Kapitel 6

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Es war erst sieben Uhr. Heute wird die Uni vorteilhafterweise erst um halb zehn beginnen. Und so konnte ich mir beim Fertigmachen Zeit lassen. Ich lackierte mir die Nägel in einem dunklen rot und trug nicht gerade wenig Mascara auf. Den Labello tauschte ich in einen Lippenstift ein, der die selbe Farbe meines Nagellackes besaß. Als ich in mein Zimmer lief, noch im Handtuch eingewickelt, stürmte meine Mutter herein. "Du siehst ja heute schön aus! Ich wollte dir nur sagen, dass Nellys Auto seit gestern Abend nicht mehr anspringt. Sie hat gerade hier angerufen, du sollst den Bus nehmen."
Na toll, dass konnte ja heiter werden. Ein Bus mit einer Menge von nach Schweiß stinkenden Teenagern die sich mit Kaugummis und vollgerotzten Papierkügelchen beschmeißen. Der Bus fuhr nämlich nicht nur zur Uni, er hielt davor noch an der Highscool.
"Ja geht klar."
Mein Handy vibrierte. Und da sah ich sie schon, eine Nachricht von Nelly. „Sry Schätzchen, Auto geschrottet Treffen vorm Eingang. Und stylen nicht vergessen."
Ich antwortete ihr und machte mich anschließend wieder an mein Werk. Als ich meinen Schrank öffnete, fiel mir ein Beeg frischgewaschener Socken entegegen. Ich bin nicht gerade sehr ordnungsbewusst. Ich stöhnte genervt auf, bückte mich und schmiss sie anschließend so weit wie möglich wieder zurück in das Fach. Dann überflog ich mit den Augen meine neugekauften Klamotten und entschloss mich für eine kurze, schwarze, mit einem aus Franzen besetzten Rand, Highwaist und ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Ramones", welches ich ebenfalls gestern erworben hatte. Ich band es unten zu einem Knoten zusammen. Ich habe eigentlich keine schlechte Figur und seit neustem das Motto, dass ich meinen Körper auch mal zeigen darf. Als ich fertig war, schnappte ich mir meine Schultasche und legte einen kurzen Treppensprint nach unten ein.
"Morgen Jungs, guten Appetit! ", begrüßte ich meine zwei Brüder, die am Tisch saßen und genüsslich ein Nutellabrot verzehrten.
Keiner von beiden sagte etwas, sie starrten mich einfach nur mit offenem Mund an. Ich glaube nicht, dass sie damit gerechnet hatten, dass sich ihre kleine Schwester mal sexy anzieht.
"Nicht schlecht, die werden glotzen heute." Jason zwinkerte mir zu. Daraufhin rollte ich nur mit den Augen.
"Ich meins Ernst Hannah. Siehst wirklich gut aus."
"Danke Jase. Ich musste einfach mal etwas verändern."
Derek hielt seinen linken Daumen in die Höhe. Ich schnappte mir das fertige Toast mit einer dicken Schicht Erdbeermarmelade und lief zur Haustür. Aber mein Bruder war vor mir da. Hatte ich schon die Schnelligkeit unter uns Weerwölfen erwähnt?
"Das ist mein Toast, Schwesterherz!"
"Ich muss aber heute mit dem Bus fahren, Nellys Auto springt seit gestern Abend nicht mehr an."
"Das ist nicht mein Problem, schmier dir selbst eins."
"Du bist mein Bruder! Du solltest nett zu mir sein, ich bin deine kleine Schwester du musst mich beschützen und für mich da sein!" Ich setzte meinen Hunde beziehungsweise Wolfsbabyblick auf, dem bis jetzt noch niemand widerstehen konnte.
"Also gut, dann will ich mal nicht so sein." Derek drückte mir das Brot wieder in die Hand, umarmte mich und öffnete die Tür. Ich muss schon sagen, mein Bruder ist ein richtiger Gentleman. Allerdings hat er keine Freundin. Manchmal erzählte er Sachen von einem bestimmten unbekanntem Mädchen. Allerdings wollte er mir und Jason nie den Namen verraten. Naja, irgendwann würde er schon noch mit der Sprache rausrücken.

"Ich wünsche dir einen schönen Tag. Und genieße die Aufmerksamkeit."
Ich musste schmunzeln. "Danke dir auch, werde ich auf jeden Fall machen. Und sag Mum schöne Grüße, wenn sie wieder da ist. Ich hab ganz vergessen tschüss zu sagen."
Mein Bruder nickte und ich spazierte zur Tür hinaus.

Auf dem Weg zur Bushaltestelle steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und spielte meine Playlist ab. Ich hatte dort viele Lieder heruntergeladen, die auch in der Disko liefen. Ich tanzte wirklich für mein Leben gern. Ich mochte es, es machte mich irgendwie glücklich. Und das war in letzter Zeit wirklich sehr schwierig gewesen. An der Haltestelle angekommen, kam auch gleich der gelbe Schulbus angefahren. Als ich einstieg, stieg mir ein ekelerregender Geruch in die Nase. Ich hielt die Luft an. Wie sollte ich das nur 30 Minuten aushalten? Während der Fahrt sah ich die ganze Zeit nach draußen. An der vorletzten Haltestelle stieg ein Junge ein. Ich warf einen kurzen Blick auf ihn und musste zugeben, der Typ sah wirklich heiß aus. Verwuscheltes, schwarzes Haar. Ich schätzte ihn auf etwa mein Alter. Seine Haut war sonnengebräunt, so wie meine. Als er merkte dass ich ihn immernoch ansah, musste er lächeln. Schlagartig wandte ich mich wieder der Fensterscheibe zu. Wie peinlich war das denn gerade?

The half wolf bloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt