Kapitel Vierundzwanzig

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Brandon und ich unterhielten uns noch eine Weile, wobei mir auffiel, dass wir Vieles gemeinsam hatten. Die schlechte Stimmung, die zuvor geherrscht hatte, war fast vollständig verflogen.

Als wir uns auf den Weg zu den Zimmern machten, fiel mir leider auf, dass wir nur noch ein paar Tage an der Clearwater High verbringen durften. Danach würde Rebecca Youngblood nicht mehr unser Problem sein, weil wir dann wieder in der Black Rock High sein würden.

Ich hatte keine Lust darauf, abzureisen. Klar, ich vermisste Südafrika und ich wollte irgendwann schon wieder nachhause, aber es fühlte sich nicht gut an, die Leute hier schon wieder mit sowas alleine zu lassen. Man konnte es ihnen doch nicht zumuten, nochmal so einen Kampf zu führen, oder?

Ich verabschiedete mich von Brandon und ging in das Zimmer, das Yemaya und ich uns teilten.

Meine beste Freundin saß im Schneidersitz auf dem Bett. Sie hatte schon ihren Schlafanzug an, sah aber noch hellwach aus. Sie grinste mich an.

"Und, habt ihr euch schön unterhalten?"

Ich griff kurzerhand nach meinem Kopfkissen und schleuderte es gegen Yemayas Kopf. "Ach, halt die Klappe", sagte ich, musste aber selbst lachen, als Yemaya in Gelächter ausbrach.

Sie verbrachte die nächste Stunde damit, mich damit zu necken, bis sie irgendwann einfach einschlief. Mitten im Satz.


Am nächsten Morgen war in der Cafeteria einiges los, als wir dort ankamen. Wir waren ein bisschen zu spät aufgestanden und es waren fast alle Tische besetzt. Ich sah gerade noch, wie Lamia, Hidaya und Ashanti sich an den letzten freien Tisch setzten.

Ich zog Yemaya rüber zu dem Tisch, an dem Carag, Holly und Brandon saßen. Tikaani saß beim Wolfsrudel.

Ich sah Carag besorgt an. "Alles gut?", fragte ich ein wenig kleinlaut und er nickte tatsächlich.

"Sorry wegen gestern, wir haben ein bisschen über reagiert", gab er zerknirscht zu.

"Wisst ihr, wo Waris ist?", fragte Yemaya sogleich und sah sich um. Ich folgte ihrem Blick, konnte meinen besten Freund aber auch nicht sehen. Wo steckte der? Waris war immer pünktlicher als wir.

Carag zuckte die Schultern und auch Brandon sah nicht so aus, als wüsste er es.

"ist doch egal", sagte Holly und grinste. "Wird witzig, wenn er zu Mr. Ellwoods Unterricht zu spät kommt."

Carag verschluckte sich fast an seinem Trinken. "Oh nein, der Arme", stieß er hervor, dann grinste er. "Mr. Ellwood ist richtig streng und er macht sicher auch vor Austauschschülern keinen Halt."

Yemaya und ich sahen einander an und mussten lachen, obwohl ich den Gedanken, dass etwas nicht stimmte, nicht los wurde.


Als wir schließlich im Verwandlungsunterricht von Mr Ellwood waren, war Waris auch nach über zwanzig Minuten nicht aufgetaucht. Yemaya sah sich immer wieder um, als würde ihr Freund gleich um die nächste Ecke kommen. Tat er aber nicht.

Ich warf Brandon, der gerade eine Teilverwandlung seines Kopfes rückgängig gemacht hatte, einen fragenden Blick zu. Er kam zu uns rüber und stellte sich neben uns.

"Ihr macht euch Sorgen wegen Waris, oder?", fragte er besorgt.

"Natürlich - Waris kommt sonst nie zu spät", antwortete Yemaya etwas schnippisch.

"Weißt du, mit wem er sich das Zimmer teilt?", wollte ich von Brandon wissen.

"Er ist alleine in einem Zimmer", erklärte Brandon und zuckte die Schultern. "ich hab ihn heute auch noch gar nicht gesehen."

"Vielleicht hat er verschlafen?", mischte Lou, die ebenfalls in unserer Nähe stand, sich ein.

Yemaya funkelte sie an. "Er verschläft ganz sicher nicht", fauchte sie. Ich legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. "Yemaya, komm mal wieder runter. Die Beiden wollen nur helfen."

"Tolle Hilfen sind sie", giftete Yemaya. Ich seufzte. Temperament hatte sie ja.

"Was ist denn dahinten so interessant?", rief Mr Ellwood, der zweifelsfrei uns meinte. Wir fuhren zusammen und sahen ihn peinlich berührt an, als die ganze Klasse uns anglotzte.

"Äh, nichts", sagte Lou schnell. "Wir haben nur über Teilverwandlung gesprochen, Dad, alles gut."

Ihr Vater zog die Augenbrauen hoch und schnaubte ungläubig. "Dann könnt ihr das Kaffeekränzchen ja jetzt beenden."

Wir schauten einander an und Brandon zuckte die Schultern. Wir mussten unser Gespräch also auf die Pause verschieben.


Auch am Ende der Stunde - Mr. Ellwood behielt uns Vier besonders im Visier in dieser Stunde - war Waris nicht aufgetaucht. Yemaya schlug vor, in seinem Zimmer nachzuschauen, was natürlich eher weniger gut lief, weil auf unser Klopfen und unsere Rufe keiner reagierte und wir keinen Schlüssel für die Tür hatten und einen Lehrer wollten wir nicht fragen.

Enttäuscht schlenderten wir zum Fluss hinunter. Der ist niemals in seinem Zimmer oder er pennt immer noch, schickte Holly, die gerade als Rothörnchen auf Carags Schultern und Kopf herumwuselte, uns in die Köpfe.

Ich wurde immer unruhiger. Das sah Waris wirklich nicht ähnlich und ich fing an, mich richtig um meinen besten Freund zu sorgen.

Ich spürte, dass Brandon mich beunruhigt ansah. "Hey, alles in Ordnung?"

Ich nickte und wagte ein kleines Lächeln. "Wir sorgen uns bestimmt zu Unrecht und es geht ihm gut."

"Und wie willst du dir dann erklären, dass er nicht im Unterricht aufgetaucht ist und sich noch nicht hat blicken  lassen?", fragte Yemaya herausfordernd. "Aus welchem Grund sollte er das tun? Und warum hat er uns nicht geschrieben? Wir haben alle unsere Handys dabei."

Ich ließ die Schultern hängen. "Sorry." Sie hatte ja schon recht. 

"Leute, streitet euch doch jetzt nicht deswegen", sagte Tikaani schnell, die wohl erkannt hatte, dass Yemaya sehr leicht reizbar war.

Wir verstummten beide und setzten uns zu Carag und seinen Freunden an das Ufer des Flusses. Als Waris zum Ende der Pause immer noch nicht aufgetaucht war, sprang Yemaya auf und beschloss, ihn jetzt suchen zu gehen. Sie verwandelte sich in einen Leoparden, da sie so schneller unterwegs war. Ich seufzte. Ich konnte sie schlecht alleine nach ihm suchen gehen lassen. Schließlich war ich auch mit Waris befreundet und meine Sorge verstärkte sich immer mehr. Ich verwandelte mich ebenfalls und versprach Yemaya, in Vogelgestalt das Gelände abzufliegen und nach Waris Ausschau zu halten.

Wir stehen in Flammen (Woodwalkers Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt