Kapitel 13: Roadtrip (Teil 1)

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Roxy


Mit jedem weiteren Tag wurden meine Schuldgefühle Cath gegenüber größer. Ich musste mit ihr reden. Ich musste reinen Tisch machen. So wie es momentan war, konnte es nicht weitergehen. Mir ging es schlecht mit der Situation, so schlecht, dass selbst Cath meine miese Laune auffiel. Aber das Schlimmste daran war, dass ich mich viel zu oft dabei ertappte, high sein zu wollen, damit ich all diese Scheiße für ein paar Stunden vergessen konnte.

Ich musste hier weg. Mein Leben brauchte eine kurze Pause, damit ich wieder klar denken konnte. Momentan prasselte zu viel auf mich ein: die Angst vor einem Rückfall, meine stärker werdenden Gefühle für Cath, die Lügen und das neue Jobangebot. Es war nicht mehr auszuhalten, aber ich glaube, es wäre in meinem instabilen Zustand nicht ratsam, mich tagelang irgendwo allein aufzuhalten. Dazu vertraute ich mir selbst nicht genug.

Cath arbeitete momentan, aber das hinderte mich nicht daran, sie anzurufen.

„Hey, Süße", meldete sie sich.

„Hi."

„Was gibt's?" Sie klang gelassen. Das war ein gutes Zeichen.

„Mir ist eine verrückte Idee gekommen."

„Und welche?", fragte sie interessiert.

„Lass uns wegfahren. Nur für ein paar Tage", schlug ich vor. Ich wollte sie bei mir haben, um nicht allein mit mir und meinen Gedanken sein zu müssen.

„Natürlich. Wir könnten im Sommer nach Europa."

„Nein, Cath. Du hast mich falsch verstanden. Lass uns ins Auto steigen und losfahren. Irgendwohin, ohne ein Ziel. Jetzt sofort." Es wurde still am anderen Ende der Leitung. Sie war überrumpelt von der Idee. Das wunderte mich nicht, Spontanität zählte nicht unbedingt zu ihren Stärken.

„Das geht nicht, ich muss arbeiten." Ich auch, deswegen melde ich mich einfach auf der Arbeit krank. Vermutlich musste sie sich nicht einmal krankmelden. War sie nicht sowieso ihr eigener Chef?

„Du musst nicht arbeiten", widersprach ich ihr. Wenn sie gewollt hätte, müsste sie nie wieder arbeiten.

„Hailey, das geht nicht. Ich habe Verpflichtungen." Ich seufzte. Mir war klar, dass es nicht leicht werden würde, sie zu überzeugen.

„Und genau das ist der Grund, warum du zu viel verpassen wirst in deinem Leben. Weil du zu viel Angst davor hast, etwas Verrücktes zu tun. Willst du nicht wissen, wie sich Freiheit anfühlt? Willst du dein Leben bloß an diese lästigen Verpflichtungen verschwenden?" Ich klang vorwurfsvoller, als ich es beabsichtigte. Diesmal war es Cath, die seufzte.

„Das kann ich nicht." Sie klang inzwischen etwas unsicherer und mir war klar, dass sie mit sich rang.

„Wer hindert dich daran?" Wieder ein Seufzen.

„Wie lange?", wollte sie wissen. Ja! Sie dachte tatsächlich darüber nach.

„Sonntag sind wir wieder zurück. Nur vier Tage." Ein paar Sekunden war es still. Es musste ihr unendlich schwerfallen, aus ihren Gewohnheiten auszubrechen.

„Okay. Ich bin in zwei Stunden zu Hause. Dann packe ich noch und wir können losfahren." Ein Grinsen formte sich auf meinem Gesicht. Cath und ich würden die nächsten Tage gemeinsam irgendwo im Nirgendwo verbringen. Genau das brauchte ich jetzt.


Cath tat sich erstaunlicherweise schwer mit dem Packen.

„Babe, das ist ein riesiger Koffer. Wir sind nur vier Tage weg. Schnapp dir einen Rucksack und pack nur das Nötigste ein", meinte ich, vergnügt davon, wie überfordert und gestresst sie diese spontane Aktion machte.

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