Kapitel Vier

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Nachdem Mr Steenkamp seine Rede beendet hatte, wurden wir in die Mittagspause entlassen. Yemaya und Waris schwatzten schon aufgeregt miteinander über die Zeit, die wir in Amerika verbringen würden. Schweigend trottete ich neben meinen Freunden her - auch Anayo und Youma waren dabei, aber die beiden waren wie immer mehr mit sich selbst beschäftigt, als sich tatsächlich an unseren Gesprächen zu beteiligen. Gerade zum Beispiel hatte Anayo einen Arm um Youma gelegt und küsste ihre linke Gesichtshälfte ab.

"Akossiwa, was denkst du eigentlich darüber, dass wir an die Clearwater High gehen?", fragte Yemaya.

"Na ja, hingehen werden wir sicher nicht", scherzte Waris. Dafür bekam er direkt einen leichten Schlag auf die Schulter.

"Halt die Klappe, Waris", schnauzte Yemaya ihn an, aber ihre Augen funkelten belustigt.

"Ich freue mich auf jeden Fall", sagte ich, wenn auch etwas zögerlich. "Aber ich bin ein bisschen beunruhigt ... Ich meine ... wir kennen die alle nicht, und da sind doch sicher alles Amerikaner, oder?" Ich schaute die anderen an und hoffte, dass sie verstanden, was ich meinte.

"Du meinst wegen unserer Herkunft?", fragte Anayo, er und Youma schauten jetzt auch wieder ernst drein.

"Ja. Ich will denen ja nicht vorwerfen, dass sie alle Rassisten sind oder so", sagte ich hastig. Waris' Augen wurden groß. Daran hatte er wahrscheinlich gar nicht gedacht. "Aber in den letzten Monaten war dauernd was zum Thema Rassismus in den USA im Fernsehen..."

"Hey, die werden uns sicher nicht anders behandeln", sagte Waris schnell. Ich schaute ihn zweifelnd an. Mit Rassismus (nein, nicht nur von Seiten eines Amerikaners) hatte ich in der Vergangenheit schon genug Erfahrungen gemacht. "Ich denke mal, die haben auch viele Schüler, die ursprünglich irgendwo anders herkommen. Wieso sollten sie dann uns deswegen anders behandeln?"

Bevor ich etwas sagen konnte, warf Youma ein: "Können wir nicht auf die positiven Aspekte schauen?" Doch bevor sie erklären konnte, was sie damit meinte, unterbrach Waris sie. "Du hast gut Reden, Youma. Dir sieht man deutlich weniger als uns an, dass du aus Afrika kommst. Hast du dich jemals mit dem Thema auseinandersetzen müssen?"

Wir alle realisierten ziemlich schnell, dass das falsch war, und dass er das nicht hätte sagen sollen. Youmas Miene versteinerte und sie funkelte Waris an. "Man weiß, dass ich in Südafrika zur Schule gehe und ja, ich hab mich mit dem Thema schon oft genug auseinandersetzen müssen. Nur, weil ich etwas anders aussehe als ihr, bin ich nicht weniger Schwarz oder Afrikanisch oder was weiß ich was!" Damit drehte sie sich um und stolzierte davon, die glänzenden, dicken goldblonden Haare flattern im Wind und mit schnellen Schritten entfernte sie sich.

Anayo warf Waris einen vernichtenden Blick zu und holte dann schnell zu seiner Freundin auf.

Ich seufzte und sah Waris an, der sein Gesicht in den Händen vergrub. "Das ging zu weit", murmelte er. Ich nickt schweigend und sah Yemaya an. Ich wusste, dass auch sie manchmal uncoole Kommentare von irgendwelchen Deppen abbekam, aber sie verstand das alles noch nicht wirklich. Sie verstand eigentlich nur, dass die Situation gerade irgendwie eskaliert war und schaute betroffen drein. Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter und gab Waris ein schwaches Lächeln. "Sie wird sich bald beruhigt haben, Waris. Mach dir da keine Sorgen."

Waris sah nicht so aus, als würde er mir das abnehmen. Er musste sich ziemlich schlecht fühlen. Aber ich wusste echt nicht, wie ich ihn sonst trösten könnte, also sagte ich den zweien einfach, dass wir zurück zur Pausenhalle gehen sollten.

Wir stehen in Flammen (Woodwalkers Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt