Kapitel 14

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Als ich Mia abends den Bericht in die Hand drückte, kamen auch ihr nach der Hälfte die Tränen und als sie fertig war, nahm sie mich so fest in den Arm, dass ich fast kollabierte.
"Ich bin so unendlich Stolz auf dich", schluchzte sie mir ins Ohr und drückte noch ein wenig fester dabei zu.
"Danke." Keuchte ich und sagte anschließend das, was ich schon vor Längerem hätte tun sollen.
"Und damit mein ich für alles. Danke, dass du immer für mich da bist, mich so akzeptierst wie ich bin und vor allem aber für die Worte, die ich dringend gebraucht habe. Ich hab dich so unendlich lieb".
Sie lockerte die Umarmung ein wenig, sodass unsere Gesichter in die des Gegenübers schauen konnten.
"Du bist mein Lieblingsmensch, natürlich bin ich für dich da und ich werde es auch immer sein, egal was kommt. Wir beide gegen den Rest der Welt." Sie gab mir einen Kuss auf die Stirn.
"Ich hab dich noch viel mehr lieb."

Eine Woche später hatte ich noch immer keine Reaktion auf meine Offenbarung und jeder weitere Tag wurde mehr zur Qual. Unsere gemeinsame Nacht durchlebte ich jeden Abend in meinen Träumen und am Ende jeden Traumes sah ich sein Gesicht, nachdem der die Wahrheit erfahren hatte. Und es brach mir jeden verdammten Morgen erneut mein Herz.
Ich vermied es raus zu gehen, duschte nur, wenn es nötig war und hatte bereits meine persönliche Kuhle in der Couch, die aussah wie die perfekte Abbildung meines Hinterns.

Eine weitere Woche später hatte Mia genug von mir und meinem Selbstmitleid.
"Ok. Jetzt reicht es endgültig. Ich verstehe dich ja, aber so langsam mache ich mir echt Sorgen". Sie stand mit verschränkten Armen direkt vor mir, während ich wieder einmal auf der Couch lümmelte.
"Du, stehst jetzt gefälligst auf und wir gehen uns ein wenig ablenken, verstanden?" Kommandierte sie mich an.
Ich wollte eben zum Gegenschlag ausholen, doch sie schien noch nicht fertig zu sein.
"Und, nein, es gibt keine weiteren Ausreden. Das Loch in der Couch wird immer tiefer und ich habe langsam die Befürchtung, sie verschlingt dich noch komplett. Ich weiß, du leidest, aber so hat das auch keinen Sinn mehr."

Ich versuchte ein weiteres mal dagegen zu reden, was leider so gar nicht half, denn sie duldete keine weitere Ausrede und letztendlich gab ich mich geschlagen.
Ich hatte sie noch nie so erlebt.
So aufbrausend und gleichzeitig flehend.
Ich schaute von unten auf sie herauf und schnaufte.
Sie hatte ja recht...und obwohl mir echt nicht danach war, erhob ich mich, schenkte ihr ein lächeln und folgte ihr anschließend ins Badezimmer.

Nach einer dringend benötigten Dusche hatte Mia es sich zur Aufgabe gemacht, mich herzurichten und ich musste zugeben, sie hatte sich mal wieder selbst übertroffen.
Statt einem Vogelnest, hingen leichte Wellen über meine Schulter, abgerundet durch ein leichtes Abend Make-up und aus meinem Jogginganzug wurde eine viel zu enges schwarzes Kurzes mit ebenso schwarzen Peeptoes.
Ein wenig schmunzeln musste ich bei meinem Anblick dennoch, denn ohne es zu wollen, hatte sie mich genau in die Farbe gesteckt, die meine derzeitige Laune am besten widerspiegelte...Schwarz.

Obwohl wir hätten laufen können, riefen wir uns dennoch ein Taxi, das uns zu Billy Circus fuhr.
Das Billy Circus, abgekürzt BC, war eine etwas größere Szene Bar, die stets gut besucht war und in der es auch hin und wieder live Auftritte gab.
Noch dazu servierten sie mit Abstand die besten Cocktails der Stadt.
"Ich hol uns etwas zu trinken, wartest du hier?" Schrie Mia mir ins Ohr aufgrund des Lautstärkenpegels um uns herum und beantwortete ihre Frage mit einem Nicken meinerseits. 
Während sie in der Menge verschwand, stand ich einfach nur da, schaute blöd durch die Gegend und fragte mich, was ich hier eigentlich tat.

Als ich eben dabei war zu sehen, wo Mia sich so lange rumtrieb, entdeckte ich ein mir bekanntes Gesicht im hinteren Teil der Bar. Lion.
In Schockstarre verfallen gaffte ich ihn regelrecht an und schüttelte anschließend mein Kopf, da ich der festen Überzeugung war zu halluzinieren.
Allerdings half das so gar nichts, denn als ich noch einmal hinsah, stand er noch immer dort, aber nicht mehr allein.
Eine junge Frau stand neben ihm und sie unterhielten sich.
Sie überreichte ihm ein Getränk und tätschelte seine Schulter.
Sie sagte etwas und er lachte.
Ich kam mir vor wie in einem völlig absurden Traum und hoffte jeden Moment aufzuwachen.
Er nahm sie an der Hand und zog sie mit sich weg von den anderen....direkt in meine Richtung.
Er hatte eine neue...Er hatte mich bereits ersetzt...
Mein Herz trommelte gegen meinen Brustkorb und mein gesamter Körper zitterte.
Fuck...ich musste schleunigst hier weg.
Doch bevor ich Reagieren konnte, registrierte er mich bereits und stand nun einige Meter von mir entfernt und seine blauen Augen weiteten sich.
"Elly?" Fragte er ebenso schockiert wie ich es war.
Renn...Renn...Renn...
Raste durch meine Gedanken und genau das tat ich auch.


Ohne ein weiteres Wort stürmte ich aus der Bar und mit einem mal kam all der Schmerz der letzten Wochen erneut über mich. Tränen strömten über mein Gesicht und versperrten meine Sicht.
Als ich draußen war, rannte ich einfach weiter...weg von all dem...weg von ihm und dieser Frau...weg von all dem Schmerz, der sich gerade anbahnte, als ich auf einmal jemand meinen Namen rufen hörte...Lion.
Doch ich hörte nicht und setzte meinen Gang fort.

"Elly, jetzt bleib endlich stehen und hör mir zu", schrie er ein weiteres mal und ich blieb stehen. Völlig außer Atem drehte ich mich um und versuchte meine Tränen zu bändigen. Ich wollte keine Erklärung hierfür, wollte nicht hören, was er zu sagen hatte.
Daher machte ich den Anfang und ließ ich ihn erst gar nicht zu Wort kommen.

"Nein, Lion" schluchzte ich.
"Ich kann das nicht mehr...Ich weiß nicht, ob du meine Worte gelesen hast, aber das ist auch jetzt egal...", ein weiterer Schluchzer entglitt mir und ich musste mich anstrengen, nicht augenblicklich völlig zusammenzubrechen.
"Ich halte viel aus und kann verstehen, das du nichts mehr von mir hältst...aber den Mann, den ich liebe, mit einer anderen zu sehen und zu wissen, das sie all das bekommt, nach dem ich mich so sehr Sehne...das ist, auch für mich zu viel."
Ich wagte noch einen letzten Blick in sein Gesicht, doch statt etwas zu sagen, starrte er mir nur mit weit aufgerissenen Augen entgegen und ich begann erneut zu rennen.


Hope for forgivenessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt