Kapitel 18: Schmerz und Scham

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Cath


Kurz nach dem Hailey-Zwischenfall, flüchtete ich heimlich vom Birdwells-Anwesen und fuhr heim. Ich hielt es dort keine Minute länger aus. All die Blicke und das Getuschel, es war unerträglich.

Kaum hatte ich die Haustür hinter mir geschlossen, brach ich zusammen. Heulend kniete ich dort ganz allein in diesem riesigen, nutzlosen Palast. Alles, was ich besaß, kam mir so lächerlich belanglos vor. Der Schmerz überwältigte mich. Es tat so weh, es war das schrecklichste Gefühl auf Erden. Und ich war allein damit. Keiner verstand es.

Niemals wieder würde ich irgendwem mein Herz schenken, das schwor ich mir. Niemand wird mir jemals wieder so weh tun können wie diese Frau.

Stundenlang kauerte ich wie ein Häufchen Elend auf dem Boden. Keine Ahnung wie, aber ich schleppte mich am nächsten Morgen auf die Arbeit. Im Endeffekt hätte ich genauso gut zu Hause bleiben können. Es war unmöglich, mich auf irgendetwas zu konzentrieren, und alle zehn Minuten suchte mich der nächste Heulkrampf heim. Sämtliche Meetings an diesem Tag ließ ich von Elena, meiner Sekretärin, verlegen.

Daniela und Eric kamen mich die nächsten drei Abende besuchen und kümmerten sich darum, dass ich etwas aß. Wenn sie nicht wären, würde ich keinen Bissen zu mir nehmen. Liebeskummer war hart. Zu hart. Sich die Augen auszustechen würde bestimmt mehr Spaß machen, als diese unendliche Traurigkeit jede Sekunde spüren zu müssen.


Die Tage vergingen, bald schon war es eine Woche, aber es wurde einfach nicht besser. Nichts schien mir Freude zu bereiten. Als ob das nicht schon schlimm genug war, beorderte meine Mutter mich wieder zu ihr. Was es wohl dieses Mal war? Vielleicht hatte sie herausgefunden, dass mein Dad gar nicht mein Dad war.

Als ich das Wohnzimmer meiner Eltern betrat, stand ein adretter Mann im Anzug neben meiner Mom. Er begrüßte mich und stellte sich als Anwalt vor.

„Ich bin hier, damit wir die Anklage gegen Miss Thurman besprechen können", erklärte er. Ich warf meiner Mutter einen bösen Blick zu, den sie gekonnt ignorierte.

„Können Sie uns bitte kurz allein lassen?", bat ich den Mann. Er verschwand verständnisvoll ins Nebenzimmer.

„Das war nicht abgesprochen", fuhr ich meine Mutter an.

„Was willst du denn da noch absprechen?", kam es genauso unfreundlich zurück.

„Wir können sie nicht einfach anzeigen, Mom. Sie hat sich nicht strafbar gemacht", versuchte ich, es ihr sachlich zu erklären. Und selbst wenn sie etwas verbrochen hätte, für das wir sie dran kriegen könnten, ich hatte keine Kraft mehr, mich weiter mit ihr zu beschäftigen. Alles, was ich wollte, war, sie zu vergessen, und ein Rachefeldzug vor Gericht zu führen, würde ganz sicher nicht dabei helfen.

„Hast du überprüft, ob sie etwas gestohlen hat?"

„Sie hat nichts gestohlen. Wie oft soll ich dir das noch sagen!", meine Stimme wurde lauter.

„Wir könnten es trotzdem behaupten, auf Verdacht. Jeder Richter dieser Welt wird uns glauben und keinem chronisch lügenden Mädchen mit einem Drogenproblem", sagte sie, als wäre es das Normalste der Welt.

„Spinnst du! Ich werde nicht vor Gericht lügen. Das kannst du vergessen!", fauchte ich.

„Was ist denn auf einmal los mit dir? Letzte Woche warst du noch ganz scharf darauf, ihr das Leben zur Hölle zu machen." Ich seufzte. Ja, das waren meine letzten Worte an sie. Wenn ich an den Vorfall zurückdachte, schossen mir die Bilder gestochen scharf durch den Kopf. Der Anblick einer verletzten jungen Frau, die auf brutalste Weise erniedrigt wurde. Traurige, glasige Augen, die mich anbettelten, ihr nicht weh zu tun. Aber ich tat es trotzdem. Weil es das war, was die Leute von mir erwarteten.

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