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Los Angeles

Ariel

Es riecht immer noch nach ihm. Der weiche, hellblaue Stoff riecht immer noch nach ihm. Ich bin mir sicher, dass ich es mir nur einbilde. Sanfter, rauchiger Lederduft, der in meine Nase dringt, als meine Finger über das weiche, hellblaue Material seines Shirts fahren. Meines hellblauen Shirts. Ich drücke es an meine Nase und atme tief ein, als wäre ich drogensüchtig und dies wäre meine nächste Line.

Für einen kurzen Moment lasse ich meine Augen zufallen. Wie fast jedes Mal in den letzten Wochen, taucht eine so lebendige Vision von Jay hinter meinen Augenlidern auf, dass sich meine Brust zusammenzieht. Wie konnte er immer noch so lebendig in meinem Kopf sein? Wie konnte er immer noch alles sein, woran ich dachte? Wie kann ein Mensch einem anderem nach so kurzer Zeit so viel bedeuten?

Er berührt mein Gesicht mit seiner tätowierten Hand und fragt mich mit seiner tiefen, kiesigen Stimme, ob ich es noch einmal mit ihm versuchen will. Jedes einzelne Mal antworte ich ihm mit einem lauten „Ja". Doch jedes Mal, wenn das Wortmeine Lippen verlässt, weiß ich, dass es nichts bedeutet, weil er nicht hier ist.

Er ist nicht hier.

Es war eine schlechte Idee gewesen, mein Gepäck zu öffnen. Dies wird mir klar, als ich meine tränenbenetzten Augen nun unvermittelt öffne, während ich Jays Shirt an meine Brust drücke. Würde es jemals weniger weh tun? Würde ich jemals aufhören an ihn zu denken und würde er jemals aufhören mich in meinen Träumen zu berühren?

Ein zittriger Seufzer verlässt meine Lippen, als ich all meine Kraft zusammennehme und sein Shirt wieder in den Koffer stopfe. Meine Hand streift dabei das herzförmige Post-it , das ich unter meine Kleidung geschoben hatte. Ich ziehe es hervor, meine Lippen zittern nun, als ich das tränenverschmierte, rosa Herz in meiner Hand betrachte. Ein Papierherz, das wie ein herausgerissenes Stück meines echten Herzens war. Ein Herz, auf das ich Worte aus den tiefsten Winkeln meiner gebrochenen, zerschmetterten Seele geschrieben habe.

Die Worte sind verschmiert, aber ich kann sie trotzdem lesen. Sie sind zu wahr, um sie zu verstecken. Sie sind mir noch zu frisch im Gedächtnis, um sie zu vergessen.

Ich atme tief ein und lese die Worte, die ich an einem dieser dunklen, schweren Tage aufgeschrieben habe. Sie waren an ihn gerichtet und ich wusste nicht einmal warum ich sie geschrieben hatte, da er sie nie lesen würde.

Du bist ein Arschloch und ich hasse dich dafür, wie du mich verlassen hast. Ich hasse dich dafür, dass ich mich in dich verliebt habe. Dass du dich in mein Herz geschlichen hast und jetzt dort einen Platz einnimmst, als wäre es dein verdammtes Zuhause!

Die Kissen riechen immer noch nach dir. Nach deinem dummen Ledergeruch! Er ist alles, was ich in diesem Motelzimmer riechen kann. Es macht mich wahnsinnig , aber gleichzeitig ist es das Einzige, das mir immer noch das Gefühl gibt, dass du hier bist. Obwohl du es nicht mehr bist.

Mein Körper sehnt sich immer noch nach dir, wie eine verdammte Drogensüchtige. Nach deiner Berührung und die Art, wie deine wunderschönen eisblauen Augen immer in meine geschaut haben, als wäre ich das Einzige, was zählte! Nur um mir am Ende zu sagen, dass ich es doch nicht tat. Dass ich nichts für dich war.

Warum tauchst du immer noch in meinen Träumen auf, Jay? Warum kann ich mir Elvis Presley nicht mehr anhören? Und warum liebe ich dich immer noch? Warum liebe ich dich immer noch mit jedem Atemzug?

Tränen tropfen auf das Papierherz, als die Worte mich erneut wie ein Pfeilschuss treffen. Meine Brust zieht sich zusammen, während meine Hand wie betäubt nach dem Stift und den Post-its in meinem Koffer sucht. Als ich beides schließlich finde, öffne ich die Kappe des Stiftes und reiße ein weiteres Herz von dem Block. Es fühlt sich schwer in meiner Hand an. Schwerer als es sein sollte.

The one who splits my soulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt