𝑉𝐸𝐼𝑁𝑇𝐼𝑇𝑅𝐸𝑆

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„Einstecken für den Fall, dass meine Medikamente später nicht mehr wirken und ich nicht quer durch das Gebäude rennen kann“.

Meine eigene Stimme schoss mir wie ein Echo durch den Kopf, als ich in meinem Overall umständlich nach dem Fläschchen Morphium und der Spritze suchte, die ich vor nur wenigen Stunden in weiser Voraussicht eingepackt hatte.
Entschlossen biss ich mir die Zähne zusammen, nachdem ich meine Medizin ertastet hatte und sie mit meinem ‚gesunden‘ Arm aus der Tasche zog.

„Athen, Stockholm“, gerade als ich meine Dosierung unterhalb der Schulter ansetzte, meldete sich wieder Martín voller Anspannung bei uns.
„Kommt sofort in den zweiten Stock, wir müssen uns neu aufteilen. Helsinki wurde bei der Explosion von einer Statue getroffen und braucht JETZT unsere Hilfe“.

Scheiße!

„Verstanden“, gab Stockholm knapp zurück und ich spritzte mir rasch das Morphium, ehe sie mich wieder auf die Beine zog und wir mehr oder weniger schnell nach oben hechteten.

„Na, Señor Olympia, heute wieder in Topform?“, fast waren wir angekommen, da holten uns von hinten Bogotá und Nairobi ein, die ihrer Sorge um Helsinki offenbar nicht nachgeben, sondern sie in Scherzen ersticken wollte.

„Immer, Señorita Unentschlossen“, gab ich belustigt zurück und nickte ihr noch ermutigend zu, bevor sie zusammen mit Rio, Martín und Bogotá ins Goldmuseum abbog und ich Lissabon und Stockholm folgte.

„Lissabon?“, die hektische Stimme des Professors erreichte uns über die Funkgeräte – irgendwie hatte er anscheinend das Regenlaufüberbecken wieder in seine Gewalt bekommen und verlangte jetzt von all unseren Truppen einen Lagebericht.

„Mit Athen und Stockholm im zweiten Geschoss“.
Ein lautes Knacken ertönte links von uns. Angespannt zielten wir dorthin, doch es war nichts zu sehen.

„Lissabon, sie bereiten einen zweiten Angriff vor“, hörten wir unseren Kopf von draußen und mussten eine Moralpredigt über uns ergehen lassen, warum wir denn den Gobernador freigelassen hätten – als wäre das noch wichtig!

Klar, er war unsere wichtigste Geisel und vermutlich das einzige Druckmittel, das wir noch gegen die Polizei hätten, aber wir befanden uns im Krieg: Das Militär war kurz davor uns zu umzingeln, zum Verhandeln war es also eindeutig zu spät.
Vor allem, nachdem die Soldaten einen von uns, Helsinki, fast ins Jenseits befördert hätten.

Fast. Und bei diesem ‚fast‘ sollte es auch bleiben, dafür würden wir alles in unserer Macht Liegende tun.

„Palermo. Athen, Stockholm und ich sind auf Position“, ruhig sprach unsere Profesora in ihr Funkgerät und wir warteten hinter unserem provisorischen Wall auf Martíns Signal zum Feuerschutz.
Wir würden das Militär so lange ablenken, bis sie es geschafft hätten, unseren Komplizen unter dieser verdammten Statue zu befreien und in Sicherheit zu bringen.

„Lissabon, rauf in fünf – vier – drei – zwei – eins – jetzt!“, und schon brach ein heilloses Chaos aus.
Unsere gesamte Anspannung verwandelte sich in nichts als Wut, Hass und Rachegelüste.
Es zählten nur noch die Soldaten und wir; alles andere um mich blendete ich vollkommen aus, ich wurde ‚eins‘ mit meinem Gewehr, den Granaten, die wir auf unsere Feinde warfen.

Doch plötzlich…
„Mehr Rauchbomben, los! Wo sind diese verschissenen Rauchbomben?“, panisch griff ich ins Leere und sah zu beiden Seiten nur in verzweifelte Gesichter.

„Wir haben keine mehr, jetzt bleibt uns nichts als perfektes Zielen“, aber selbst das war leichter gesagt als getan – viel Munition hatten wir auch nicht mehr übrig, grandios!

𝘽𝙚𝙡𝙡𝙖 𝘾𝙞𝙖𝙤 - 𝙐𝙣𝙖 𝙏𝙧𝙖𝙙𝙞𝙘𝙞𝙤́𝙣 𝙁𝙖𝙢𝙞𝙡𝙞𝙖𝙧 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt