XXIV

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"Danke, Mum. Ich sag es viel zu selten, danke, für alles" Sie hatte so verdammt viel für mich getan, es war ungalublich und bewundernswert. Früher hatte ich immer gedacht, dass das normal war, doch spätestens seit ich Emmy kannte wusste ich, dass nicht alle Eltern ihre Kinder so umsorgten und sich so um sie kümmerten. Wenn ich irgendwann Kinder bekomme möchte ich auf jeden Fall, dass sie glücklich sind und ich möchte auf keinen Fall, dass es ihnen schlecht geht. Ich möchte, dass sie alles haben was sie brauchen und wissen, dass ich immer für sie da sein werde. Ich würde alles dafür geben, dass meine Kinder glücklich werden.

"Mr Styles, kann ich noch einmal mit Ihnen reden?", fragte die Krankenschwester von vorhin und ich nickte. Sie führte mich in einen Abgelegenen Raum und bedeute mir mich zu setzen.

"Wie Sie sicherlich schon wissen hat sich Ms Brooke's Zustand stabilisiert. Wir werden sie noch für drei Tage zur Beobachtung hierbehalten. Danach würden wir sie gerne zu unserer Therapeutin schicken-"

"Nein", widersprach ich sofort.

"Mr Styles-"

"Nein", sagte ich, "sie würd zu keiner Therapeutin gehen, solange sie es nicht selber will"

"Es wäre nur besser für sie ..."

"Sie würd das doch wohl Selbst entscheiden dürfen, denken Sie nicht?"

"Ja - aber eine Stunde, danach dürfte sie -"

"Nein. Fragen Sie sie selber"

"Mr Styles, beruhigen Sie sich doch erstmal. Wir denken es wäre besser für sie..."

"Ich Scheiss drauf was sie denken. Sie kennen Emmy nicht", sagte ich ärgerlich und ging aus dem Zimmer raus. Die Krankenschwester versuchte nicht einmal mir zu folgen. Ich versuchte verzweifelt den Raum zu finden in dem meine Mum saß, doch alles sah gleich aus. Also lies ich mich vor irgendeiner Tür auf den Boden fallen und schloss die Augen.

Hatte ich überreagiert? Wäre es vielleicht doch besser für Emmy wenn sie einmal zu einer Therapeutin gehen würde? Verbaute ich ihr hiermit Chancen auf ein glücklicheres Leben? Das waren die Gedanken die in meinem Kopf rumschwirrten.

"Au!", sagte ich als jemand über mein Bein stolperte.

"Sorry, Mann, hab dich nicht gesehen" Ich machte die Augen auf und sah Michael vor mir stehen.

"Passt schon", antwortete ich und stand langsam auf. Meine Beine waren eingeschlafen.

"Wir haben dich gesucht. Em hat dich gesucht" Er ging vor und führte mich zu Emmy's Zimmer. Es war fast direkt neben dem Punkt an dem ich eben saß. Ich öffnete die Tür. Das Zimmer sah immer noch genauso aus wie vorher. Alles war weiß. Eine blasse Emmy lag im Bett. Eine Vase mit Rosen stand daneben.

"Harry", sagte sie und ihre Augen funkelten leicht als ich zu ihr ging.

"Wie geht's dir, Emmy?"

"Besser" Sie schaute auf ihre verschränkte Hände. Ich nahm diese und hielt sie fest, ein Zeichen, dass ich für Sie da sein werde. Ihre Händen waren eiskalt.

"Wirklich?"

Sie schüttelte den Kopf. Ich küsste jeden ihrer Fingerknöchel und lächelte sie an. Sie lächelte schwach zurück. Sie zog ihre langen Ärmel hoch und ich sah zwei Verbände die ihre Unterarme bedeckten. Sie waren rot.

"Soll ich eine Krankenschwester holen?", fragte ich leise, da ich nicht wusste was ich sagen sollte. Emmy schüttelte wieder den Kopf.

"Willst du sie sehen?" Ich nickte. Langsam wickelte sie einen der Verbände ab. Lange, Tiefe, rote Schnitte zeichneten sich über ihren ganzen Unterarm. Ein paar waren genäht wurden, ein paar waren älter, ein paar bluteten noch. "Ich hab nicht mitbekommen wie tief sie sind. Ich hab ein paar Tabletten genommen, weil ich nicht schlafen konnte. Ich hab sie nicht nachgezählt, ich hab einfach geschluckt. Dann lag da die Klinge... Sie sah so verlockend aus und es juckte mir in den Fingern sie über meine Haut zu ziehen... Das hab ich dann auch getan. Ich habe nichts gespürt, wahrscheinlich wegen den Tabletten, also hab ich tiefer geschnitten als wie ich wollte. Dann hörte ich wie du aufgewacht bist, also schmiss ich die Klinge Weg. Ich war so verdammt sauer auf mich. So sauer. Ich wollte dich nicht enttäuschen. Dann hast du an der Tür geklopft. Ich wusste nicht ob ich die Tür aufmachen sollte, doch vielleicht wusste ich, dass ich es nicht Schaffen würde wenn ich dich draußen lassen würde. Ich wollte hier bleiben. Das war das erste Mal, dass mir wirklich bewusst wurde, dass ich einen Grund zum Leben gefunden hatte. Ich wollte hier auf dieser verkackten Erde bleiben. Dank dir" Ich spürte Tränen in meinen Augen brennen doch ich beobachte weiter ihre Arme.

Es war nicht gut was sie getan hatte und ich unterstütze es kein Stück. Doch ich war einfach so extrem froh, dass sie noch da war, das ich nicht mal eine Sekunde sauer oder enttäuscht war. Ich war erleichtert. Einfach nur erleichtert. Dann spürte ich die heißen, brennenden Tränen auf meinen Wangen. Emmy wischte die Tränen weg, eine Geste, die ich bei ihr schon viel zu oft angewandt hatte.

Sie weinte nicht. Es hätte mich gewundert wenn sie geweint hätte. Sie hat lange nicht mehr geweint. Sie war stärker geworden, weniger anfällig gegenüber Hate. Sie hatte so viel durch gemacht, doc hatte sich entscheiden hier zu bleiben. Wegen mir. Sie blieb wegen mir hier.

"Ich bin so unfassbar glücklich, dass du noch hier bist. Ich kann das gar nicht in Worte fassen. Ich liebe dich so sehr" Ich küsste ihre Hand, dann ihre Wange, ihre Stirn, ihre Nase, jeden Quadratzentimeter ihres Gesichtes, und zum Schluss, ihre Lippen.

Ich schloss die Augen und genoss den Geschmack ihrer Lippen. Es war schrecklich zu Wissen, das es das letzte Mal hätte sein können. In diesem Moment realisierte ich wie schnell etwas verschwunden sein konnte. Und dann fasste ich einen Entschluss.

Where do broken hearts go || h.s.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt