Kapitel 9

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Es ist inzwischen eine Woche seit dem Vortanzen vergangen. Heute werden wie unsere Ergebnisse bekommen. Und heute Abend wird die Vollmondsversammlung aller Werwölfe von Rosewood stattfinden. Da wären nur ich, Marlon, Jason, Dad und unser Nachbar. Marlon war in der vergangenen Woche nicht mehr in der Schule gewesen. Was ich und Nelly sehr eigenartig fanden. Ich wünschte mir insgeheim, dass er sich heute wieder blicken lassen wird. Langsam kam ich über Toby hinweg. Allerdings hatte ich vorgestern noch einmal eine Heulattacke gehabt. Jedoch hatte ich mir geschworen, ab sofort nie mehr wegen einem Jungen meine Tränen zu verschwenden. Das musste aufhören.

Nellys Auto war nun wieder funktionstüchtig und so konnte sie mich auch wieder mit zur Schule nehmen. Langsam wuchs der Wunsch nach einem eigenen Auto. Klar, fuhr ich gerne bei meiner Freundin mit, aber trotzdem wäre es schön, ein eigenes zu besitzen. Nur Jason und meine Mutter besaßen ein Auto. Aber Jason hatte mir versprochen, dass ich sein Auto auch benutzen darf. Ich nutzte das Angebot hin und wieder, wenn er zu Hause war, was aber nicht sehr häufig vorkam. Er hatte bereits eine eigene Wohnung.

"Hallo Hannah! Gut geschlafen?", begrüßte mich Nelly.
Ich nickte. "Bin aber total müde, ich war noch mit Dad jagen. Konnte nicht schlafen. Denkst du wir werden ins Team aufgenommen?"
"Ich weiß nicht, mich würde es aber wundern, wenn sie uns nicht nehmen." Sie lächelte. Und zugegeben sah sie heute besonders glücklich aus. Sie lächelte ununterbrochen. Sie wirkte in letzter sowieso anders. Aber irgendwie positiv anders. Ich nahm mir vor, sie nachher einmal darauf anzusprechen.

In der Mittagspause saßen wir wieder an unserem Platz in der Ecke. Wie gewohnt aß ich Nellys Reste. Entenbrust. Sehr lecker. Ich stellte mir vor in ein lebendiges Wildschwein zu beißen. Wildschweingeschmack ist eben einfach der Beste.
"Hannah! Deine Augen!"
Ich zückte meinen Make Up Spiegel. Mist, meine Augen leuchteten. Das taten sie immer, wenn ich mein Essen besonders genoss. Aber eigentlich war ich mittlerweile soweit, mich unter Kontrolle zu haben. Ich schob meine Haare vor mein Gesicht und gab meiner besten Freundin den Teller zurück. Das durfte niemand sehen. Auch an meinen Händen hatten sich bereits lila Adern gebildet und meine Fingernägel ähnelten jetzt eher einem Wolf, als einem Menschen. Mist, ich musste hier dringend weg. Und dann fiel es mir ein! Vollmond. Ich musste mich an diesem Tag wirklich wie bereits erwähnt, immer besonders zusammenreißen. Da ich mich zu dieser Zeit auch leichter verwandeln kann als sonst. Eine Gestalt näherte sich unserem Tisch. Marlon. Auch das noch.

"Hey Hannah, ich wollte mal fragen..." und weiter kam er auch gar nicht, da ich mir schon meine Tasche geschnappt hatte und zur Toillette rannte. Verdammt ich muss mich jetzt wirklich wieder unter Kontrolle kriegen. Es war mir furchtbar peinlich. Wahrscheinlich hielt er mich schon längst für eine Durchgeknallte.

Ich hörte nur noch wie Nelly sagte: "Ihr geht's nicht gut, ich muss hinterher! Sie hat oft starke Migräne!"

Ich sperrte mich in der Klokabine ein und versuchte langsam und ruhig zu atmen. Ich versuchte an etwas anderes zu denken. Ich roch menschliches Blut. Die Tür ging auf. Oh nein, hoffentlich ist das Nelly und nicht jemand anderes! Ich bekam es mit der Panik zu tun. Mir wurde schwindlig, mein Atem knapper. Ich rang nach Luft.

"Han,wo bist du? Mach die verdammte Tür auf!", hörte ich Nellys Stimme. Sie hämmerte gegen jede einzelne der Türen. Sie klang sehr besorgt und hatte dieses Vollmonddrama schon häufiger mitgemacht. Ich war wirklich froh sie zu haben, ich wüsste nicht, was ich in solchen Situationen ohne sie machen würde. Nelly hatte mir schon so oft dadurch geholfen und wusste genau, was zu tun war.

Ich versuchte zu schreien. Vergebens. Aus meiner Kehle drang nur ein leises Brummen. Ich hatte keine Kraft mehr, die Tür aufzusperren. Mir wurde schwarz vor Augen und ich hörte einen lauten Knall. Ich wusste nur nicht, dass dieser Knall von meinem Aufprall auf der Toilette stammte. Ich fiel in einen tiefen Schlaf.

The half wolf bloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt