𝑉𝐸𝐼𝑁𝑇𝐼𝑆𝐸́𝐼𝑆

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Schon wieder folgte auf einen Hoffnungsmoment der Tiefschlag – regelmäßig wie gewisse Kunden, wenn ich Notdienst hatte, kurz vor dem Einschlafen stand und nochmal rausgeklingelt wurde.

Der Professor war verschwunden, hatte Lissabon uns soeben verkündet, und langsam verlor die gesamte Mannschaft ihre Nerven.
Denver keifte irgendetwas durch die Gegend, die Profesora fauchte entnervt etwas zurück.

Und ich?
Ich war auf eine seltsame Weise die Ruhe in Person und mir sicher, dass unser Kopf auch diesmal wieder einen Trick parat hatte und sich befreien könnte… wenn er denn überhaupt gefangen wäre, das war uns nämlich nicht bekannt.

„Wir wissen doch nicht einmal, ob er wirklich in Gefahr ist. Vielleicht muss er auch irgendetwas außerhalb erledigen und hat sein Funkgerät nicht dabei. Sollten wir nicht lieber auf ihn vertrauen und alles so fortführen, wie er es uns erklärt hat? Wir dachten schon so oft, dass wir ihn verloren hätten, und jedes Mal bewies er uns das Gegenteil. Wir müssen auch mal zuversichtlich sein, verdammte Scheiße!“, unterbrach ich irgendwann entnervt die Diskussion und bekam von einigen Seiten entgeisterte Blicke zu spüren.

„Du hörst dich schon an wie Bruxelles. Und die ist an ihrem Optimismus gestorben. Glaub mir, ich bin nicht so dumm, mir alles schönzureden. Ich habe echt keinen Bock, hier drinnen zu verrecken“, entsetzt starrte ich Denver an.
Dass gerade er seine angebliche beste Freundin derart beleidigen würde, hätte ich niemals erwartet!

„Es reicht“, fuhr Martín, gerade als ich zu einer wütenden Reaktion ansetzte, mir ins Wort und schüttelte an mich gerichtet warnend seinen Kopf.
„Mir geht die Demokratie am Arsch vorbei. DAS GOLD KOMMT HIER RAUS, [das ist jetzt am wichtigsten], hier wird nicht debattiert!“

Hieß für alle anderen: Lasst uns doch jeder nacheinander seinen Pessimismus kundtun und eine Massendiskussion auslösen!
Wie sturköpfig konnte man nur sein?

Jedem hier war klar, dass Lissabon und ‚Palermo‘ den Plan in- und auswendig kannten und keinen Schritt zum falschen Augenblick einleiten würden – und doch meinten plötzlich alle, außer vielleicht Matías und Nairobi, es besser zu wissen!

Wenn Alicia tatsächlich wieder den Professor in ihrer Gewalt hätte, dann würde sie mit der Polizei verhandeln und uns dadurch die Zeit verschaffen, die wir zum Herausbringen des Goldes bräuchten, das erklärte die ehemalige Inspectora ruhig dem Rest.
Es zeigte Wirkung, wir konnten beginnen.

„Señores y Señorita, mit diesem Überfall schreiben wir Geschichte und verewigen uns. Na los, verewigen wir uns für alle Zeiten!“, eröffnete Martín nur wenige Minuten später Nairobi, den anderen, die mit in die Schmelzküche gekommen waren, um das Spektakel einzuläuten, und mir mit leuchtenden Augen unsere glorreiche Zukunft.

Ihn so glücklich zu sehen, löste auch in mir eine solche Euphorie aus, als wäre es genauso mein Lebenstraum, der gleich in Erfüllung gehen würde – ich wusste, er hatte jahrelang mit Andrés und dann ebenfalls mit Sergio auf diesen Moment hingearbeitet, dabei so viele Nächte durchgetüftelt, Hürden überwunden, und ich war mehr als stolz auf ihn, dass er niemals aufgegeben hatte, wie ausweglos ein Problem auch zunächst erschienen war.

„Ventile öffnen!“, auffordernd stupste Nairobi mich an und deutete grinsend mit ihrem Kinn auf die Dinger, die ich aufschrauben sollte – oh, Himmel! Hatte sie mich etwa die ganze Zeit beobachtet, während ich wahrscheinlich ziemlich dümmlich lächelnd Martín angestarrt hatte?

„Bitte spar dir deine Kommentare“, etwas verlegen trat ich nach meinem perfekten Einsatz wieder neben sie.
Rücksichtsvoll, wie sie manchmal tatsächlich war, nickte sie und so hörten wir schweigend seinen weiteren Aufforderungen an Bogotá zu, wobei mit jedem Wort unsere kindliche Vorfreude und Nervosität immer mehr anstieg.

𝘽𝙚𝙡𝙡𝙖 𝘾𝙞𝙖𝙤 - 𝙐𝙣𝙖 𝙏𝙧𝙖𝙙𝙞𝙘𝙞𝙤́𝙣 𝙁𝙖𝙢𝙞𝙡𝙞𝙖𝙧 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt