit Furcht.
»Weiß ihre Chefin eigentlich, wie schlecht sie sind?«
»Entschuldigen Sie bitte, ich beeile mich«, sagte Olive mit einem falschen Lächeln und packte den Deckel auf den Becher. Sie reichte den Kaffee über den Tresen. Der Dämon wollte sich den Becher gerade schnappen, als ein Mann vortrat und ihn am Handgelenk packte.
»Ich glaube, du willst heute keinen Kaffee«, sagte der Fremde mit der tiefen rauen Stimme.
Der unhöfliche Kunde schaute zu dem Mann auf und seine Augen weiteten sich. Er schien vor Olive zu einem Häufchen Elend zusammenzuschrumpfen.
»Nein. Brauche ich nicht«, sagte der Kunde und eilte aus dem Laden. Olive schaute empört zu dem Mann auf.
»Warum vertreiben Sie meine Kunden?«
Eigentlich war sie im allgemeinen weder forsch noch herausfordernd, aber wenn es um ihr Geschäft ging, ließ sie nicht mit sich streiten. Dieses Benehmen war unerhört.
»Entschuldigung. Mein Kollege hat sich beschämend verhalten. Ich zahle den Kaffee und ich würde Ihnen gerne meine Hilfe anbieten.«
Olive schaute den Mann aus großen Augen an. Sie erkannte ihn wieder. Es war der Dämonenlord, der vor kurzem hier gewesen war. Der attraktive Mann mit dem traurigen Blick.
»Mir helfen?«, fragte sie vorsichtig.
»Im Café. Sie sind heute wohl alleine. Ich würde Ihnen gerne meine Hilfe anbieten.«
»Es tut mir leid, wenn ich das so sage, aber wissen Sie denn überhaupt, wie man andere bedient?«
Olive biss sich auf die Unterlippe.
Was ist heute in dich gefahren?, fragte sie sich in Gedanken. Es war nicht typisch für sie provokativ zu sein und schon gar nicht, wenn ein Dämon vor ihr stand.
»Wenn Sie mich anleiten, dann finde ich mich bestimmt schnell ein.«
Olive schaute auf die lange Schlange vor der Tür. Die Ersten schauten bereits auf ihre Armbanduhr. Manche Gesichter sprachen Bände.
»OK. Dann aber flott hinter den Tresen! Nehmen Sie die Bestellung auf und ich kümmer mich darum diese fertig zumachen!«
Der Fremde trat hinter den Tresen, nahm sich einen Block und klebte Olive einen Zettel nach dem anderen an die Kaffeemaschine. Sie gab ihm die Getränke und er rechnete diese ab, als hätte er nie etwas anderes getan. Als um neun Uhr die Kundenzahl abebbte, hatte Olive das Geschäft ihres Lebens gemacht. Und nicht ein Kunde hatte es gewagt, sich zu beschweren.
»Ein Teil von mir möchte eine Hasstirade darüberhalten, dass die Kunden einen Mann mit mehr Respekt behandelt haben als die Geschäftsführerin, aber ich bin auch einfach zu froh darüber, wie es gelaufen ist«, sagte sie und zählte lächelnd die Scheine.
»Suchen Sie zurzeit jemanden?«
»Bitte was?« Olive starrte zu dem Mann hoch. Er stand dicht neben ihr und lächelte leicht.
»Ob Sie jemanden einstellen.«
»Fragen Sie mich nach einem Job?« Olive war baff. Der Dämon grinste.
»Würden Sie mich denn einstellen?« In Olives Kopf ratterte es. Der Dämon war nett, respekteinflößend und unglaublich schnell. So jemanden konnte sie wirklich gut gebrauchen.
»Ehrlich gesagt schon«, antwortete sie schließlich. Seine Augen weiteten sich leicht.
»Dann frage ich Sie offiziell nach einem Job«, sagte er schlicht.
»Wie heißen Sie überhaupt?«, fragte Olive, der plötzlich einfiel, dass sie gar nicht wusste, mit wem sie es zu tun hatte.
»Mein Name ist Alastor Edevane.«
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wie mein albtraum meine seele berührte
RomanceEine Café-Besitzerin und ein ehemaliger Lord der Unterwelt navigieren sich durch das neue Leben, welchem sie sich seit der Weltengleichung stellen müssen. Romanzen, alte Feindschaften, neue Freunde, echte Gefahren: Können Menschen, Engel, Dämonen un...