Ich habe Frau M. nichts von dem Versuch erzählt, dennoch merkte sie dass es mir zunehmend schlechter ging.
Es war der 27.10. an dem ich ihr ehrlich sagte, dass ich ihr nicht versichern konnte, die Nacht zu überleben. Sie rief meinen Papa an und wir fuhren in die Klinik.
Ich habe nach meiner Entlassung einen Text über meinen kurzen Aufenthalt geschrieben, welchen ich jetzt einfach einfügen werde, ist etwas lang aber wäre cool wenn ihr weiterlesen könntet weil das dort eine echt krasse Erfahrung für mich war :)
Halb sechs, wir gingen in das Hauptgebäude und fuhren in den zweiten Stock. Wir wussten nicht, wo wir waren und wurden dann in ein anderes Gebäude geschickt. Dort angekommen mussten wir kurz warten und anschließend sprach ich mit einer Psychologin. Ergebnis „A(Name geändert). ist wach, bewusstseinsklar und vollständig orientiert. Stimmung schwer gedrückt, affektiv flach, wenig schwingungsfähig. Im interpersonellen Kontakt zurückhaltend, unsicher wirkend, zeitweise abwesend wirkend. Blickkontakt eher starrend, kaum Mimik. Psychomotorisch leicht angespannt. Beschreibt Angst „vor allem", verneint Zwänge. Keine Halluzinationen, Wahnvorstellungen oder Ich-Störungen. Konzentrationsschwierigkeiten berichtet. Beschreibt Stimmen laut werden und Grübelneigung mit starken selbstabwertenden Inhalten. Derealisations- und Depersonalisationserleben. Suizidgedanken mit -plänen (vor den Zug werfen) seit einigen Wochen, am heutigen Tag nicht ausreichend absprache- und bündnisfähig. Kein Hinweis auf Fremdgefährdung." Wir gingen ein Stockwerk höher und ich hatte noch ein kurzes Gespräch mit ihr und meinem Papa. Ich unterschrieb, dass ich freiwillig gekommen war und sprach über meine Allergien und meine Skoliose. Nun war es so weit - ich musste mich von meinem Papa verabschieden. Anschließend wurde ich in ein Zimmer gebracht, wo ich gewogen (70.2kg) und gemessen (172cm) wurde. Ich wurde durchsucht und meine Sachen wurden konfisziert. Die Tür zum geschlossenen Bereich, Station (möchte ich aus Datenschutzgründen nicht sagen, da dass ein Hinweis auf die Klinik ist, in der ich war) wurde geöffnet, es war wie im Film, wie ich es mir vorgestellt hatte, laut, chaotisch und alle hatten einen knall. Bin ich wirklich auch so? Diese Frage sollte mich noch die ganze Nacht beschäftigen. Mein Blutdruck wurde gemessen und ich schnitt auf Zwang die Bändchen meiner Hose ab, damit ich überhaupt etwas hatte, was ich nachts anziehen konnte. Ich ging kurz mit ein paar anderen Mädels nach draußen, Naja draußen ist gut gesagt, es war alles eingezäunt, damit keiner weg kann. Als mein Bett kam, versuchte eine Mitbewohnerin abzuhauen, was ihr misslungen war, trotzdem beschäftigte es mich sehr. Die Tür zum Bad wurde geöffnet und wir durften Zähne putzen und uns umziehen. Ich lieh mir ein Buch aus und versuchte herunterzukommen. Es war spät geworden und ein Mädchen sprach davon abzuhauen und sich anschließend das Leben zu nehmen. Meine Gedanken kreisten, soll ich hier bleiben? Oder mich doch auf eigenen Wunsch hin entlassen? Ich beschloss am nächsten Morgen zu entscheiden und versuchte zu schlafen, was aber schwer war, da das Licht an bleiben musste. Irgendwann muss ich dann doch eingeschlafen sein. Am nächsten morgen wurden wir um halb acht geweckt und durften wieder Zähne putzen gehen. Gerade als das Frühstück begonnen hatte, konnte ich nicht mehr. Ich fing an zu weinen und erklärte meiner zuständigen Psychologin, dass ich nach Hause wollte. Ich hatte noch kurz Zeit mich zu beruhigen und musste dann wieder zu den anderen. Der Appetit war mir jedoch vertagen. Wir mussten Morgensport machen und haben „Klatschball" gespielt. Kurze Zeit später wurde ich von einer weiteren Psychologin und einem Arzt abgeholt. Wir beschlossen, dass ich gehen dürfe, jedoch auf die Warteliste für die offene Station gesetzt werden würde. Ich war froh als mir gesagt wurde, dass ich um drei abgeholt werden würde. Ich wurde anschließend noch ein bisschen befragt, mir wurde Blut abgenommen und ich musste zwei Fragebögen ausfüllen. Es gab dann auch bald Mittagessen, was mir allerdings nicht geschmeckt hat. Spätzle mit Kraut und Schinkenspeck. Ich habe dann bis drei noch gelesen, Sudokus gemacht und ich mein bisschen mit den anderen unterhalten. Bei der Zwischenmahlzeit habe ich dann einen Apfel gegessen und kurz danach wurde ich von der Frau abgeholt, die auch mein Blut abgekommen hat. Sie hat noch kurz über das was passiert ist und beschlossen wurde mit mir undmeiner Mama geredet. Ergebnis „A.(Name geändert) ist wach, bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten orientiert. Freundlich, höflich, kooperativ, nimmt adäquat Blickkontakt auf. Sprache monoton, Psychomotorik etwas reduziert. Keine kognitiven oder mnestischen Einbußen, subjektiv deutlich reduzierte Leistungs- und Merkfähigkeit und Konzentration. Grübeln, Gedankenkreisen, sonst keine Denk-, Ich- oder Wahrnehmungsstörungen. Ausgeprägte Durchschlafstörung mit nächtlichem Erwachen, Derealisationserleben, Suizidgedanken. Affekt flach, bedrückt, reduzierte Schwingungsfähigkeit. Antrieb reduziert, noch erhaltene Freudfähigkeit. Insuffizienzerleben und
Überforderungsgefühl insbesondere in schulischen Belangen. Keine manifesten Ängste oder Zwänge
eruierbar. Lebensmüde Gedanken v.a. in nächtlichen Krisen, von akuter Suizidalität glaubhaft distanziert,
absprache- und bündnisfähig." Mir wurden meine Sachen wiedergegeben und wir haben mich angemeldet. Ich war so froh gehen zu dürfen. Zusammenfassung „Annika wurde zur Krisenintervention am 27.10.2021 in den geschützten Bereich der Jugendstation freiwillig aufgenommen. Am Folgetag zeigte sich Annika im Gespräch entlastet sowie absprachefähig und zukunftsorientiert, so dass wir sie auf ihren Wunsch hin, in die Obhut der Mutter entließen. Zur Behandlung der Durchschlafproblematik empfahlen wir ggfs. die Medikation mit Pipamperon auf 40mg zur Nacht zu steigern. Die antidepressive Medikation mit Fluoxetin sollte fortgesetzt werden, nachdem It. Annika die Eltern bereits eine Symptomverbesserung beobachten konnten. Im Rahmen der geplanten psychotherapeutischen Behandlung in acht Tagen sollte mit Annika eine vertiefte Psychoedukation zur Schlafhygiene erfolgen. Das Notfallprocedere bei Symptomverschlechterung wurde mit der Familie besprochen. Annika kann sich gerne jederzeit erneut zur Krisenintervention bei uns vorstellen. Mit Annika wurde außerdem besprochen, dass, sollte sich die Symptomatik unter Psychotherapie und Medikation weiterhin nicht verbessern, eine stationäre Behandlung auf unserer Therapiestation möglich ist. Dazu nahmen wir Annika auf unsere Warteliste auf."
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Psychiatrie- Mein Absturz
RandomMein Alltag in der Psychiatrie, Ritzen, Rauchen, Alkohol