𝑉𝐸𝐼𝑁𝑇𝐼𝑈𝑁𝑂

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„Nein“, entschlossen schüttelte Lissabon ihren Kopf.
„Nein, das war es nicht. Dieser Krieg ist noch lange nicht verloren. Wir werden improvisieren müssen, aber wir werden nicht kampflos aufgeben. Eine Sache bleibt uns: Die Bevölkerung denkt, ich sei in Gewahrsam und wir am Boden – wir werden ihnen das Gegenteil beweisen und mit einer weißen Fahne rausgehen. Gegen die kann nicht einmal das Militär etwas unternehmen. Selbst die Nazis hielten sich daran. Stockholm, Tokio und Athen werden mich begleiten“, fest sah sie uns nacheinander an und wandte sich erklärend an mich.

„Wir werden offen Schwäche zeigen, dass wir nicht unverwundbar sind, und gleichzeitig aber auch Stärke, dass wir uns niemals unterordnen werden“, nickend stimmten wir ihr zu und verschwanden nacheinander aus dem Zimmer, um uns vorzubereiten.

„Hey, Krüppel!“, scharf atmete ich, in der Lobby angekommen und bereit zum Trumpfspielen, ein, als ich Gandías Stimme aus einer Ecke hörte. Nur mit Mühe konnte ich mich zusammenreißen, ihn nicht auf der Stelle zu überfahren und den Bullen seinen zermatschten Körper zu präsentieren.

„Pass auf, dass ich dich nicht versehentlich falsch am Arm erwische, sonst bist du gleich der Krüppel“, fauchend presste Martín ihm seine Knarre gegen die Schulter und funkelte ihn hasserfüllt an.

„Ach, wie schön!“, hämisch lachte der Sicherheitschef auf. „Der Schwule und sein Pflegefall – glücklich vereint in ihrem Loch. Hört sich für mich nach einem Bestseller an. Vielleicht sollte ich-“

„Halt deine verdammte Fresse oder ich puste dir deine Eier weg!“, Tokio war zusammen mit Lissabon und Stockholm zu uns gestoßen und hatte sich spöttisch lächelnd vor Gandía gekniet.

„Bist du denn noch so scharf auf mich?“, ein widerwärtiges Grinsen zierte dessen Gesicht. Er schaffte es immer wieder, bei jedem von uns die Achillesferse zu treffen und wäre Lissabon nicht gewesen, hätten wir anderen ihm wohl an der Stelle ein sehr qualvolles Ende bereitet.

„Athen, Palermo, Tokio – nicht“, bestimmt zog sie uns alle ein Stück weit von unserem Feind weg und senkte etwas ihre Stimme.
„Ihm darf nichts passieren, die Polizei wird ihn im Austausch gegen Zeit haben wollen. Er ist unsere einzige Chance, hier wieder die Kontrolle zurückzubekommen, verstanden?“

Widerwillig nickten wir und sie atmete erleichtert aus.
„Legen wir los!“, mit diesen Worten öffnete Denver die Eingangstür und wir machten uns, unter dem Schutz einiger Geiseln und ohne Masken, gemächlich auf den Weg nach draußen.

Es dauerte nicht lange, bis der Coronel betont entspannt auf uns zuschlenderte und eine überhebliche Show abzog. Ganz klar, er dachte, wir hätten nur noch diesen lächerlichen Schachzug mit der weißen Fahne parat und waren sonst hoffnungslos überfordert… was auch stimmte.

„Wenn ich da einen Arzt reinschicke, muss ich den Militäreingriff um drei bis vier Stunden aufschieben und das weißt du“, ärgerlich kniff Tamayo die Augen zusammen, nachdem wir ihm per ‚Livestream‘ aus dem Inneren der Bank Gandías kritischen Zustand gezeigt hatten. Er wollte nicht, dass noch jemand in die Höhle des Löwen gehen musste, sondern ihn ausgeliefert haben.

Irgendwas an seinem gesamten Gerede schien Lissabon ein Licht aufgehen zu lassen, denn bevor sie darauf einging, zog sie Stockholm, Tokio und mich etwas zur Seite und erklärte uns, dass Alicia wohl eigenhändig handelte und somit die Bullen nicht wussten, dass wir unseren Anführer verloren hatten.
„Dafür muss ich erst mit dem Professor reden“, der Geheimdienst schien einverstanden zu sein – damit hatten wir einen neuen Trumpf in der Tasche.

Unser siegessicheres Grinsen verschwand schon schnell aus unseren Gesichtern. Kaum hatten wir wieder das Innere der Bank erreicht, sahen wir uns dem nächsten Problem gegenüber: Gandía.
Oder eher: Bogotá, der seinen ganzen Hass an ihm ausließ und wie ein Verrückter auf ihn einprügelte… unter anderen Umständen hätte ich ihn in die Liste meiner potentiellen Fanclubs aufgenommen.

𝘽𝙚𝙡𝙡𝙖 𝘾𝙞𝙖𝙤 - 𝙐𝙣𝙖 𝙏𝙧𝙖𝙙𝙞𝙘𝙞𝙤́𝙣 𝙁𝙖𝙢𝙞𝙡𝙞𝙖𝙧 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt