Kapitel 20

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Annas wahre Identität

Die Morgensonne kitzelt mich in der Nase. Während Anna bei Frea komplett unter dem Flügel verschwunden ist, habe ich den Kopf im Freien gelassen. Dass sich Anna vollkommen unter den Flügel ihres Drachenmädchens gelegt hat, zeigt mir, dass sie ihr blind vertraut. Die beiden sind aber auch füreinander bestimmt. Dass ich meinen Kopf nicht unter dem Flügel habe, heißt allerdings nicht, dass ich Orion nicht vertraue.

„Das wäre ja noch schöner, wenn du deinem Drachen nicht vertrauen würdest", meldet sich mein Seelenverwandter.

„Ich behalte eben gerne den Überblick."

„Sie muss immer das letzte Wort haben", höre ich ihn grinsen.

Die Frage, die sich mir stellt, ist allerdings immer noch, warum Anna einen eigenen Drachen besitzt. Ich kann mir das zwar nicht erklären, aber einen Grund wird es schon haben, muss es haben.

„Sonderbar ist das schon. Wurde sie aus dem Land der Drachen adoptiert?"

„Nein, soweit ich weiß, hat ihre Mutter immer im Schattenreich gelebt."

„Und sie ist eindeutig ihre leibliche Mutter?"

„Da besteht kein Zweifel. Die zwei gleichen sich."

„Dann weiß ich auch nicht weiter."

Anna schläft noch, genau wie auch ihr Drache. Sie scheint müde vom vielen Fliegen zu sein. Sie hat es gestern aber auch genossen. Wie ein kleines Kind konnte sie nicht mehr aufhören. Kein Wunder, wenn sie am Abend fix und fertig war. Sie ist es noch nicht gewohnt. Fliegen und Mitfliegen sind eben doch zwei Paar Schuhe.

Auch wenn ich mir nicht erklären kann, warum diese junge Frau eine Drachenreiterin ist, freue ich mich für sie. Sie war von klein auf meine beste Freundin und hat immer zu mir gehalten. Wie habe ich sie vermisst, als ich die drei Jahre Ausbildung an der Drachenreiterschule absolvieren und von zuhause weg sein musste. Damals hat mir Anna beinahe mehr gefehlt als meine Eltern.

So gibt es nun auch diesen Unterschied nicht mehr und wir können auch gemeinsam mit unseren Drachen einen Ausflug unternehmen. Sie kann nun auch meine Botschafterin zum Land der Drachen und zur Welt der Menschen sein. Sie ist mir einfach wichtig.

Ich höre ein Gähnen und sehe, wie sich unter dem Flügel von Frea etwas bewegt. Es dauert dann auch nicht lange und es kommt eine verschlafene Anna zum Vorschein, deren Haare völlig zerzaust sind. Sie hat auch sonst am Morgen die Haare in alle Richtungen abstehen. Aber heute ist es besonders schlimm. Sie muss sich im Schlaf mehr bewegt haben als sonst.

„Guten Morgen, Vera."

„Guten Morgen, meine Liebe. Gut geschlafen?"

„Wie ein Stein."

„Neben seinem Drachen zu schlafen ist eben etwas ganz anderes."

„Ich habe mich so geborgen und sicher gefühlt. Ich weiß nicht, ob du weißt, was ich meine."

„Natürlich weiß ich das. Mir geht es bei Orion ja auch nicht anders."

Wir gehen zum Bach und putzen uns die Zähne, wir waschen uns mit dem kalten Wasser und kämmen unsere Haare. Danach setzen wir uns an den Tisch mit den Bänken und ich wünsche uns Frühstück herbei.

„Es ist vieles anders hier", stellt Anna fest.

„Wie meinst du das?"

„Wir sind seit gestern in diesem Land und keiner kümmert sich um uns. Wir können machen, was wir wollen."

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