3 - die Freiheit der Kunst

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Jungkook raste mit seinem Motorrad über die verlassene Küstenstraße. Es zog und riss an seinen Kleidern. Der Wind war hier – an der Küste – meistens ein wenig grob, nicht so romantisch sanft wie manche sich das immer vorstellten. Seine Geschwindigkeit trug wohl auch dazu bei.

Diese Straße war die einzige Straße, auf der ein gewisses Tempo haben konnte. Später in der Stadtmitte wurde er nur von Autos und Mofas umzingelt. Außerdem ging es so schneller. Jungkook war kein rücksichtsloser Raser, versteht ihn nicht falsch, aber manchmal brauchte er den Nervenkitzel. Das Leben war einfach langweilig.

Es dauerte nicht lang, bis der Künstler an dem Stadttour von Genua vorbeifuhr. Es war noch ein Rest der alten Stadtmauer und übriggeblieben war nur noch ein Mauerstück, das die Innenstadt fast komplett umschloss, und die zwei dicken, großen Türme. Durch dieses Tor konnte man allerdings nur zu Fuß kommen. Jungkook musste aber weiter. Mit dem – zum Glück – gut fließenden Verkehr durch die Stadt und dann noch ein wenig an der Küste entlang.

Er hätte auch den Weg durch die Siedlungen nehmen können, der deutlich kürzer war, aber Jungkook mochte die Küstenstraßen. Der Salzgeruch, das Meer und der wunderbare Ausblick auf das Wasser und das hügelige Inland; diese Freiheit spiegelte sich auch in seinen Kunstwerken wider – sobald man das Auge dafür hatte.

Man könnte sich jetzt fragen, was es für einen Sinn hatte, eine Ausstellung außerhalb der Stadt zu machen. Nun ja, um ehrlich zu sein wählte Jungkook die Standorte seiner Ausstellung gar nicht wirklich aus. Das tat Hoseok, wie alles andere Organisatorische. Sein Manager schlug ihm einen Ort vor und Jungkook stimmte einfach zu. Bei so etwas vertraute er mehr auf Hoseok als auf sich selbst. Andere Künstler hatten keinen Manager, aber dadurch, dass ihm ein großerteil an Arbeit abgenommen wurde, konnte sich der Künstler ganz auf seine Werke konzentrieren.

Hoseok hatte ein Händchen dafür, Jungkooks Bilder in Scene zu setzen. Er verstand, was der Künstler ausdrücken wollte und brachte dies den anderen Menschen näher in einfacherer Form. Deswegen vertraute Jungkook seinem Manager und ließ ihn machen.

Ganz am Anfang, als Jungkook noch von seiner Familie weggerannt war, hätte er sich auch nie erdenken können seine Bilder auszustellen. Anfangs hatte Jungkook die Idee gehasst und deswegen auch Hoseok. Es war wieder etwas, was seine Familie ihm vorbestimmen wollte. Doch später hatte der Jüngst feststellen müssen, wie viel Freiheit ihm seine Familie gab. Sie schienen eingesehen zu haben, dass Jungkook nicht mehr ins Geschäft einsteigen würde und Kunst jetzt sein Ding war.

Jungkook parke sein Motorrad neben einem schwarzen, protzigen Wagen. Das Auto hätte glatt aus einem CEO-Drama kommen können. Doch es gehörte nicht seinem Cousin und auch keinem Familienfreund – soweit er wusste. Also kein CEO. Er betrachtete sich in der Spiegelung, des Lakes. Jungkook hoffte, Hosek würde ihn nicht zusammenscheißen, wegen seiner Kleidung. Alles war Jungkook trug war nicht wirklich das, was die höheren Gesellschaften erwarteten. Doch ein schwarzes, kurzärmliches Hemd mit einer gleichfarbigen Stoffhose schien ganz angemessen.

Laut hallten die Sohlen der schwarzen Dr. Martens in dem Foyer wider. Die Empfangsdame nahm Jungkooks Jacke entgegen – auch wenn sie dafür nicht zuständig war. Gleichzeitig zupfte sie sein Hemd noch zurecht. „Wenn Sie eintreten wollen, Mr Jeon Junior." Der Künstler nickte ihr zu und betrat endlich den ersten Ausstellungsraum.

Der Raum war ganz schön gefühlt. Leute standen an weißen Stehtischen, mit ihren Gläsern, und unterhielten sich. Manche kannte Jungkook, manche wollte er wieder vergessen und manche waren ihm ungekannt. Keiner war hier für die Bilder. Es war alleine eine höffliche Geste zu erscheinen und dazu traf man noch alte Bekannte.

Doch egal in welcher Beziehung auch immer sie zu Jungkook standen, alle kannten mindestens seinen Großvater. Jungkook war es ein Rätsel, wie er so viele Leute kannte und keinen einzigen jemals vergessen hatte.


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